„Das war eine Explosion an Gefühlen“
HORST STEFFEN IM JAHRESABSCHLUSSINTERVIEW
30.12.25 von Colin Hüge | 4 Min
)
Horst Steffen blickt auf ein ereignisreiches erstes Werder-Halbjahr 2025 zurück, nachdem der 56-Jährige die Grün-Weißen im Sommer übernommen hatte. Im großen Jahresabschlussinterview erzählt der Cheftrainer, wie er trotz schwierigem Start mit vielen Verletzungen und dem Pokal-Aus optimistisch blieb, welche Partie ein besonderes Highlight für ihn war und was er von seiner Mannschaft 2026 erwartet.
WERDER.DE: Moin, Horst. Seit einem halben Jahr bist du jetzt Cheftrainer beim SV Werder. Das erste Mal Bundesliga-Trainer. Eine Aussage, die du schon häufig hören musstest. Merkst du bei dir persönlich einen Unterschied nach einem halben Jahr im Amt?
Horst Steffen: Zu meiner vorherigen Station in Elversberg auf jeden Fall. Werder ist ganz anders aufgestellt. Dazu ist die Bundesliga nochmal etwas anderes als die 2. Bundesliga. Das merke ich persönlich auch bei dem Medienaufkommen, bei den Interview-Anfragen, aber auch bei den Stadien und natürlich der Fußball-Qualität. Für mich persönlich ist aber dennoch vor allem eines gleich geblieben, dass ich mit Menschen zusammenarbeite und sie auf Vordermann bringen möchte und Gegner zu analysieren.
WERDER.DE: Wann gab es für dich diesen Moment, wo du gesagt hast: „Jetzt bin ich hier in Bremen und im Verein angekommen“?
Horst Steffen: Das war sehr früh. Bereits im Zillertal hatte ich das Gefühl, direkt angekommen zu sein. Die Fans waren alle sehr herzlich und höflich. Das hat es mir besonders leicht gemacht, bei Werder anzukommen. Mit dem 3:3-Remis gegen Leverkusen sind wir im Stadion dann angekommen. Das war eine tolle Kulisse mit diesem Punktgewinn in letzter Sekunde, eine echte Explosion an Gefühlen auf der Tribüne und auch bei mir.
WERDER.DE: Was hat dir an Werder besonders imponiert und haben sich deine Erwartungen jetzt rückblickend bestätigt?
Horst Steffen: Ich hatte natürlich Erwartungen durch die Gespräche mit Clemens Fritz und auch von mir selbst, wenn ich an meine aktive Spielerzeit an Werder zurückgedacht habe. Zunächst einmal bin ich sehr froh, dass sich dieses positive Bild, hier ruhig arbeiten zu können, definitiv bestätigt hat. Hier erlebe ich tagtäglich ein Miteinander und darüber freue ich mich sehr.
WERDER.DE: Du wirst dir deinen Start hier mit vielen Verletzten und dem Pokal-Aus deutlich anders vorgestellt haben. Wie bist du mit diesen Widrigkeiten umgegangen?
Horst Steffen: Wir konnten uns nur auf die Themen fokussieren, die wir beeinflussen können. Das heißt, wir konnten uns auf die Gruppe einlassen, die wir zur Verfügung hatten. Natürlich war das schwierig, dass sich Jungs verletzt haben oder wir den Kader erst sehr spät zusammenstellen konnten. Wir als Trainerteam haben immer versucht, optimistisch zu bleiben und das auch auf die Jungs zu übertragen. Die Jungs brauchen einen starken Trainer, der Widrigkeiten aushält und die Ruhe bewahren kann und das ist mein Job, dass ich da vorangehe und das vorlebe.
)
WERDER.DE: Wie würdest du die bisherigen 15 Partien bis zur Winterpause einordnen. Nach dieser schwierigen Anfangsphase gab es auch eine Serie mit fünf Partien in Folge ohne Niederlage, aber auch einem verlorenen Nordderby, was sicher noch nachhallt.
Horst Steffen: Ich bin froh, dass wir diese gute Phase hatten, mit den fünf Spielen ohne Niederlage. Da haben wir gepunktet und waren erfolgreich. Leider haben wir dann zwei Spiele, wie das gegen Köln, nicht gewinnen können, obwohl wir auf der Siegerstraße waren. Dass wir im Nordderby nicht einen Zähler mitnehmen konnten, ist immer noch sehr ärgerlich, das hallt leider noch nach. Das war ein Auf und Ab der Stimmungen mit einem kleinen Wellental, was ich so vorher noch nicht hatte. Auch das ist für mich eine Neuerung, aber es hat mich auch nicht überrascht, weil die Liga so ist. Es wird immer Spiele geben, wo wir unsere Klasse aufs Feld bringen werden, wo wir glückliche Siege feiern werden, aber auch unglückliche Niederlagen kassieren.
WERDER.DE: Auf welchem Entwicklungsstand siehst du die Mannschaft Ende des Jahres 2025? Was klappt schon besser als zu deinem Amtsantritt?
Horst Steffen: Wir müssen einen Dauerzustand schaffen, dass alle an ihr Leistungsmaximum kommen und ihr Top-Niveau erreichen. Wir wollen uns im oberen Bereich der Tabelle etablieren und müssen den Abstand nach unten vergrößern. Ich hatte das Gefühl, dass unsere Leistungen gegen Leipzig und Köln besser waren als einige Partien davor und trotzdem haben wir in diesen beiden Spielen nur einen Punkt geholt. Deshalb müssen wir fleißig weiter punkten. Die Basis dafür ist aber die Arbeit.
WERDER.DE: Unter dir haben Talente aus dem WERDER LZ wie Mio Backhaus, Karim Coulibaly und auch Patrice Covic ihr Profi-Debüt gefeiert. Mio und Karim sind sogar Stammspieler auf ihren Positionen. Wie siehst du ihre Entwicklung?
Horst Steffen: Mio hatte wahrscheinlich einen noch schwierigeren Start als ich (lacht). Er ist als Nummer zwei in die Saison gegangen und stand dann auf einmal im ersten Bundesliga-Spiel Zetti gegenüber. Er hat sich sehr gut entwickelt und auch die Herzen der Fans mittlerweile gewonnen. Wir setzen auf ihn und er hat häufig gezeigt, was er schon für ein guter Bundesliga-Torhüter ist. Das gleiche gilt für Karim, der gegen Leverkusen dieses Wechselbad der Gefühle erlebt hat. Er hat sich so gut präsentiert, dass ich keine Idee hatte, ihn rauszunehmen. Er hat keine Ehrfurcht vor großen Namen, egal ob Harry Kane oder sonst wer und das hat er sich verdient. Patrice hätte ich gerne mehr Einsatzzeiten gegeben, er hat mich in der Vorbereitung total überzeugt. Bei ihm gibt es eine gewaltige Konkurrenz auf seiner Position.
WERDER.DE: Welchen nächsten Entwicklungsschritt möchtest du generell bei der Mannschaft sehen?
Horst Steffen: Die Zweikampfführung und die Intensität wird weiter Thema bleiben. Wir sind gut im Umschaltspiel und das muss uns mehr gelingen. Dann traue ich uns mehr Erfolge zu und das nehmen wir uns für den Januar vor, dass wir daran intensiv arbeiten. Auch die Effektivität darf wieder steigen, dann habe ich ein gutes Gefühl für das neue Jahr und mein zweites Halbjahr bei Werder.
WERDER.DE: Danke für das Interview, Horst! Auf eine erfolgreiches gemeinsames Jahr 2026.
)
)
)
)
:quality(80))
)
)
:quality(80))
:quality(80))
)
)
:quality(80))
:quality(80))
:quality(80))
)
:quality(80))
:quality(80))