Über die integrative Kraft des Tischtennis

Rami Karnoub im Porträt

Portrait von Rami Karnoub (Foto:W.DE).
Rami Karnoubs Herz schlägt grün-weiß (Foto: WERDER.DE).
Ehrenamt
Dienstag, 05.12.2023 / 12:00 Uhr

Von Martin Lange

Seit 20 Jahren engagiert sich Rami Karnoub in der Tischtennis-Abteilung des SV Werder. Mit sehr viel Leidenschaft und Einfühlungsvermögen betreut der gebürtige Syrer, der auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, derzeit unter anderem geistig behinderte Sportlerinnen und Sportler und eine Gruppe mit an Parkinson erkrankten Werderanerinnen und Werderanern.

„Zu Hause am Esstisch“, antwortet Rami Karnoub lachend auf die Frage, wo seine Leidenschaft für den Tischtennis-Sport begann. Im Jahr 1974 geboren, wuchs er gemeinsam mit seiner Schwester und drei Brüdern in der syrischen Metropole Aleppo auf. „Wenn wir als Kinder gut gegessen hatten, dann wurde nach dem Abräumen als Belohnung auf dem Esstisch Tischtennis gespielt“, erinnert er sich. „Als Netz haben wir Bücher in der Mitte aufgestellt, und wer gewann, bekam noch einen Nachtisch.“

Vom Hobbysportler zum Trainer der Tischtennis-Bundesliga-Mannschaft

Diese regelmäßigen häuslichen Übungsstunden machten sich bezahlt: In der vierten Klasse, im Alter von zehn Jahren, wurde Rami Karnoub von seinem Sportlehrer zum Tischtennis-Training im Verein geschickt. Es war der Beginn einer beachtlichen Karriere, die ihn bis in die Schüler- und Jugend-Nationalmannschaft Syriens führte und ihn zu einem der besten und bekanntesten Tischtennis-Spieler des Landes machte.

In der Vorbereitung aufs Abitur im letzten Schuljahr war allerdings erstmal Schluss mit dem geliebten Sport, denn „dieses Jahr war entscheidend für meine Zukunft“, erklärt Rami Karnoub. Nach dem Abitur konzentrierte sich der junge Syrer auf sein Journalismus-Studium, verbrachte einige Zeit bei seinem Onkel in Frankreich. Und das Leben dort gefiel ihm so gut, dass er in der Folgezeit zwischen Syrien und Frankreich pendelte. Später lebte er einige Zeit in Belgien. „Dort habe ich bei einer Silvesterparty meine damalige Freundin kennengelernt“, verrät er. Die kam aus Bremen. Und so verschlug es auch Rami Karnoub von 2002 an regelmäßig an die Weser. Hier entdeckte er schnell seine Leidenschaft für den Tischtennis-Sport wieder, war zunächst beim SV Hemelingen aktiv. Und es dauerte nicht lange, bis er zum ersten Mal auf Sascha Greber traf.

Der Teammanager der grün-weißen Tischtennis-Bundesliga-Mannschaft nahm Rami Karnoub im Jahr 2003 mit zum SV Werder. Und mittlerweile ist der heute 49-Jährige seit 20 Jahren nicht mehr wegzudenken aus der Abteilung Tischtennis. Rami Karnoub spielte zunächst in der vierten Mannschaft, schaffte später sogar den Sprung ins Verbandsliga-Team. Und nach zwei Jahren bei den Grün-Weißen „sagte mir Sascha, dass mich die Abteilung auch als Trainer braucht“. Greber bewies damit zweifellos den „richtigen Riecher“. Denn in der Folgezeit verantwortete Rami Karnoub zunächst eine ehrgeizige Leistungsgruppe mit Sportler:innen zwischen 19 und 25 Jahren und trainierte später Schülerinnen-, Schüler- und Mädchen-Mannschaften.

Nicht ohne Grund fiel im Jahr 2007 die Wahl auf Rami Karnoub, als in den Sportabteilungen der Grün-Weißen qualifizierte Trainer:innen für Werders Engagement in den Grundschulen Bremens und umzu gesucht wurden. Eine hauptamtliche Teilzeit-Stelle also, „die mich damals unglaublich stolz gemacht hat“, bekennt er. Bis heute leitet der erfahrene Trainer im Rahmen von Arbeitsgemeinschaften Tischtennis-Stunden in Grundschulen.

Rami Karnoubs vielseitiges Engagement

Im Jahr 2015 bestimmte eine dramatische Entwicklung den weiteren Lebensweg von Rami Karnoub: Der seit 2011 andauernde Bürgerkrieg in seinem Heimatland führte zu einem massiven Flüchtlingsstrom aus Syrien – auch nach Bremen. „Natürlich wollte ich meinen Landsleuten in dieser schwierigen Situation helfen“, blickt er zurück. Also engagierte er sich beim „Verein für Innere Mission“ in Bremen als Betreuungshelfer und unterstützte die Geflüchteten bei Behördengängen, der Überwindung von Sprachbarrieren und damit bei der Integration in der ihnen fremden Umgebung. Und das unter anderem durch seine Leidenschaft für den Tischtennis-Sport – gemeinsam mit den Grün-Weißen. „Werder hat damals kleine Tischtennis-Platten spendiert, die wir in die zahlreichen Einrichtungen gebracht haben, um dort mit den Geflüchteten Tischtennis zu spielen“, erzählt er. „Die Begeisterung war riesengroß.“ Zudem wurde beim SV Werder eine Tischtennis-Gruppe für Geflüchtete ins Leben gerufen – natürlich unter der Leitung von Rami Karnoub.

Im Jahr 2018 wurde dem Tischtennis-Trainer der Grün-Weißen eine weitere sehr verantwortungsvolle Aufgabe anvertraut: Rami Karnoub betreut seitdem das Inklusions-Team der Abteilung – mit geistig behinderten Sportlerinnen und Sportlern. „Das war zu Beginn eine große Herausforderung, da mir die Erfahrung damit fehlte. Aber ich wollte es unbedingt probieren“, sagt er. „Wir haben zunächst ein Schnuppertraining veranstaltet – für beide Seiten.“ Schnell war klar: Das passt! Ein verlässlicher Stamm von acht Tischtennis-Begeisterten trug die Gruppe durch die ersten Monate, heute nehmen bis zu 14 Athlet:innen an den Trainingseinheiten teil. „Sie sind sehr dankbar dafür, dass sie bei Werder Tischtennis spielen können. Das berührt mich immer wieder“, erzählt Rami Karnoub. „Wenn ich mit dieser Gruppe in der Halle stehe, ist die Welt für mich in Ordnung.“

Neben einer Hobbygruppe für Erwachsene betreut der Werder-Trainer seit kurzer Zeit auch eine Tischtennisgruppe mit an Parkinson erkrankten Sportler:innen. „Viel mehr geht allerdings im Moment nicht“, lacht er mit Blick auf seine Familie, zu der neben Ehefrau Hala auch Tochter Mila (sieben Jahre) und Sohn Aliu (drei) gehören. Und auch mit Blick auf seinen Job: Denn schließlich konnte sich Rami Karnoub zunächst beim „Verein für Innere Mission“ ein Stück nach oben arbeiten. Im vergangenen Jahr wechselte er zur AWO in Bremen.

Nach Syrien zurückgekehrt war der heute 49-Jährige erstmals im Jahr 2009, zehn Jahre nach seinem Abschied von der Heimat. Weitere Besuche bei der Familie folgten. Seit Beginn des Krieges 2011 allerdings nicht mehr. „Ich möchte meine Heimat in diesem zerstörten Zustand nicht sehen“, sagt Rami Karnoub nachdenklich. Außerdem floh im Verlauf der Auseinandersetzungen in Syrien seine gesamte Familie ins Ausland.

Bremen ist für Rami Karnoub schnell zur zweiten Heimat geworden und der SV Werder zu seiner zweiten Familie, „mehr als al-Ittihad, mein früherer Verein in Syrien“, strahlt er. „Ich bin ein riesiger Fan der Fußballer. Jeder Stadionbesuch ist ein Erlebnis“, schwärmt der leidenschaftliche Werderaner. So ist es nicht verwunderlich, dass ihm insbesondere das Jahr 2004 mit dem Gewinn des Doubles noch heute im Gedächtnis ist. Und natürlich der Deutsche Meistertitel im Tischtennis, den die Grün-Weißen 2013 an die Weser holten.

Fest steht: Dass Rami Karnoub und der SV Werder zusammengefunden haben, ist für beide Seiten ein Glücksfall! „Ich habe mich von der ersten Minute an in den Verein verliebt“, gibt der sympathische Syrer zu. Diese Liebe war für ihn Antrieb, den Grün-Weißen in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten jede Menge zurückzugeben. Und damit ist noch lange nicht Schluss…

Die CSR-Arbeit des SV Werder Bremen wird mit Unterstützung unserer CSR-Partner umgesetzt. Seit Jahren fördern sie die Projekte und Programme und leisten so einen wertvollen Beitrag zur Umsetzung des sozialen und gesellschaftlichen Engagements der Grün-Weißen. Informationen zu unseren Sponsoren gibt es hier.

 

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