"Die Pokalreise war wie ein kleines Märchen"

LEITERIN BIRTE BRÜGGEMANN IM JAHRESRÜCKBLICK-INTERVIEW

29.12.25 von Marie Backhaus | 5 Min

Birte Brüggemann sitzt vor einem grünen Hintergrund und lächelt.

Das Jahr 2025 neigt sich langsam dem Ende zu und die Frauen-Bundesligamannschaft des SV Werder Bremen befindet sich aktuell in der Winterpause, um die Akkus für die zweite Saisonhälfte wieder aufzuladen. Vor dem Jahreswechsel hat Birte Brüggemann, Leiterin Frauen- und Mädchenfußball beim SVW, im Jahresabschlussinterview mit WERDER.DE auf die ereignisreichen Monate zurückgeblickt.

WERDER.DE: Moin Birte, die Zeit rennt, wir stehen schon wieder kurz vor dem Ende des Jahres 2025. Mit welchem Gefühl schaust du auf die vergangenen Monate zurück? Es war für die WERDERFRAUEN ja ein sehr ereignisreiches Jahr…

Birte Brüggemann: Im Grundsatz natürlich positiv, es war extrem ereignisreich. Wir hatten das Erlebnis-Halbfinale beim HSV, dann das Pokalfinale in Köln. Wer hätte gedacht, dass wir das mal erreichen. Die Mannschaft war dann noch in Vietnam, hat also das erste Mal auch eine weitere Reise gemacht und dort sehr schöne Momente gesammelt. Dann gab es im Sommer den Trainerwechsel und somit einen großen Umbruch im Bereich des Staffs. Und jetzt natürlich eine richtig, richtig gute Hinrunde in einer neuen 14er-Liga und das Überwintern im Pokal.

WERDER.DE: Du hast die ganzen großen Highlights schon genannt, welcher dieser Momente sticht für dich persönlich da nochmal heraus?

Birte Brüggemann: Tatsächlich ist es bei mir mit Abstand das Pokalhalbfinale in Hamburg, weil wir da erstmals die Chance hatten, in ein Finale zu kommen, Favorit in dieser Situation waren und das Stadion brechend voll war. Vor so vielen Zuschauern habe ich auch noch nie gesessen, gestanden. Die Dramaturgie dieses Spiels war zudem einfach sensationell. Besser hätte es dann ja im Nachgang nicht laufen können. Dazu das schöne Gefühl, dass wir im Frauenfußball sehr positiv agieren, und zwar absolut gewaltfrei. Deshalb war das für mich einer der unvergesslichsten Momente. Dicht gefolgt vom Pokalfinale und natürlich auch von unserem Highlight-Spiel hier, was auch großartig war. Insgesamt war die Pokalreise wie so ein kleines Märchen, wo man sich ab und zu nochmal kneifen muss, dass das wirklich alles so passiert ist.

WERDER.DE: Die Fans sind ein gutes Stichwort. Die sind in diesem Jahr auf jeden Fall herausgestochen mit ihrem großartigen und lautstarken Support. Da ist die Dankbarkeit sicherlich groß, oder?

Birte Brüggemann: Auf jeden Fall, wir waren in diesem Jahr erstmals mit bei der Weihnachts-Fanfeier dabei. Das war uns sehr wichtig. Rund um uns herum hat sich wirklich eine Fankultur entwickelt. Unsere Fans sind bei jedem Auswärtsspiel nicht nur zu sehen, sondern auch über die Fernsehbildschirme lautstark zu hören. Das pusht natürlich und ist ein Riesenstatement. Ich glaube, dass da sogar noch mehr kommt in den nächsten Jahren und deshalb war es uns sehr wichtig, Danke zu sagen. Diese Unterstützung ist gerade auch ein großer Schlüssel für unsere Entwicklung und den Erfolg.

"Um uns herum hat sich wirklich eine Fankultur entwickelt."

Birte Brüggemann über die zahlreiche Unterstützung der Fans.

WERDER.DE: Die Werder-Fans waren zuletzt unter anderem auch lautstark in Leipzig beim Elfmeter-Krimi im Pokalachtelfinale vertreten. Was traust du den WERDERFRAUEN in dieser Saison im Pokal wieder zu?

Birte Brüggemann: Ich glaube, die Auslosung ist immer ein ganz wichtiger Faktor. Letztes Jahr hatten wir natürlich auch das gewisse Losglück auf unserer Seite. Die Riesen des Pokals Bayern München und Wolfsburg hatten wir eben in dem Fall erst im Finale. Nun steht im Viertelfinale als nächstes die SGS Essen an, ein Gegner, der es uns immer wahnsinnig schwer macht. Für mich ist das ein Fifty-Fifty-Spiel, das wahrscheinlich auch wieder eng und spannend wird. Trotzdem wollen wir natürlich weiterkommen und schon könnte man wieder im Halbfinale stehen. Wir hätten auf jeden Fall nochmal Bock auf Köln.

WERDER.DE: In der Liga sieht es auch sehr gut aus. Platz 3 zum Jahresabschluss. Hättest du das zum Saisonbeginn geglaubt, wenn dir das jemand gesagt hätte? Bereits jetzt kann man sagen, dass der bisherige Saisonbestwert wohl wieder geknackt wird.

Birte Brüggemann: Wir haben natürlich insgesamt mehr Spiele durch die neue 14er-Liga und dadurch eine entsprechend größere Punkteausbeute. Wir haben uns aber auch jedes Jahr Stück für Stück in den Bereichen Finanzen, Kader und Infrastruktur weiterentwickelt, weshalb ich daran geglaubt habe, dass wir eine gute Saison spielen werden. Dass sie jetzt so gut ist, das habe ich, glaube ich, noch nicht mal gehofft. Deshalb ist das für uns natürlich fantastisch.

WERDER.DE: Was ist deiner Meinung nach ausschlaggebend für den aktuellen Erfolg?

Birte Brüggemann: Wir haben einen guten Kader. Uns taten die Abgänge von Sophie Weidauer und Livia Peng natürlich weh, aber wir haben unter anderem mit Mariella El Sherif eine exzellente Torhüterin verpflichtet, die, jetzt schon gezeigt hat, was sie kann. Wir haben einen Kader, der sich weiterentwickelt hat und viel performt über Stabilität, vor allem gegen den Ball. Fritzy hat außerdem sehr viele Spielideen mit Ball. Das heißt, aktuell fügt sich das Puzzle zusammen: bessere Ressourcen, bessere Infrastruktur, bessere Bedingungen, größerer Staff, mehr Know-how und eben auch ein verbesserter Kader.

Mariella El Sherif und die Werder-Spielerinn jubeln vor den Fans.
Die WERDERFRAUEN überwintern erneut im Pokal und kämpfen im März um den Einzug ins Halbfinale (Foto: W.DE).

WERDER.DE: Es gab jetzt gerade im Dezember die Gründung des Frauen Bundesliga FBL e.V.. Du warst auch mit bei der Gründung in Frankfurt dabei. Wie wichtig ist diese Gründung aus deiner Sicht und was erhoffst du dir davon in Zukunft?

Birte Brüggemann: Die Überschrift ist, einfach immer mehr Professionalisierung anzustreben. Das geht damit los, zu diskutieren, dass Spielerinnen den Mindestlohn bekommen, wie also in Anführungsstrichen eine normale Arbeitnehmerin auch. Es geht um Infrastruktur. Da sind wir bei Werder ja auch schon dabei, uns neu aufzustellen über die Umbaumaßnahmen auf Platz 11. Für die gewünschten professionelleren Strukturen braucht man den Zusammenhalt und auch Geld. Es besteht die Hoffnung, dass es durch die neue Struktur mehr Geld und Vereinsengagement für die Liga gibt. Die Liga soll auch gegenüber England und anderen Ländern attraktiv sein und bleiben. Und da schließt sich der Kreis wieder zu den Themen Markenprodukt und Fanbindung. Insofern sind wir gerade auf dem Sprung der nächsten Entwicklung.

WERDER.DE: Wenn du schon mal ein wenig vorausblickst, was wünschst du dir für den SV Werder im nächsten Jahr, speziell für die WERDERFRAUEN?

Birte Brüggemann: Ich hoffe einfach, dass wir alle gesund und verletzungsfrei bleiben. Außerdem wäre es schön, wenn wir einfach eine erfolgreiche Saison spielen. Mein Lieblingswort ist bestmöglich. Klar träumen jetzt viele von Europa, aber ich glaube, wir sollten auf jeden Fall unsere Bodenständigkeit behalten, von Spiel zu Spiel denken und alles, was möglich ist, inklusive Pokal mitnehmen.

WERDER.DE: Vielen Dank, dass du mit uns auf das Jahr zurückgeblickt hast. Wir freuen uns schon jetzt auf ein ebenso spannendes 2026.

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