Eine Profikarriere über fast zwei Jahrzehnte umfasst eine Menge Veränderungen. Die Ablösesummen haben sich vervielfacht, die Berichterstattung ist digital geprägt, der Fußball globalisiert. Was macht das mit den Fans, den Spielern und dem Spiel? Was hat sich verändert in den Jahren, die du im Profigeschäft zugebracht hast? „Was ich sagen muss, ist, dass das Drumherum immer größer geworden ist. Als ich in Leverkusen gespielt habe, da gab es noch kein Instagram. Aber heutzutage baust du dich über diese Kanäle ja selbst als Marke auf. Dann die Handykameras: Jeder hat eine dabei, und jeder will zu seinem Autogramm noch ein Bild haben und wenn möglich noch einen Geburtstagsgruß an irgendjemanden. Das nimmt alles ein bisschen überhand. Du kannst zum Trainingsplatz gehen, und da sprechen dich drei Leute an, kannst du mal einen Geburtstagsgruß für meine Freundin machen, kannst du mal einen Hochzeitsgruß für ein befreundetes Pärchen machen? Du kannst es irgendwann einfach nicht mehr jedem Recht machen.“
Und trotzdem geht es hinter alledem nur um ein Ballspiel für 22 Personen. „Das ist ja das, was den Fußball auszeichnet: Wenn man sich überlegt, dass ein Ball so viele unterschiedliche Menschen und Kulturen zusammenbringt, das ist schon verrückt. Der Fußball verbindet und baut Kommunikation auf, das ist auch ein Symbol. Egal wo du hinfährst: Ich war mal im Urlaub in Vietnam, und in der Halong-Bucht, da gab es so einen kleinen Strand, und da haben mich ein paar Leute angesprochen, ob ich mit denen Fußball mitspiele. Die hatten jetzt natürlich keine Ahnung, wer ich war. Und ich weiß nicht, wie viele verschiedene Nationen und Kulturen da zusammengekommen sind – Asiaten, Amerikaner, da war alles mit dabei, und keiner spricht die Sprache des anderen. Aber trotzdem funktioniert das Spiel. Dann haben wir da einfach am Strand zusammen Fußball gespielt. Das ist halt das Schöne: Du brauchst nur einen Ball dafür.“ Hast du denen am Ende verraten, was du so beruflich machst? „Die haben mich dann schon gefragt, ey, spielst du irgendwie, und so weiter – die waren schon überrascht, dass ich den Ball getroffen habe.“
Wenn das Jahr 2017 im Leben von Clemens Fritz tatsächlich eine Art Scharnier bildet, dann hat sich für ihn gerade eine Tür geöffnet. Wie sieht es dahinter aus? Was ist denn jetzt dein schönster Rentnerluxus? „Definitiv Zeit mit meiner Frau und meiner Tochter zu haben. Und die Spontanität! Jetzt einfach mal zu sagen: Wir fahren zu meiner Mutter zum Geburtstag – das ging sonst nie. Das hat in den elf Jahren hier in Bremen, glaube ich, einmal geklappt. Auch mir die Zeit selber einzuteilen. Der Fußball hat mir ja wirklich seit meinem 7. Lebensjahr die Zeiten vorgegeben.“ Wer wird im Moment häufiger erkannt: du oder deine Frau? „Momentan vielleicht eher noch ich, würde ich sagen.“
Du wirst ja 2018 als Trainee im Management von Werder anfangen. Hattest du denn eigentlich einen Plan B im Leben, falls es mit dem Fußball nicht geklappt hätte? „Nee, nicht so richtig. Ich hatte mal die Möglichkeit, als Bankkaufmann anzufangen in Erfurt. Aber dazu kam es dann nicht. Und während meiner aktiven Zeit habe ich ja noch ein Studium gemacht, in Sportmanagement.“
Das wirst du ja bald brauchen, wenn du wieder fit bist und in der Geschäftsstelle anfängst. "Ja, wieder fit werden wäre schon mal schön. Momentan darf ich so gut wie keinen Sport machen, nur Fahrradfahren und ein bisschen Oberkörpertraining. Das fehlt mir schon unheimlich: Ich hab mein ganzes Leben lang Sport gemacht und musste dann wirklich von 100 auf null runterfahren.“ Und da fällt ihm sein Reha-Termin wieder ein, und alles muss plötzlich ganz schnell gehen. Schon hat er sich – sehr freundlich, trotz der Eile – verabschiedet. Da geht ein Großer, hieß es im Sommer 2017 überall. Stimmt. Aber er kommt ja bald wieder. Und zwar schon im nächsten Jahr.