18 Uhr, Anpfiff. Es ist hundekalt und hat sich eingeregnet. Wenn heute einer auf dem Feld nicht schwitzt, sieht es ihm keiner an. Die Ostkurve ist ein hibbeliger, stürmisch auf und ab wogender Werdersee. Und es fängt gut an: Der SV Werder hat mehr vom Spiel, kombiniert engagiert, zeigt Entschlossenheit. Die ersten Chancen liegen folglich bei Grün-Weiß, das erste Tor kurz vor der Halbzeit dann Gott sei Dank auch: Kruse auf Bartels, dann ein sanfter Lupfer, so als läge der Druck einer ganzen Stadt sonstwo, nur nicht auf den Schultern eines Stürmers vor dem Torschuss.
Im Rund rastet man gepflegt aus, so soll es sein; es ist jetzt gefühlt drei Grad wärmer im Stadion, auch das ist eine gute Nachricht. Zur Pause bei Bier und Wurst wird gefachsimpelt: Jetzt schnell den Deckel drauf machen, und die 96er mit bestem Dank auf die A27 verabschieden. Jedoch: Man zittert, und leider nicht nur kältebedingt. Pavlenka steht allein vor Harnik, der Keeper mit den bis dato meisten gehaltenen Schüssen der Liga rettet mit dem Oberschenkel – und ein Stadion seufzt im Kreis. Doch Werder ist nicht beeindruckt, Werder ist beeindruckend. Die Mannschaft baut ihr Spiel sauber von hinten auf, ist konsequent und setzt nach gegen den Club aus dem erweiterten Bremer Speckgürtel. Und dann beginnt sie, die Kruse-Show: Innerhalb von 23 Minuten trifft der Nationalstürmer dreimal; ein Hattrick für die grün-weißen Herzen, und die Fans können es kaum fassen, dass man ihnen diesen Sieg ab der 78. Minute wohl nicht mehr nehmen kann. Kein Last-Minute-Tor wie gegen Frankfurt, kein Bibbern und kein Nervenflattern, sondern eine Viertelstunde lang nur noch: Oh – wie ist das schön, sowas haben wir lange nicht gesehen!