Dreimal ist Bremer Recht!? Zum dritten Mal Vizemeister …

Deutsche Senioren-Einzelmeisterschaft 2025

Wolfgang Cleve-Prinz, Stephan Buchal, Yuri Boidman, Ulrich Nehmert, Wolfgang Block Foto: Eckart Stets
Schach
Dienstag, 24.06.2025 / 18:25 Uhr

Stephan Buchal

Die erhofften 250 Teilnehmer*innen bei der diesjährigen Deutschen Senioreneinzelmeisterschaft (DSEM) in Bad Neuenahr-Ahrweiler wurden nicht erreicht – vor allem in der Altersgruppe der Jungsenioren (50+) waren nur 40 am Start, während die Gruppe 65+ mit 165 Teilnehmenden deutlich besser besetzt war. Als einziger Werderaner am Start konnte Stephan Buchal nun schon zum dritten Mal nach 2017 und 2024 einen guten 2. Platz erreichen.

Seniorenturniere in Bad Neuenahr haben eine gute Tradition

Bereits 2014 wurde hier die DSEM ausgetragen, damals noch als ein Turnier für die Altersgruppe 60+, der Sieger hieß seinerzeit Yuri Boidman (!!). Daraus entwickelte sich vor allem dank des Engagements des „Lokalmatadors“ FM Gottfried Schumacher eine ganze Serie von bedeutenden Senioren Open, die erst 2020 durch Corona eine Unterbrechung und 2021 durch die verheerende Flutwelle im Ahrtal mit 134 Toten und gewaltigen Zerstörungen ein grausames Ende fand.

Mittlerweile ist sehr vieles im Ahrtal wieder aufgebaut, Häuser, (Behelfs-)Brücken, Straßen … auch wenn viele offene Wunden noch in Arbeit sind, zum Beispiel viele Straßen und fast die ganze Eisenbahnstrecke durch das Ahrtal.

Das mächtige Steigenberger Hotel und das benachbarte Kurhaus sind mittlerweile wieder hergestellt und prächtig in Form. Im Hotel stand das Wasser 3m hoch, das Erdgeschoss war völlig zerstört. Es konnte vor einem Jahr wieder eröffnet werden, das wunderschöne Kurhaus wurde gerade erst wieder in Betrieb genommen und diente uns als Spielsaal.

 

Zu (meinem) Turnierverlauf

Mangels Liveübertragung habe ich von den anderen Partien auch nachträglich nicht besonders viel mitbekommen, deshalb muss ich mich in meinem Bericht auf die eigenen Partien und die Ergebnisse konzentrieren.

In meiner Altersklasse 65+ war ich an Nr. 5 gesetzt. Als Favorit galten sicherlich die beiden Internationalen Meister Evgueni Chevelevitch und Yuri Boidman sowie der Titelverteidiger JürgenJuhnke und der an Nr.2 gesetzte Ulli Nehmert. Aber insgesamt war das Teilnehmerfeld sehr ausgeglichen: Die ersten 8 wiesen eine ELO über 2200 auf, 18 über 2100 und sogar 51 über 2000. Und fast alle hatte in ihrem langen Schachleben schon mal 100 oder auch 200 ELO-Punkte mehr. Da konnte fast jeder jeden schlagen …

In der 1. Runde bekam ich es mit Michael Wüst aus Hof zu tun. Glücklicherweise konnte ich mit den weißen Steinen schon aus der holländischen Eröffnung heraus einigen Vorteil erzielen und die Partie mit einem „Matt in 2“ beenden (siehe Diagramm – wirklich leicht zu finden!)

In der 2. Runde spielte ich gegen den Hamburger Michael Bohnstorff und musste mit meiner Pirc-Verteidigung lange arbeiten ehe ich dank Läuferpaar im Endspiel entscheidenden Vorteil erreichte. Von den Favoriten musste hier Yuri Boidmann gegen Joachim Neumann aus Neumünster den ersten halben Zähler abgeben.

Die 3. Runde brachte nicht nur den dritten Michael, sondern auch schon den ersten „schweren Brocken“. Michael Schulz aus Berlin ist ein gefährlicher Gegner, auch wenn er im letzten Jahr viele ELO-Punkte eingestellt hat. Erfreulicherweise habe ich gegen ihn ein gutes Score und hatte schon zum 5. Mal in unserer 6. Begegnung die weißen Puppen. Ich hatte etwas vorbereitet, fühlte mich in der entstehenden Struktur wohl und kam in Vorteil. Als bei mir langsam die Zeit knapper wurde, spielte er schnell mit und dabei unterlief ihm ein schwerer Fehler. Also 3 aus 3 – ein perfekter Start!

Es waren nur noch 3 Spieler mit „weißer Weste“, denn auch Chevelevitch und Juhnke mussten mittlerweile den ersten halber Zähler abgeben. Also kam es in der 4. Runde gegen meinen alten Freund Ulli Nehmert zur Begegnung am Spitzenbrett. Er überraschte mich mit einer relativ ruhigen Variante der englischen Partie, wir prüften 14 Züge lang unsere Theoriekenntnisse und hatten dann genug gesehen … ein Schwarzremis gegen die Nr. 2 war mir ganz recht. Die Sensation der 4. Runde war zweifellos die Niederlage von Jürgen Juhnke gegen den Solinger Ulrich Waagener. War der Titelverteidiger mit 2,5 aus 4 schon aus dem Rennen? Jedenfalls war nach der 4. Runde die Spitzengruppe mit 3,5 Punkten schon wieder auf 9 Spieler angewachsen.

Die 5. Runde bescherte mir eine Weißpartie gegen den Koblenzer Wolfgang Polster. Wir konnten uns beide nicht erinnern, aber tatsächlich hatten wir 1989 in der 2. Bundesliga West schon einmal gegeneinander gespielt, damals mit dem besseren Ende für mich. Diesmal griff ich schon frühzeitig in der Eröffnung daneben und geriet nach 12 Zügen in eine schwierige Stellung (siehe Diagramm). Weiß steht schlechter und ich überlegte schon eine Weile an der Notbremse 13. Le4 Lg4 14.Lxd4 exd4 15.f2-f3. Aber dann sah ich eine kleine Verbesserung in dieser Variante … Jedenfalls hatte ich Glück in der Stellung, mein Gegner durchschaute meine „kleine Idee“ nicht rechtzeitig und geriet in eine Verluststellung, die ich langsam, aber sicher verwerten konnte.

Die meisten anderen Spitzenpaarungen endeten Remis, nur Holger Namyslo konnte am Spitzenbrett überraschend gegen Ulli Nehmert gewinnen! Jetzt waren wir nur noch zu zweit in Führung und es kam in Runde 6 zu unserer 4. Begegnung (bislang +1 =2 -0).

Swiss-Chess erlaubte mir erneut die weißen Steine und nach einigen wechselseitigen Ungenauigkeiten in der Eröffnung bekam ich das bessere Endspiel – das ich bei knapper Zeit mal wieder suboptimal behandelte. Nach der Zeitkontrolle war die Stellung objektiv immer noch remis, aber nicht so einfach zu verteidigen.
Ich versuchte in der Diagrammstellung 41.a7 Lb7 42.La6 und jetzt hat Schwarz mehrere Möglichkeiten, etwa 42.Kb6 oder einen sinnvollen Läuferzug wie La8 oder Lc6 oder Le4. Zwei dieser Züge halten Remis – alles andere verliert. Holger entschied sich für 42.La8 … und verlor!

Mit 5,5 aus 6 war ich jetzt alleine in Führung, vor Yuri Boidman (5) und 17 weiteren Spielern mit 4,5 Punkten. Irgendwie kam mir das alles bekannt vor: auch im vergangenen Jahr war ich nach 6 Runden alleiniger Spitzenreiter mit 5,5 Punkten – 2014 hatte ich sogar 6 aus 6 und wurde schließlich mit 7,5 Punkten nur Zweiter. Und dieses Jahr?

Natürlich musste ich gegen Yuri Boidman antreten, mit Schwarz. Er hatte eine unangenehme Überraschung in der Eröffnung parat, ich versuchte ihn aus seiner Vorbereitung zu bringen und geriet dadurch in eine schwierige Stellung bei hohem Zeitverbrauch. Trotzdem konnte ich mich im Mittelspiel befreien und ein ausgeglichenes Turmendspiel erreichen (Diagramm). Sein letzter Zug war 41.Tc8. Ich suchte nach einem „sicheren“ Remisweg und verfiel auf das blöde 41… Tgd4?, übersah dabei aber eine Kleinigkeit und verlor einen Bauern. Das kostete wieder viel Zeit und Nerven. Trotzdem hielt ich den Laden beisammen und das Turmendspiel bleib in der Remisbreite. Ein weiterer Fehler bei knapper Zeit im 50. Zug besiegelte meine Niederlage und einen nicht unverdienten Sieg für Yuri.
Übrigens werden beide Endspiele gegen Namyslo und Boidman im Bericht von Thorsten Cmiel ausführlich betrachtet!

In der 8. Runde gelang mir ein typischer Modern/Pirc-Schwarzsieg gegen Peter Krauseneck, wenn auch nicht ganz ohne Fehl und Tadel.

So dass es in der 9. Runde zum wenig spektakulären Finale kam:
Boidman (7) – Nehmert (6,5) und
Buchal (6,5) – Juhnke (6).

Boidman legte seine Partie gegen Nehmert bewusst solide an, während mir das Los gegen Jürgen Juhnke denkbar unangenehm war.

Ich kam mit Vorteil aus der Eröffnung, aber ließ zwei gute Chancen auf klaren Vorteil aus, zum Beispiel in der Diagrammstellung mit 20.g4! statt 20.Te4?!. In immer noch etwas besserer Stellung war mein Selbstvertrauen ziemlich dahin und ich bot Remis an, was Jürgen schnell akzeptierte und Yuri zum verdienten Deutscher Meister kürte!

Mit meinem 2. Platz kann ich natürlich hoch zufrieden sein: 7 aus 9, beste Buchholz-Wertung (gegen die ganze Spitzengruppe gespielt), Performance 2338, Elo +23 …
Aber vielleicht sollte ich mich mal nach einem Fitnesstrainer oder Mentalcoach umsehen, wenn ich wiederholt nach 6 Runden in Führung liege und es dann doch nicht ins Ziel bringe?!

Und die Jungsenioren (50+)?

Wie erwähnt, es waren nur 40 Spieler anwesend. Als Favoriten waren meine alten Hofheimer Mannschaftskollegen IM Arno Zude (2324) und IM Dieter Pirrot (2320) gestartet, beide hatten die Meisterschaft bereits in den Vorjahren gewonnen. Aber nach gutem Start unterlag Dieter Pirrot in der 6. Runde gegen Arnold Huhndorf, um sich in der 7. Runde an Arno Zude schadlos zu halten.

Schließlich kam es in der 9. Runde zum spannenden Finale zwischen Pirrot (6) und Wagner (6,5). Der Außenseiter Hans Wagner vom SC Stein konnte eine spannende Partie Remis halten und sich den Titel mit 7 Punkten sichern vor Dieter Pirrot, Arnold Hundorf und Thorsten Cmiel (alle 6,5).

Es wurden noch viele weitere Meister gekürt:

65+ Frauen: WIM Annette Wagner-Michel vor WFM Mira Kierzek

75+ (Nestoren): FM Ulrich Nehmert vor Jürgen Juhnke

50+ Frauen: Britta Leib vor Kordula Lebioda-Dette

sowie Meister im Schnell- und Blitzschach (worauf ich „zwischendurch“ liebend gerne verzichte …).

Und sonst?

  • Ein großes Dankeschön an die Organisatoren um Wolfgang Block, Gerhard Meiwald und Martin Sebastian (und, und, und, …), die das Turnier – seit ich denken kann – immer souverän und freundlich über die Bühne bringen. In dieser Konstellation wohl zum letzten Mal. Die Messlatte für den neuen Seniorenreferenten Wolfgang Cleve-Prinz liegt hoch – möge er sie ebenso souverän meistern!
     
  • Warum der DSB für den „Meisterschaftsgipfel“ der Seniorinnen und Senioren keinen Cent locker macht, finde ich – bei aller Finanzknappheit – beschämend! Eine deutsche Meisterschaft, die aus Kostengründen keine Liveübertragung hat, ist ein Armutszeugnis.
     
  • Auch im nächsten Jahr wird es vom 27. Mai bis zum 4. Juni 2026 ein sicherlich schönes Senioren-Open in Bad Neuenahr geben!
     
  • Und die nächste Deutschen Senioren-Meisterschaft findet im Rahmen des DSB-Meisterschaftsgipfels 2026 in Dresden statt!

 

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