Rechtzeitig aufgetaucht nach "unterirdischer Halbzeit"

Kurz vor 17 Uhr hatten die Bremer den Zwei-Tore-Rückstand egalisiert. Torschütze Naldo feiert mit seinen Kollegen.
Profis
Samstag, 25.04.2009 / 19:55 Uhr

Tim Wiese traute seinen Augen nicht. Das war doch nicht die Mannschaft, die ihm noch in Hamburg nach dem Elfmeterschießen so lauffreudig hinterher gesprintet war und ihn sogar fast eingeholt hätte ...

Tim Wiese traute seinen Augen nicht. Das war doch nicht die Mannschaft, die ihm noch in Hamburg nach dem Elfmeterschießen so lauffreudig hinterher gesprintet war und ihn sogar fast eingeholt hätte. Davon konnte er in der ersten Halbzeit gegen Bochum nichts erkennen. Die Pokal-Euphorie, die vor allem der Bremer Keeper beim Einlaufen der Mannschaften noch entgegenschlug ("Wiese! Wiese!"-Rufe hallten durch das Weser-Stadion) war schnell verflogen. "Die erste Halbzeit war der größte Witz, den ich hier in Bremen erlebt habe. Das war Arbeitsverweigerung, das war unterirdisch. Ich weiß nicht, was wir da im Kopf hatten. Wir dachten vielleicht, wir sind schon Weltmeister, dabei hätte das eine C-Jugend-Mannschaft besser gespielt. Wenn es so weiter gegangen wäre, hätten wir den Fans das Geld zurückgeben müssen. Der Trainer hat uns in der Pause zu Recht richtig den Kopf gewaschen", ärgerte sich Wiese sogar trotz des Sieges noch nach der Partie.

 

Doch auch den Feldspielern mit dem Werder-Trikot war klar, dass die ersten 45 Minuten nicht zu den Glanztaten dieser Saison zählen. "Diese erste Halbzeit ist schwer zu erklären. Vielleicht war ein bisschen Müdigkeit dabei, vielleicht waren ein paar Gedanken in Hamburg", gab Torschütze Hugo Almeida zu. Die Beobachtungen von Geschäftsführer Klaus Allofs stützten diese These: "Es ist auch schwer für den Kopf. Da kommst du ins Stadion und es wird von außen nur über das Pokalfinale gesungen und gesprochen. Da kann es mal passieren, dass die Gedanken auch mal abschweifen. Das war ein sehr gutes Beispiel, wie es laufen kann, wenn man nicht voll konzentriert bei der Sache ist."

 

Um so erstaunlicher war die Wandlung, die die Mannschaft nach der Halbzeitpause vollzogen hat. Eine Wendung um 180 Grad, eine Auferstehung des Werder-Fußballs, so dass sogar Grantler Wiese wieder Pluspunkte verteilte: "Das muss ich den Kollegen wirklich hoch anrechnen, wie sie es in der zweiten Halbzeit wieder gut gemacht haben. Plötzlich sind sie rausgegangen und marschiert." Diego sagte dazu: "Bis zur Halbzeit hat einiges gefehlt. Der Trainer war sehr ärgerlich, aber auch wir Spieler haben uns sehr geärgert. Die Worte vom Trainer haben sicher geholfen, aber auch die folgenden Reaktionen des ganzen Teams waren wichtig. Alle hatten verinnerlicht, dass wir im Werder-Trikot immer mit voller Hingabe spielen müssen."

 

Per Mertesacker ergänzte: "Nach der Pause hat man gesehen, was alles geht, wenn die Mannschaft es will. Wir haben vor der Pause von den Fans einiges zu hören bekommen und sind dann ganz anders aus der Kabine gekommen. Am Ende war der Sieg noch hart erarbeitet und verdient."

 

Cheftrainer Thomas Schaaf musste ein bisschen mit dem Kopf schütteln: "Ruhige Spiele bekommen wir irgendwie nicht hin. Es muss immer etwas Besonderes sein. In der ersten Halbzeit haben alle zu wenig gemacht, Bochum ist dagegen unheimlich viele Wege gegangen. In der zweiten Halbzeit haben wir es dann besser gemacht und gesehen, was gehen kann. Ich bin zwar froh, dass wir das Ergebnis noch gedreht haben, aber wir mussten wieder unheimlich viel einsetzen."

 

Dass die Mannschaft zu so einer Wende fähig ist, hatte Klaus Allofs während des Spiels gehofft, aber ganz sicher war er sich nicht: "Ich hatte schon gedacht, dass auch nach dem 0:2 noch etwas möglich ist, weil wir einfach zu schwach gespielt hatten. Wir konnten nur besser aus der Pause kommen. Aber trotz allem konnte man nie auf der sicheren Seite sein, weil die Bochumer sehr konterstark sind und immer noch für ein drittes Tor gut waren." Den Vorwurf, dass Werder einen Punktverlust billigend in Kauf genommen hätte, um sich für das nächste Nordderby zu schonen, ließ Allofs nicht gelten. "Nein davon kann keine Rede sein. Es war klar, dass nicht alle Spieler, die noch vor drei Tagen 120 Minuten gespielt haben, über die volle Distanz einsetzbar sein konnten. Ich kann versichern, dass wir nicht geplant haben, so eine erste Halbzeit zu spielen. Wäre es bei einer Niederlage geblieben, wäre das Echo berechtigterweise sehr kritisch ausgefallen, aber so ist es ja nicht gekommen." Stürmer Hugo Almeida unterstrich: "Mit diesem Kraftakt haben wir allen gezeigt, dass wir die Bundesliga nicht abgehakt haben."

 

Das Publikum honorierte die Kraftanstrengung ihrer Pokalhelden und tauchte das Stadion am Ende bei untergehender Sonne wieder in die Pokal-Atmosphäre wie vor der Partie. Die Fans forderten ihre Spieler sogar zur Ehrenrunde auf. Per Mertesacker war froh über die Versöhnung mit den Fans. "Am Ende war es dann noch ein richtig schöner Fußballtag, bei richtig schönem Wetter." Tim Wiese bewertete die Ehrenrunde des Bundesliga-Zehnten als gegenseitiges Dankeschön. "In Hamburg haben wir unseren Anhängern viel Freude gemacht. Das war für sie das Größte, dass wir ausgerechnet dort ins Pokalfinale eingezogen sind. Dafür haben sie uns noch ein bisschen gefeiert. Und wir haben uns bedankt, weil sie uns auch heute fantastisch nach vorn getrieben haben."

 

aus dem Weser-Stadion berichten Michael Rudolph und Christoph Muxfeldt

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