Schachbundesliga – tschechische Gala in Düsseldorf

08.12.25 von David Lobzhanidze

Unsere tschechischen Großmeister Zbynek Hracek und Vlastimil Babula haben in den über dreißig Jahren, in denen sie für den SV Werder spielen, viele wichtige Punkte beigesteuert. Auch diesmal war es nicht anders: Mit vier Siegen aus vier Partien haben sie erheblich zum erfolgreichen Schachwochenende beigetragen.

Alles der Reihe nach: Werder 1 hatte eine Doppelrunde auswärts in Düsseldorf. Unser erster Gegner war am Samstag der amtierende Deutsche Meister, der Düsseldorfer SK. Doch die Düsseldorfer Mannschaft präsentiert sich dieses Jahr ganz anders: Keiner der Großmeister, einige von ihnen mit einer Wertungszahl teils deutlich über 2700, die im vergangenen Jahr den Meistertitel sogar vorzeitig gesichert hatten, steht dieses Mal auf der Aufstellungsliste.

Nur GM Viktor Bologan ist noch gemeldet – und wurde dabei gleich von Brett 15 vom Vorjahr auf Brett 2 katapultiert.

Trotzdem stellten unsere Gegner sieben Großmeister gegen uns auf. Von der reinen Zahl her waren wir favorisiert, allerdings darf man in der Bundesliga keinen Gegner unterschätzen.

Für uns lief es von Anfang an sehr gut – besonders an den hinteren Brettern.

An den ersten beiden Brettern entstanden moderne, ruhige Varianten der Berliner Mauer im Spanier. An Brett eins wurde die Stellung schnell ausgeglichen. An Brett zwei hingegen hätte unser Gegner, GM Antonios Pavlidis, mit dem Läuferpaar noch weiterspielen können. Er fand jedoch keinen Weg zu einem Vorteil und bot dem Gegner, GM Laurent Fressinet schließlich Remis an.

Zbynek und Vlastimil überspielten ihre Gegner äußerst souverän.

Zbynek stand mit Weiß in der modischen Caro-Kann-Vorstoßvariante bereits nach der Eröffnung deutlich besser.

In der Diagrammstellung hatte Weiß – wie aus dem Lehrbuch – eine sehr schöne Möglichkeit, das schwache Feld b7 im gegnerischen Lager anzugreifen, was direkt zu einem gewinnbringenden Angriff führt. In der Partie spielte er jedoch 23.De3, was ebenfalls klaren Vorteil sicherte.

Das erwähnte Manöver kam interessanterweise fünf Züge später doch noch aufs Brett und verschaffte Weiß ebenfalls sehr starke Angriffschancen.

Nach 31.Txc6 bxc6 32.Dc1 Kc7 33.Dc5 Df5+ 34.Ke2 gab Schwarz schließlich auf.

Die Partie auf dem letzten Brett war sehr kreativ

Gerade schockierte Vlastimil seinen Gegner mit 5…h5?!! Dabei steht das ?! als objektive Einschätzung für einen fragwürdigen Zug, während das zweite Ausrufezeichen (von mir) zugleich Mut und Kreativität würdigt. Wahrscheinlich wollte Vlastimil seinen Gegner aus den bekannten Routinevarianten herauslocken – und genau das ist ihm gelungen, denn bereits nach 15 Zügen stand er mit Schwarz klar besser.

Den fünften Zug von Schwarz kann Weiß übrigens nicht direkt widerlegen; einige Großmeister praktizieren ihn, allerdings hauptsächlich in Blitz- und Schnellschachpartien. In der Partie gelang es Weiß jedoch nicht, die Nachteile dieses mutigen Konzepts auszunutzen.

Schwarz baute anschließend mit g6–Lg7 und a6–b5 eine Art Drachen–Najdorf-Mischung auf – und plötzlich stand er bereits sehr aussichtsreich.

In der Diagrammstellung hat Weiß bereits ernsthafte Probleme: Sa4 ist bedroht, und auch der f5 Bauer hängt in manchen Varianten. Schwarz gewann daraufhin Material und später im Endspiel schließlich auch die Partie.

Zbynek Hracek (vorne) und Vlastimil Babula
Szymon Gumularz (vorne) und Bobby Cheng

Noch einen Schwarzsieg und sehr gute Leistung am Wochenende lieferte GM Lukas van Foreest.

Diese Variante der Karlsbader Struktur gilt aufgrund der gegnerischen Doppelbauer als etwas angenehmer für Weiß. Dennoch überspielte Lukas seinen Landsmann GM Robin Swinkels mit Schwarz sehr überzeugend, indem er später die offene g-Linie besetzte und im Endspiel auf beiden Flügeln eine starke Initiative entwickelt hätte.

Nach 30…Sa3 31.Kb2 Sb5 steht Schwarz auf Gewinn.

Unser Neuzugang GM Szymon Gumularz erreichte am dritten Brett mit Weiß eine vorteilhafte Stellung aus der Eröffnung heraus und konnte sogar einen Bauern gewinnen. Allerdings war es aufgrund des gegnerischen Läuferpaars nicht leicht, den Vorteil auszubauen.

Im späteren Endspiel erhielt sein Gegner dank des starken a-Freibauern und aktiver Figuren vollständige Kompensation. Trotz des Mehrbauern konnte Szymon keine Fortschritte erzielen, doch seine Stellung war ebenfalls nie ernsthaft gefährdet – Remis.

GM Bobby Cheng spielte eine sehr interessante Partie mit Schwarz am Brett 4.

In der Diagrammstellung opferte er im Wolga-Gambit-Stil einen Bauern mit 11…b5!? 12.cxb5 Sb6 und erhielt dafür eine sehr starke Kompensation. Mit weiteren energischen Zügen baute er seinen Vorteil weiter aus, doch am Ende übersah er die Gewinnmöglichkeiten und musste sich mit Zugwiederholung zufriedengeben – Remis.

Schade, aber für die Zuschauer war es dennoch eine sehr interessante Partie!

GM Zahar Efimenko erzielte mit Weiß in der Eröffnung zumindest optisch einen kleinen Vorteil. Sein Gegner, GM Artur Pijpers, agierte jedoch sehr souverän und übernahm mit Schwarz sogar die Initiative. Zahar stand zwischendurch etwas schlechter, doch seine Stellung war nie ernsthaft gefährdet, und die Partie endete schließlich mit Remis im Turmendspiel.

Das Endergebnis von 5,5:2,5 ist sehr zufriedenstellend, hätte aber durchaus noch höher ausfallen können.

Am Sonntag war unser Gegner die SG Solingen. Nach dem Rating waren die Gegner diesmal leicht favorisiert. Wir starteten jedoch sehr gut, und die meiste Zeit sah es nach einem klaren Mannschaftssieg für uns aus.

Hier opferte unser Gegner IM Alexander Krastev gegen GM Zbynek Hracek mit 10.Lxb5 axb5 11.Sxb5 eine Figur – eine mutige, aber falsche Entscheidung. Nach 11…Tc8 12.Da7 Lxe4 13.Sc7+ Txc7 14.Lxc7 Dc8 steht Schwarz klar auf Gewinn. Zbynek nutzte seinen Vorteil schnell und eiskalt aus.

GM Vlastimil Babula spielte eine sehr starke Partie mit Weiß gegen die Grünfeld-Indische Verteidigung seines Gegners. Durch taktische Abwicklungen erhielt er zwei Freibauern auf dem Damenflügel, die schließlich zum Figurgewinn führten. Vlastimil setzte seinen Vorteil im Endspiel technisch einwandfrei um.

GM Velimir Ivic auf Brett eins übernahm bereits in der Eröffnung die Initiative mit Schwarz und stand die meiste Zeit besser.

Mit 29…e4! hätte er dem Gegner ernsthafte Probleme bereiten können. In der Partie spielte er jedoch 29…Td5, was am Ende zu einem ausgeglichenen Endspiel führte. Remis.

GM Laurent Fressinet führte gegen GM David Navara mit Weiß einen starken Angriff gegen die Drachenstruktur. Er stand kurz vor dem Gewinn, ließ den gegnerischen König jedoch entkommen. Die Partie endete schließlich mit einem Dauerschach – Remis.

GM Szymon Gumularz und GM Bobby Cheng hatten ausgeglichene Stellungen, gerieten aber fast gleichzeitig unerwartet unter Druck und konnten die Partien nicht mehr retten. GM Zahar Efimenko konnte mit Schwarz gegen GM Markus Ragger gut ausgleichen – Remis. Ebenso endete das niederländische Derby zwischen GM Lukas van Foreest und GM Loek van Wely mit Remis.

Am Ende stand es 4:4. Nach dem Verlauf der Partien wäre durchaus ein Sieg möglich gewesen. Insgesamt sind drei Mannschaftspunkte an diesem Wochenende dennoch eine gute Ausbeute.

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