Die eine Serie reißt, die andere hält

Geschlossen auch im Jubeln: Werder drehte in Bochum einen frühen Rückstand in einen 4:1-Sieg um.
Profis
Sonntag, 25.10.2009 / 21:52 Uhr

Das Ergebnis liest sich klasse. Mit 4:1 gewann Werder Bremen sein Auswärtsspiel beim VfL Bochum, baute seine eindrucksvolle Bilanz auf 15 ungeschlagene Pflichtspiele in Folge aus. Doch einer war hinterher überhaupt nicht glücklich: Tim Wiese.

 

Werders Torwart musste bereits nach 39 Sekunden den Ball aus dem Netz holen – ein Gefühl, das er in der Bundesliga seit 619 Minuten nicht mehr gekannt hatte. „Seine“ Serie war gerissen, zum neuen Vereinsrekord in der Kategorie „Längste Zeit ohne Gegentor“ fehlten ihm 22 Minuten. Dementsprechend enttäuscht trat die grün-weiße Nummer eins nach dem Schlusspfiff vor die Mikrofone. „Ich habe mich natürlich maßlos darüber geärgert, dass ich nach so kurzer Zeit das Gegentor bekommen habe. Ich bin mir sicher, dass ich diese Serie noch weiter ausgebaut hätte, wenn die erste Minute nicht gewesen wäre. Da war für mich eigentlich das Spiel schon gelaufen. Trotzdem war mir klar, dass wir das Spiel noch umdrehen würden“, erklärte Wiese.

 

Geschäftsführer Klaus Allofs zeigte Verständnis für den Gemütszustand seines Torhüters: „Eigentlich bekomme ich lieber ein Gegentor in der 1. Minute als in der 89. Minute. Aber es ist natürlich schon ärgerlich, zumal der VfL am Anfang so locker kombinieren konnte. Für Tim ist es besonders blöd. Wenn man so dicht dran ist, möchte man natürlich den Rekord knacken. Das ist doppelt ärgerlich. Wir konnten noch nicht mal die Zeit herunterzählen. Ich verstehe, dass er enttäuscht ist. Wir waren einfach nicht wach.“ Auch Marko Marin konnte die Gefühle seines Teamkollegen gut nachvollziehen: „Das frühe Gegentor ist natürlich ganz bitter für Tim. Es war für die ganze Mannschaft traurig, weil Tim uns in letzter Zeit viele Spiele gerettet hat.“

 

Zum Glück aus Bremer Sicht überstand das Team die turbulente Anfangsphase ohne weiteren Gegentreffer – und schlug mit dem Ausgleich durch Aaron Hunt schon in der 9. Minute zurück. „Ich bin zufrieden, auch mit meiner eigenen Leistung, und froh, dass ich den wichtigen Ausgleich geschossen habe. Dass ich gegen Bochum so oft treffe, ist aber einfach Zufall“, sagte Hunt, dem im fünften Spiel gegen den VfL bereits das fünfte Tor gelungen war.

 

Ein Déjà-Vu-Erlebnis anderer Art erlebte indes Cheftrainer Thomas Schaaf, den die verschlafene Anfangsphase seiner Mannschaft fatal an das jüngste Europa-League-Spiel bei Austria Wien (2:2) erinnerte. „Ich hätte mir gewünscht, dass wir die Partie ruhiger und souveräner geführt hätten – besonders am Anfang, da hatten wir wohl noch an der zweiten Halbzeit von Wien zu knabbern. Wir haben viel zugelassen, die Bochumer haben von Anfang an sehr begeisternd und mutig nach vorne gespielt. Aber es spricht für die Mannschaft, dass sie ins Spiel zurückgefunden hat. Gott sei Dank konnten wir die Partie noch drehen, es sind wichtige Punkte für uns“, so Schaaf.

 

Sein Pendant auf Bochumer Seite, VfL-Interimstrainer Frank Heinemann, analysierte die Partie wie folgt: „Wir hatten einen perfekten Start gegen eine Mannschaft, die in dieser Saison um die Meisterschaft spielt. Danach hatten wir zweimal Pech mit Pfosten und Latte und kassieren den Ausgleich durch einen Standard. Da ist Werder einfach gut. Wir haben trotzdem weiter nach vorne gespielt und kriegen das zweite Gegentor. Ich kann meiner Mannschaft keinen Vorwurf machen, sie hat alles gegeben – da ist ein 1:4 schwer zu erklären. Mit der Leistung bin ich zufrieden, aber extrem enttäuscht, dass wir hier nichts Zählbares geholt haben.“

 

Selbstkritisch äußerte sich Werders Linksverteidiger Sebastian Boenisch: „Wir hatten uns vorgenommen, hinten besser aufzupassen als in Wien. Das ist uns am Anfang nicht gelungen. Umso bemerkenswerter, dass wir in der ersten Halbzeit noch in Führung gegangen sind.“ Boenisch hob zudem die vorentscheidende Bedeutung des 3:1 durch „Joker“ Tim Borowski hervor: „Wir waren zwar von dem frühen Rückstand überrascht, haben aber danach versucht, Bochum unser Spiel aufzuzwingen. Und als die Bochumer auf den Ausgleich drängten, haben wir das 3:1 geschossen. Das hat ,Boro’ super gemacht. Es war nicht leicht für ihn, von der Bank zu kommen, aber er weiß, wie er mit so einer Situation umgehen muss.“

 

Ein „zweites Wien“ ersparten sich die Grün-Weißen also - dank einer deutlichen Leistungssteigerung und der richtigen Reaktion auf den frühen Rückstand. Und auch derjenige, dessen „eigene“ Serie nach 39 Spielsekunden gerissen war, richtete am Ende wieder den Blick nach vorn. „Ich bin ja jetzt schon wieder seit 89 Minuten ohne Gegentor“, stellte Tim Wiese mit einem Augenzwinkern fest. Und bei Werder hätte wohl niemand etwas dagegen, wenn er aus diesem „Neuanfang“ wieder so eine rekordverdächtige Serie werden würde.

 

aus Bochum berichten: Kevin Kohues und Marco Niesner

 

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