Pokal-Käpt'n Baumann exklusiv : "Ich war ein Torjäger!"

Ein Wahnsinns-Abschluss mit Gänsehaut-Effekt: Kapitän Frank Baumann wird von seinen Teamkollegen auf Händen getragen.
Profis
Mittwoch, 03.06.2009 / 18:48 Uhr

Nach seiner zehnten Saison bei Werder Bremen hat Frank Baumann seinen Rücktritt von der aktiven Karriere bekannt gegeben. Mit dem DFB-Pokal in den Händen hat er Schluss gemacht. Doch nach 15 Profijahren bleibt er Werder erhalten, im Januar 2010 wird er als Assistent von Klaus Allofs ein Büro in der Werder-Geschäftsstelle beziehen. In einem langen Exklusiv-Interview mit WERDER.DE sprach er kurz vor dem Pokalfinale mit WERDER.DE. Heute der letzte Teil 3 des Gesprächs!

 

Baumi, in so einer langen Karriere triffst du ja die unterschiedlichsten Typen, mit denen man in einer Mannschaft verbunden ist? Kannst Du ein paar Aufzählen, die Dir ganz spontan einfallen?

Spontan?! Eine riesige Erscheinung war gleich in meinem ersten Werder-Jahr Julio Cesar. Er war von seiner ganzen Ausstrahlung ein Spieler, auf den die Beschreibung Weltstar wirklich passte. Er kam zu uns und hatte bereits riesige Erfolge erlebt. Bei Juve und Dortmund hatte er internationale Titel geholt, war mit Brasilien schon 1986 bei der WM. Er hat uns absolute Professionalität vorgelebt, trat mannschaftsdienlich auf. Obwohl er seine körperlichen Probleme hatte, war er in seiner kurzen Zeit, die er da war, sehr wichtig. Er hat dem Team einen gewissen Impuls gegeben.

 

Wer würde auf deiner potenziellen spontan zusammengestellten Typen-Liste folgen?

Interessant fand ich ganz oft Mitspieler aus anderen Ländern, die andere Vorstellungen, andere Gewohnheiten einbrachten. Joe Micoud gehört genau so dazu. Er ist ein Typ, der innerhalb der Mannschaft sehr viel positiven Einfluss auf uns genommen hat. Auch er war absolut professionell. Auch er strahlte die absolute Erfolgsorientierung aus. Aber natürlich gab es auch andere herrliche Typen, die man in so einer Zeitspanne kennen lernen konnte. Ailton muss man einfach nennen. Frank Rost, Tim Wiese, Stefan Brasas - eben Typen, die sich nicht große verbiegen ließen und sich immer treu blieben, und ganz wichtig, bei denen trotzdem die Leistung stimmte.

 

Sind auch Freundschaften zu Teamkollegen entstanden?

Bei Freundschaften war ich immer abwartend, zurückhaltend, weil es in diesem Geschäft immer eine große Fluktuation gibt und eigentlich nie genug Zeit bleibt, um eine richtige Freundschaft über Jahre aufrecht zu erhalten und zu vertiefen. Mir war es immer wichtiger den Freundeskreis, den ich außerhalb dieses – überspitzt gesagt - Profizirkuses hatte, zu pflegen, um einen Gegenpol zu diesem schnelllebigen Geschäft zu haben. Auch in Bremen haben wir so einen Kreis außerhalb des Fußballs sehr schnell gefunden, Nachbarn, Eltern der Freunde unserer Kinder. Das war auch eines der Wohlfühlfaktoren, die immer für Bremen sprachen. Aber natürlich gab es auch Mitspieler, mit denen ich mich wirklich sehr, sehr gut verstehe. Menschen, wie Marco Bode oder Per Mertesacker und einige andere.

 

Hat Dir diese Verwurzlung in deinen Freundeskreis geholfen, diese Jahre im Profitum ohne Skandale zu überstehen? Es gab nie negative Schlagzeilen über dich, und doch hast du soviel erreicht wie nur wenige Fußballer. Das ist selten.

Ich glaube, wenn man genauer hinschaut, gibt es davon einige Spieler, nur man liest eben nicht soviel über sie. Es wird mehr über andere Typen geschrieben, die auf dem Platz für mehr Schlagzeilen sorgen. Stürmer und offensive Mittefeldspieler stehen einfach mehr im Fokus der Medien. Aber auch ich hätte sicher mehr Schlagzeilen haben können und damit auch mehr verdienen können, aber ich wollte das nicht. Ich war in Nürnberg Führungsspieler und hier in Bremen nach einem Jahr Kapitän, ich hätte sicher oft den einen oder anderen Spruch anbringen können. Aber es wird insgesamt überbewertet, wenn einer wild gestikulierend über den Platz rennt und hinterher in der Öffentlichkeit Dampf ablässt. Ich glaube fast, dass das jeder Profi könnte, egal welcher Typ er ist. Es wird verkannt, dass es oft schwieriger ist, ruhig zu bleiben und die Dinge intern zu regeln. Aber das muss jeder für sich selbst wissen und es ist oft auch gut für ein Team, wenn es verschiedene Typen hat.

 

Am Ende muss ich noch die beiden unvermeidlichen Fragen nach dem schönsten und dem schlimmsten Moment Deiner Werder-Karriere abarbeiten.

Das sind doch typische Fragebogen-Fragen, da dauert es bei mir wieder etwas länger. Fangen wir mit den negativen Dingen an. Das geht schneller, weil man sie oft verdrängt. Ganz bitter war für mich die Niederlage gegen Juve 2005, als wir kurz davor waren mit Werder auch international den nächsten Schritt zu machen. Da waren wir so nah dran, eine große Mannschaft aus der Champions League zu eliminieren und selbst ins Viertelfinale einzuziehen, das hätte uns auch für die nächsten Jahre weitergebracht.

 

Gab es mehr von solchen Spielen, an die Du Dich nicht gern erinnerst?

Weitere Niederlagen oder schlechte Phasen herauszupicken, fällt mir eigentlich schwer. Bei allem Erfolg hatten wir immer mal wieder so eine Phase, in der wir nicht glänzen konnten. Phasen, in denen einfach mehr drin war und wir nicht das Optimale ausgeschöpft haben. Der UEFA-Cup-Sieg 2007 wäre vielleicht leichter möglich gewesen, als in diesem Jahr. Die Meisterschaft 2007 haben wir durch eine schlechten Lauf am Ende verspielt.

 

Welche positiven Gegenstücke gab es?

Unzählige! Da gab es sehr viele sportlich Momente und Szenen neben dem Platz. Es gab eine Reihe sehr schöner Abende mit der Mannschaft, an die ich mich gern zurückerinnere. Und sportlich muss man die Double-Saison herausheben, mit dem Sieg in München und den anschließenden fast dreiwöchigen Feierlichkeiten inklusive Pokalsieg. Zu meinen schönsten Siegen gehörte auch der 4:0-Sieg gegen Lyon im UEFA-Cup 1999, der mir immer noch sehr präsent ist.

 

Eine positive Phase muss Dir auch noch präsent sein. Was verbindest Du mit den Wochen vom 11. Februar bis zum 12. März 2000?

Du wirst überrascht sein, dass ich genau weiß, worauf du hinaus willst. Ich weiß nicht wie viele Tore ich geschossen habe, aber in dieser Zeit habe ich oft getroffen.

 

Richtig, von Deinen 16 Treffern in zehn Jahren hast Du in diesen vier Wochen vier Tore erzielt. Was hast Du in dieser Zeit gefrühstückt?

Nichts besonders. Es gibt eine ganz einfache Erklärung dafür: Eine Woche zuvor bin ich zum ersten Mal Vater geworden und das hat mich damals total beflügelt. Nach der Geburt meiner Tochter hatte ich offensichtlich soviel positive Energie, dass selbst ich getroffen habe. Die Zahlen belegen das ja. Ich war ein Torjäger.

 

Das Interview führte Michael Rudolph

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