"Junge Leute fürs Leben ausbilden"

Per Mertesacker im Interview

Zurück an alter Wirkungsstätte: Per Mertesacker (Foto: WERDER.DE).
Junioren
Freitag, 22.03.2019 / 17:32 Uhr

Das Interview führte Marcel Kuhnt

215 Einsätze für den SV Werder Bremen, 221 Partien im Trikot des Arsenal FC: Per Mertesacker kann in beiden Vereinen auf eine bewegende Vergangenheit zurückblicken. Seit dem vergangenen Jahr ist der 34-Jährige Leiter der Arsenal Academy, dem Gegenstück zum WERDER Leistungszentrum. Im Interview mit WERDER.DE spricht der Weltmeister von 2014 über seine neue Aufgabe, sein Besuch an der Weser und die Unterschiede zwischen dem deutschen und englischen Fußball-System.

WERDER.DE: Moin, Per. Im letzten Sommer hast du deine aktive Spielerkarriere beendet. Vermisst du es schon?

Per Mertesacker: „Nein, ich vermisse es nicht. Ich habe in 15 Jahren viel erlebt und habe alles mitgenommen. Große Triumphe, schöne Situationen und bittere Niederlagen. Im Sommer war aber die Zeit gekommen, um einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen. Da ich aber immer noch im Fußball arbeite, juckt es noch nicht wieder auf dem Platz zu stehen.“

WERDER.DE: Wie hast du den Wechsel vom Spielfeld hinter den Schreibtisch gemeistert?

Per Mertesacker: „Nach meinem großartigen Abschiedsspiel (zum WERDER.TV-Video) habe ich direkt meine Arbeit als Leiter der Arsenal Academy aufgenommen. Als Leiter sind mir zahlreiche Abteilungen unterstellt. Daher musste ich zu Beginn vieles kennenlernen. Dennoch ist es eine spannende Zeit, die mir unheimlich viel Spaß macht. Ich versuche mich Tag für Tag in dieser verantwortungsvollen Position bestmöglich einzubringen.“

WERDER.DE: Du spricht es selbst an. Die bist nun Leiter der Arsenal Academy. Wie sieht dein Alltag aus?

Per Mertesacker: „Ich verbringe viele Stunden im Büro oder auf den Trainingsplätzen. Ich spreche mit den Mitarbeitern und unseren Talenten darüber, wie ich die Dinge sehe. Dementsprechend nimmt mein Job viel Zeit in Anspruch. Momentan beobachte ich sehr genau die englischen Gegebenheiten. Dadurch, dass ich nicht selbst in England aufgewachsen bin, gibt es Punkte, womit ich mich noch intensiver auseinandersetzen muss. Dazu zählt zum Beispiel das englische Schulsystem, was bei unserer Arbeit auch wichtig ist.“

WERDER.DE: Welche Vision willst du den Talenten bei Arsenal vermitteln?

Per Mertesacker: „Wir wollen junge Leute fürs Leben ausbilden und der Fußball hilft uns dabei. Wir müssen uns ja nichts vormachen. Nur ein kleiner Teil der Talente schafft es am Ende bis in die Weltspitze. Das kommunizieren wir auch immer sehr offen. Doch der Fußball kann einem jungen Menschen so vieles lehren. Sei es Respekt, Fairness oder Gleichberechtigung. Für uns als Arsenal Academy muss es darum gehen, dass am Ende unsere Nachwuchsspieler für die Herausforderungen, die im Leben auf einem zukommen, gewappnet sind. Das kann vor 80.000 Zuschauern im Stadion sein, kann aber auch eine andere Tätigkeit, die nichts mit Fußball zu tun hat, betreffen.“

WERDER.DE: Hast du zu deiner Werder-Zeit schon ein Auge auf den Nachwuchsbereich geworfen?

Per Mertesacker: „Ich habe mich schon damit auseinandergesetzt. Ich habe immer versucht ein Vorbild zu sein. Als Fußballer hat man nun mal eine gewisse Verantwortung, auch gegenüber dem Nachwuchs. Daher war es für mich auch wichtig mein Abitur durchzuziehen, um immer einen Alternativplan zu haben, wenn es mit dem Fußball-Profi-Dasein nicht geklappt hätte.“

Für uns von Arsenal sind auch Leihen sehr attraktiv, zum Beispiel in die Bundesliga.
Per Mertesacker

WERDER.DE: Du bist von Pattensen frühzeitig in den Nachwuchs von Hannover 96 gewechselt. War für deine Entwicklung dieser Schritt entscheidend?

Per Mertesacker: „Zu meiner Zeit war das alles noch anders aufgebaut. Es gab keine Akademie oder ein Internat. Ich hatte meinen Schulalltag und bin abends zum 96-Training gegangen. Das ist mit dem heutigen System nicht mehr zu vergleichen, wo Spieler mit 13, 14 oder 15 Jahren extrem gut sein müssen, damit sie in die nächste Altersstufe übernommen werden. Das gesamte System ist viel professioneller geworden. Ich konnte mit 16 Jahren sogar noch ein Jahr aussetzen, da ich zu schnell gewachsen bin. Das würde in der jetzigen Zeit nicht mehr funktionieren, da viel stärker selektiert wird. Talente, die sich später entwickeln, haben daher eine geringere Chance sich durchzusetzen. Darum finde ich, dass neben der ganzen Professionalität eine gewisse Entspanntheit von Nöten ist. Gerade, weil man nicht vergessen darf, dass Spieler, die in der Jugend sehr gut sind, nicht automatisch sehr gute Profis werden.“

WERDER.DE: Während deines Besuches hast du dich auch mit Kollegen aus dem WERDER Leistungszentrum ausgetauscht. Was habt ihr besprochen?

Per Mertesacker: „Wir haben uns einfach ausgetauscht. Der Kontakt zu Werder ist immer noch so gut, dass man gerne mal zwei Tage vorbeischaut, gemeinsam über die Talentförderung spricht und auch Kollegen aus London mitbringt. Auch in Zukunft soll diese Idee weiter florieren. Auf verschiedensten Ebenen sind Verbindungen zwischen Arsenal und Werder denkbar. Letztlich profitieren beide Vereine davon.“

WERDER.DE: Hast du ein konkretes Beispiel?

Per Mertesacker: „Wenn ein Thomas Schaaf als Technischer Direktor für die Trainerausbildung im WERDER Leistungszentrum verantwortlich ist, kann es für uns in London auch nützlich sein. Sowohl wir könnten Trainer nach Bremen schicken und umgekehrt.“

WERDER.DE: In England habt ihr ein anderes System bezüglich der U23 als hier in Deutschland. Bei euch gibt es eine spezielle U23-Liga. Was ist aus deiner Sicht besser?

Per Mertesacker: „Das ist schwierig zu beurteilen. Bei unserer U23 wird man genauso wie in Bremen an den Herrenbereich herangeführt. Jedoch spielt man nur gegen Gleichaltrige bei einem Durchschnittsalter von 18 oder 19 Jahren. Zwar hast du bei uns gute Gegner, aber Duelle mit Herrenmannschaften gibt es nicht. In Deutschland wird man in der Regionalliga oder noch besser in der 3. Liga stärker gefordert. Deshalb ist der Schritt aus unserer U23 in die Profimannschaft noch größer, da das nächsthöhere Level die Premier League ist. Deshalb sind für uns von Arsenal auch Leihen sehr attraktiv, zum Beispiel in die Bundesliga.“

WERDER.DE: Mit Fredrik Ljungberg trainiert eine ehemalige Arsenal-Legende die U23. Was kann er den Talenten mitgeben?

Per Mertesacker: „Sehr viel, da er selbst das Top-Level erlebt hat. Er weiß wie man sich auf und neben dem Platz verhalten muss. Er kann von seiner Profizeit berichten, aber auch viel einfordern. Doch auch er selbst kann noch einiges dazu lernen, da er noch ein sehr junger Trainer ist. Wir geben ihm die Chance sich auszuprobieren und an seiner Qualität zu arbeiten. Das gilt sowohl für ihn als auch alle anderen Trainer, die keine Profis waren und auf anderem Weg zu Arsenal gefunden haben.“

WERDER.DE: Wie sehen die nächsten Monate aus?

Per Mertesacker: „Ich werde mich weiterhin mit voller Energie in die Arbeit stürzen. Ich will gut vorbereitet sein, wenn die neue Spielzeit beginnt. Im letzten Jahr habe ich ein wenig später angefangen, weshalb ich jetzt erst vor meiner ersten ganzen Saison stehe.“

 
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