Im ausverkauften Gottlieb-Daimler-Daimler Stadion entwickelte sich von der ersten Minute an das erhoffte Spitzenspiel zwischen dem Tabellen-Dritten aus Stuttgart und Liga-Primus Werder Bremen. Für die Bremer verlief der Beginn allerdings alles andere als viel versprechend. Bereits nach drei Minuten musste Keeper Andi Reinke erstmals hinter sich greifen. Was war geschehen? Nach einer Ecke von Fabian Gerber stieg der Brasilianer Marcelo Bordon am höchsten und wuchtete den Kopfball zum 1:0 für die Schwaben in die Maschen. Valerien Ismael sah dabei nicht gut aus, der Franzose in Diensten der Grün-Weißen ließ Bordon zuviel Raum. Werder wankte und musste durch Kevin Kuranyi, der alleine auf Reinke zulief, nur drei Minuten später die nächste Großchance über sich ergehen lassen. Doch diesmal klärte der Bremer-Goalie an der Strafraumlinie.
Werder-Sturm überragend
Nach rund zehn Minuten fanden dann endlich auch die Grün-Weißen ins Spiel. Und wie! Auf halblinker Position setzte sich Ailton gekonnt gegen zwei Schwaben durch. Die anschließende Flanke nahm Sturmpartner Klasnic auf und ließ VfB-Torwart Hildebrand mit einem trockenen Schuss keine Chance (13.). Fortan lieferten sich beide Mannschaften einen offenen Schlagabtausch mit leichten Vorteilen für die Schwaben. Folgerichtig dann das 2:1 für das Team von Felix Magath. Der überragende Bordon zirkelte in der 24. Minute einen Freistoss aus halbrechter Position durch die Werder-Mauer zur erneuten Führung ins Tor. Vorausgegangen war ein Foul von Christian Schulz, der dafür die Gelbe Karte sah. Eine Verwarnung mit Folgen, wie sich später herausstellen sollte.
Die Bremer erholten sich auch vom erneuten Rückstand relativ schnell und zwangen dem Gegner immer mehr ihr Spiel auf. Was folgte war der zweite „Streich“ von Ivan Klasnic. Wieder war es der quirlige Ailton, der mit einem Pass aus dem Mittelfeld die halbe Stuttgarter-Defensive düpierte. Sein Anspiel fand den Kroaten, der plötzlich nur noch Hildebrand vor sich hatte, diesen umspielte und zum 2:2 einschoss (35.). Aber damit nicht genug. Werder forcierte noch einmal das Tempo und legte noch vor der Pause nach. Die Hauptdarsteller, Ailton und Klasnic, wer sonst? Dieses Mal allerdings mit vertauschten Rollen. Der kroatische Nationalspieler bediente „Toni“ per Kopfballvorlage und der vollendete mit links in der 43. Minute zur 3:2-Halbzeit-Führung für die Grün-Weißen.
Drei Tore durch Bordon
Auch nach der Pause blieb das Tempo in dieser hochklassigen Partie hoch. Stuttgart kehrte mit Wut im Bauch aus der Kabine zurück, und das zahlte sich bereits fünf Minuten nach Wiederanpfiff aus. Der überragende Bordon hämmerte einen 30-Meter-Freistoss in der 50. Minute zum 3:3 ins Tor der Bremer, sein dritter Treffer an diesem Nachmittag. Werder-Keeper Reinke sah bei diesem Treffer allerdings etwas unglücklich aus, vermutlich war ihm die Sicht versperrt. Aufregung plötzlich in der 60. Minute: Nach schöner Vorarbeit von Klasnic schoss „LeChef“ Micoud zur Bremer Führung ein. Aber Schiri Fandel verweigerte dem Treffer seine Anerkennung. Dem Tor soll ein Handspiel des Franzosen vorausgegangen sein.
Werder schien in diesen Minuten der Führung näher zu sein als der VfB, aber es kam in diesem verrückten Fußball-Spiel wieder einmal anders. Stuttgarts Marco Streller traf, aus abseitsverdächtiger Position, nach Vorarbeit von Hakan Yakin zum 4:3 (69.). Die Antwort der Bremer folgte allerdings nur 60 Sekunden später. Unbeeindruckt und im Stile einer echten Spitzenmannschaft legte Werder ein letztes Mal nach und kam durch Ailton zum verdienten 4:4-Ausgleich. Johan Micoud scheiterte vorher mit einem Heber an Hildebrand, den Abpraller „versenkte“ der Brasilianer. Es war Ailtons 24. Tor in der laufenden Bundesliga-Saison.
Gelb-Rot für „Schulle“
Ab der 80. Minute wurde es dann brenzlig für den Spitzenreiter. Nach einem Foul an Kuranyi sah Christian Schulz die Gelb-Rote Karte und musste den Platz verlassen. Der VfB witterte ein letztes Mal seine Chance und kam in der Nachspielzeit durch einen Freistoss von Bordon fast noch zum Siegtreffer. Es war der Schlusspunkt in einem denkwürdigen Spiel, dass keinen Sieger verdient gehabt hätte.
Werder Bremen: Reinke – Stalteri, Ismaël, Krstajic, Schulz – Baumann, Ernst, Lisztes (78. Lagerblom), Micoud,– Klasnic (83. Skripnik), Ailton (86. Valdez)
VfB Stuttgart Hildebrand – Zivkovic, Bordon, Meira, Gerber (82. Szabics) – Lahm, Meißner (52. Yakin), Hleb, Soldo – Streller, Kuranyi
Tore: 1:0 Bordon (3.), 1:1 Klasnic (13.), 2:1 Bordon (24.), 2:2 Klasnic (35.), 2:3 Ailton (43.), 3:3 Bordon (50.), 4:3 Streller (69.), 4:4 Ailton (70.)
Gelbe Karten: Schulz, Stalteri, Ailton, Valdez (alle Werder) – Meißner (Stuttgart)
Gelb-Rote-Karte:Schulz (Werder)
Schiedsrichter: Herbert Fandel (Kyllburg)
Gottlieb-Daimler-Stadion 40. 000 Zuschauer (ausverkauft)
Torschüsse: 13 : 23
Ecken: 1 : 5
Ballkontakte: 49% : 51%
Gewonnene Zweikämpfe: 55% : 45%
Fouls: 29 : 20
Abseits: 3 : 1 (alles aus Werder-Sicht)
Die meisten Ballkontakte: Micoud (Werder) 71 x – Lahm (Stuttgart) 77 x
Die Zweikampfstärksten: Ismaël (Werder) 70 % - Zivkovic (Stuttgart) 61 %
Klaus Bellstedt