Im Interview: Mitra Hejazipour

Jubiläumsturnier 2024

Schach
Dienstag, 12.03.2024 / 20:51 Uhr

Vera Jürgens

Eine großartige Teilnehmerin bei unserem Jubiläumsturnier: Die iranisch-französische Großmeisterin Mitra Hejazipour im Interview mit WGM Vera Jürgens.

Mitra, du bist eine sehr starke Schachspielerin und eine mindestens genauso starke Persönlichkeit. Vielen Dank, dass du diesem Interview zugestimmt hast. Meine erste Frage lautet: Wann und wie hast du Schach gelernt?

Ich war sehr klein, etwa 5 oder 6 Jahre alt. Ich schaute immer gern zu, wenn mein Vater mit unserer Verwandtschaft Schach spielte. So lernte ich es. Als mein Vater mitbekam, dass ich einige Familienmitglieder regelmäßig besiegte, brachte er mich zum Schachklub. Mit 6 Jahren gewann ich die nationale Meisterschaft in der Altersklasse U10. Bald darauf wurde ich Vizeweltmeisterin in dieser Altersklasse. Diesen Erfolg konnte ich im nächsten Jahr wiederholen.

Es lief gut mit meinem Schach und so beschloss mein Vater, mich zu unterstützen und noch mehr in meine Schachausbildung zu investieren.

Was fasziniert dich am Schach am Meisten?

Ich mag das Spiel an sich, allein schon wegen seiner strategischen Elemente. In einer Partie muss man sehr viele Entscheidungen treffen und genau das hilft mir auch im echten Leben, denn wir müssen ständig Entscheidungen treffen.

Ein weiterer Aspekt: Die vielen Schachreisen um die Welt haben mir die Augen geöffnet. Ich erlebte andere Kulturen und eine ganz andere Art zu leben und so begriff ich mit der Zeit, dass es große Unterschiede gibt zwischen den Frauengrundrechten in Iran und denen in anderen Ländern. Würde man sein ganzes Leben nur in Iran verbringen, so würde man nie erfahren, dass woanders das Leben ganz anders funktioniert.

Würdest du gern professionell Schach spielen?

Bis 2019 war ich in der Tat professionelle Schachspielerin. Aber auf der Weltmeisterschaft in Moskau 2019 habe ich mich geweigert, das Hijab zu tragen und wurde Anfang 2020 aus der iranischen Nationalmannschaft entlassen. In dieser Zeit habe ich sehr viele Interviews gegeben, in denen ich meine Ablehnung der iranischen Regierung gegenüber deutlich zeigte. Ich konnte nicht mehr aktiv spielen und es ergab sich eine fast vierjährige Schachpause.

In Frankreich musste ich alles wieder von Null anfangen. Ich studierte und machte mein Ingenieur-Diplom. Daraufhin arbeitete ich zwei Jahre lang in einer Software Engineering Firma. In Iran hatte ich auch studiert - dort machte ich meinen Master in Sport Management.

Als ich die französische Staatsbürgerschaft bekam, fing ich wieder an, mehr Schach zu spielen. Es lief richtig gut für mich und ich gewann mehrere Turniere. Dann habe ich 2023 mit der französischen Nationalmannschaft der Frauen den dritten Platz bei der Europa Mannschaftsmeisterschaft gewonnen. Für Frankreich war das ein großer Erfolg und für mich ein weiterer Meilenstein in meiner Schachkarriere.

Ob ich professionelle Schachspielerin sein möchte? Grundsätzlich schon, aber dafür müssen viele Faktoren stimmen, man braucht Unterstützung und Sponsoren. Ich möchte versuchen, als professionelle Schachspielerin Fuß zu fassen. Ich würde so lange aktiv spielen, bis ich gewisse Müdigkeit und Langeweile verspüre. Dann würde ich damit aufhören.

Fliegst du manchmal nach Iran? Siehst du deine Familie?

Seit dem Vorfall auf der Weltmeisterschaft in Moskau kann ich nicht mehr zurück nach Iran. Dort gelte ich als Regierungsgegnerin und würde ich zurückkehren, würde man mich sofort verhaften. Ich habe meine Eltern und Verwandtschaft seit vier Jahren nicht mehr gesehen. Ich hoffe sehr, sie besuchen mich dieses Jahr in Frankreich!

Das hoffe ich für dich mit! Fühlst du dich in deiner Wahlheimat Frankreich schon zu Hause?

Ja! Ich lebe in Paris und ich liebe diese Stadt. Sie ist fantastisch, eine große Stadt eben, in der es nie langweilig wird. Für mich fühlt sich Frankreich, nach mittlerweile vier Jahren, wie Heimat an. Ich liebe das Land, die Leute, die Sprache, die Kultur und bin in Frankreich sehr glücklich.

Mitra, lass uns über das Werder Jubiläumsturnier reden. Wie hat es dir gefallen? Was war gut und was hätte man besser machen können?

Die Konditionen hier waren gut, viel besser im Vergleich zu anderen Turnieren. Für mich persönlich war es ein sehr schweres und recht langes Turnier. Das Teilnehmerfeld war sehr stark, sodass ich mich über jedes Unentschieden gefreut habe. Jetzt, nachdem das Turnier zu Ende ist, fühle ich mich erschöpft. Verbesserungsvorschläge? Mir fallen ehrlich gesagt keine ein.

Hast Du etwas von Bremen gesehen?

Ja, wir waren mehrfach im Zentrum spazieren und ich muss sagen: Bremen ist eine sehr schöne, eher kleinere Stadt! Leider hatte ich nicht so viel Zeit, um noch mehr zu unternehmen.

Du würdest also eine nächste Einladung, in Bremen Schach zu spielen, annehmen?

Selbstverständlich! Ich bin sehr glücklich, dass hier vier Frauen gespielt haben. Nächstes Mal allerdings würde ich versuchen, unter die ersten drei zu kommen. Grundsätzlich haben Schachspielerinnen, die bei einem starken Männerturnier mitspielen, keine so großen Ambitionen. Sie hoffen lediglich, ab und zu eine Partie zu gewinnen. Aber ich träume davon, dass es ganz anders kommt und eine Frau einen Spitzenplatz schafft.

Mitra, herzlichen Dank für das Interview und alles Gute für deine Zukunft!



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