Eine Zeit, die dein halbes Leben beansprucht hat. Du bist damals als 16-Jähriger nach Bremen gekommen.
Tim Borowski: Den Kontakt zu Werder gibt es sogar schon seit 1993 oder 1994. Von dem Moment an habe ich drauf gehofft, dass endlich der Tag kommt, an dem ich nach Bremen gehen darf. Aber ich musste mich noch gedulden, weil meine Eltern gesagt haben, dass ich mindestens 16 Jahre alt sein und einen Schulabschluss haben soll. Ich habe deshalb das Sportgymnasium verlassen und bin auf die Realschule gegangen. Dort habe ich schnell den Abschluss gemacht. Danach war klar, dass ich die erste Hürde genommen habe und dann in Bremen weiter zur Schule gehe – das war meiner Familie und mir auch wichtig, damit ich Kontakte außerhalb des Fußballs knüpfe.
Und dann wurde der Traum wahr und du bist ins Internat gezogen. Hat es sich gelohnt, alles auf diesen Moment auszurichten?
Tim Borowski: Der Traum war anfangs eher ein Albtraum. Das erste halbe Jahr war wirklich grausam. Der Schritt war riesig, man war fernab der Heimat, der Familie und der Freunde. Es sind zwar nur 4,5 Stunden, aber als 16-Jähriger hat man kein Auto, sondern ist auf den Zug angewiesen. Der fuhr damals 7,5 Stunden, weil die Verbindung eine Vollkatastrophe war. Und das konnte man ja auch nicht jede Woche machen, oder jede zweite, sondern maximal alle sechs Wochen. Das war schon sehr schwierig. Aber Werder hat alles dafür getan, dass ich mich wohlfühle und ich habe sehr, sehr gute Freunde kennengelernt, deren Eltern mich wie einen Ziehsohn behandelt haben. Diese Kontakte habe ich bis heute.
16 Jahre später blickst du auf eine tolle Karriere mit vielen Erfolgen zurück und bist in Bremen heimisch geworden.
Tim Borowski: Ich hatte hier eine unbeschreiblich schöne Zeit, bin hier zum Nationalspieler geworden, durfte mit überragenden Fußballern, wie zum Beispiel Johan Micoud zusammenspielen, und habe viele gute Typen kennengelernt: Owo, Clemens Fritz, Per Mertesacker, Mladen Kristajic, Ismael, Ümit Davala. Das sind alles richtig gute, intelligente Typen.
Mit denen dich auch heute noch eine enge Freundschaft verbindet?
Tim Borowski: Das ist ein Thema, über das ich mich vor kurzem noch mit einem Freund unterhalten habe. Das ist das Traurige am Profifußball. Es gibt immer Spieler, mit denen man in gewissen Phasen richtig dicke ist, best friends. Freunde, mit denen man viel unternimmt, mit denen man alles austauscht. Aber sobald einer den Verein wechselt, verläuft sich das. Da gibt es wirklich nur wenige Ausnahmen.
Wer sind in deinem Fall diese Ausnahmen?
Tim Borowski: „Owo“ ist tatsächlich so ein Beispiel. Aber auch zu Markus Krösche, aktueller Spieler von Paderborn, Fabian Ernst, Markus Daun, Andi Reinke, Ivan Klasnic oder Marco Reich habe ich noch regen Kontakt. Also so fünf, sechs Leute hat man immer. Aber dann gibt es aber auch die Kategorie von ehemaligen Mitspielern, die man ewig nicht sieht, aber sich dann richtig aufeinander freut. Am Wochenende war Frank Verlaat im Stadion, er ist so ein Kollege - ein sehr, sehr guter Typ.
Wodurch trennt sich denn deiner Meinung nach eine lange anhaltende Freundschaft von einer Phase?
Tim Borowski: Die Leute, die ich aufgezählt habe, sind Typen, die man direkt gern hat. Aus der sehr prägenden Anfangszeit sind eine Menge Kontakte geblieben, weil man mit denen hat man viel Zeit verbracht hat. Aber auch Erfolge verbinden.