„Alle wollen, dass wir es schaffen“

MARCO FRIEDL IM INTERVIEW ÜBER DIE MÖGLICHE WM-QUALIFIKATION

11.11.25 von Moritz Studer | 5 Min

Marco Friedl spielt einen Pass und trägt dabei das Nationaltrikot.
Foto: ÖFB/Kelemen

Die Fußballnationalmannschaft Österreichs könnte sich nach 28 Jahren erstmals wieder für eine Weltmeisterschaft qualifizieren. Mit Romano Schmid, Marco Grüll und Marco Friedl sind drei Werderaner dabei, wenn die ÖFB-Elf auf Zypern und gegen Bosnien-Herzegowina aus einer Pole-Position heraus um ihr WM-Ticket kämpft. SVW-Kapitän Friedl spricht im WERDER.DE-Interview über den gemeinsamen Traum, den emotionalen Arnautovic-Rekord und die Atmosphäre im Land.

WERDER.DE: Moin Marco, woran denkst du, wenn du das Wort Fußball-Weltmeisterschaft hörst?

Marco Friedl: An unvergessliche Zeiten mit vielen tollen Momenten und zwei bis drei Spielen am Tag. Dadurch, dass ich schon früh nach Deutschland gekommen bin, habe ich miterlebt, wie das ganze Land feiert und alle in positiver Stimmung sind. Für uns Österreicher ist es nochmal was ganz anderes, weil wir so lange nicht mehr dabei waren…

WERDER.DE: …das war 1998 in Frankreich, du warst wenige Monate alt. Merkst du, dass die ganze Nation Sehnsucht nach einer WM hat?

Marco Friedl: Ja, voll. Wenn du die Auslastung der Stadien mit der von vor ein paar Jahren vergleichst, siehst du, dass jeder bei unseren Spielen dabei sein möchte. Alle wollen, dass wir es wieder schaffen, und das versuchen wir aufzusaugen. Bei uns wären alle zum ersten Mal bei einer Weltmeisterschaft dabei – für viele ist es vielleicht auch die letzte Chance. Wir wollen sie nutzen und greifen. Bis auf das Spiel gegen Rumänien haben wir bisher einen sensationellen Job gemacht und das wollen wir nun unbedingt veredeln.

Marco Friedl neben Konrad Laimer, im Hintergrund Michael Gregoritsch.
Für Österreich laufen zahlreiche Werderspieler auf (Foto: ÖFB/Kelemen).

WERDER.DE: Du sprichst das Rumänien-Spiel an, wo ihr in letzter Sekunde als Verlierer vom Platz gegangen seid. Hast du Sorge, dass dieser Rückschlag noch eine Rolle für euch spielt?

Marco Friedl: Nein, das hat keine Spuren hinterlassen. Nach dem letzten Spiel reist du schnell zu deiner Vereinsmannschaft zurück und bist sofort wieder im Alltag. Sicherlich werden wir das Spiel noch analysieren und ansprechen, dann geht der Fokus auf die beiden kommenden Spiele, die von der Herangehensweise anders sein werden.

WERDER.DE: Ihr seid zuerst auf Zypern zu Gast, anschließend empfangt ihr euren ärgsten Verfolger Bosnien-Herzegowina. Worauf kommt es an, um nun den letzten Schritt zu gehen?

Marco Friedl: Wichtig wird sein, dass wir unser Spiel und das, wofür wir stehen, durchbringen. Die Spiele können sehr unangenehm werden – Zypern hat in der WM-Quali zu Hause noch nicht verloren. Für uns geht es darum, wieder an unser Leistungslimit zu kommen. Auch wenn es vielleicht schon mit einem Sieg gegen Zypern reichen könnte, wollen wir auf uns schauen und wir wissen, dass wir in der Pole-Position sind.

WERDER.DE: Bis zuletzt war Toni Polster Österreichs Rekordtorschütze, seinen letzten Treffer für den ÖFB hat er bei angesprochener WM 1998 in Frankreich erzielt. Nun hat Marko Arnautovic diesen Rekord gebrochen und ihr ihn als Mannschaft dafür sehr gefeiert. Was bedeutet euch dieser Rekord?

Marco Friedl: In erster Linie schätzen wir ihn als Menschen sehr. Er hat über die Jahre viel Kritik bekommen, als Mensch ist Marko Arnautovic aber eine hervorragende Person. Wir haben uns alle für ihn gefreut und nach dem Tor gesehen, wie eine Last von seinen Schultern gefallen ist. Marko selbst hat nach dem Spiel auch gesagt, dass sowas im Fußball nicht allein geht – es ist schön, dabei gewesen zu sein. Der letzte Rekord hat sehr lange gehalten, manche halten für immer.

Marko Arnautovic steht mit ausgebreiteten Armen im Ernst-Happel-Stadion.
Ex-Werderaner Arnautovic ist Österreichs Rekordtorschütze (Foto: ÖFB/Kelemen)

WERDER.DE: Mit Arnautovic hast du im vergangenen Jahr Bilder mit euren Familien aus dem Urlaub gepostet, zu Marco Grüll und Romano Schmid hast du über den Verein einen sehr engen Kontakt. Inwiefern macht euch als Nation auch euer Teamgeist aus?

Marco Friedl: Genau, ich war mit Marko eine Woche im Urlaub. Wir haben eine sehr gute Freundschaft – die habe ich aber mit allen anderen auch. Viele Jungs, mit denen ich in den U-Nationalmannschaften zusammengespielt haben, spielen in der Bundesliga, wo du eigentlich jede Woche auf einen Österreicher triffst. Deswegen ist der Kontakt automatisch besser. Die Jungs sind alle sehr gute Typen, die Zeit bei der Nationalmannschaft vergeht rasend schnell, weil es einfach sehr familiär ist.

WERDER.DE: Bei deinem Länderspiel-Einsatz gegen San Marino bist du für deinen guten Freund David Alaba eingewechselt worden. Wie besonders ist es, mit ihm auch sportlich wieder gemeinsam auf dem Platz zu stehen?

Marco Friedl: Als wir uns kennengelernt haben, war ich zwölf und habe nicht wirklich darüber nachgedacht, dass wir mal Mitspieler sein werden. Dass es aber so gekommen ist, ist eine schöne Geschichte. Mich freut es sehr, dass er wieder fit ist. Wir genießen die Zeit und es ist sehr schön, dass wir auch viel über private Dinge reden können.

WERDER.DE: Du hast es anfangs selbst angedeutet: Für Alaba und Arnautovic ist es vermutlich die letzte Möglichkeit, eine WM auf ihrem höchsten fußballerischen Niveau zu spielen. Ist ihnen besonders anzumerken, dass sie sich diesen Traum unbedingt erfüllen wollen?

Marco Friedl: Ja und nein. Der Wille und die Lust sind bei Marko und David genauso da wie auch bei mir und den anderen. Ich gehe mit derselben Einstellung daran, dass es auch für mich die letzte Möglichkeit sein kann. Bei diesem Lehrgang wird bei jedem Einzelnen dieser Traum im Kopf sein. Die Quali war bisher zu gut, deswegen müssen wir jetzt auf den Punkt sein und es schaffen.

WERDER.DE: Dabei wünschen wir viel Erfolg. Vielen Dank für das Gespräch, Marco!

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