"Das war ein Zeichen, dass er jedem Spieler vertraut"

25.06.24 von Das Interview führte Moritz Studer

Zlatko Junuzovic im EM-Interview

Junuzovic klatscht in die Hände mit der Binde am Arm.

Junuzovic lief über sechs Jahre für den SVW auf (Foto: nordphoto).

Interview

Dienstag, 25.06.2024 / 10:00 Uhr

Das Interview führte Moritz Studer

Fast 200-mal stand Zlatko Junuzovic für den SV Werder auf dem Rasen und führte ihn sogar zwei Jahre lang als Kapitän auf das Spielfeld. Bei der Fußball-Europameisterschaft ist der 36-Jährige für Servus TV im Einsatz und begleitet die Partien der österreichischen Nationalmannschaft, für die er selbst 55 Länderspiele bestritt. Im WERDER.DE-Interview spricht Junuzovic über seine derzeitige Expertentätigkeit, Romano Schmid & Marco Grüll und das bisherige Abschneiden der ÖFB-Elf.

WERDER.DE: Moin Juno, du hast zur Europameisterschaft dein Debüt als TV-Experte gegeben. Wie gefällt dir deine neue Aufgabe am Mikrofon?

Zlatko Junuzovic: Das macht mir richtig Spaß. Ich sehe nun aber auch, wie viel Arbeit mit der ganzen Planung, dem Ablauf und der Vorbereitung dahintersteckt. Das Team, mit dem ich unterwegs bin, ist für die österreichische Nationalmannschaft zuständig und wir sind bei jedem Training, jeder Aktivität, jeder Pressekonferenz und allen Spielen dabei. Deswegen sind wir gemeinsam von früh morgens bis spät abends unterwegs.

WERDER.DE: Dementsprechend bist du bei der EM hautnah dabei. Was war für dich bislang der Moment dieses Turniers?

Zlatko Junuzovic: Das war natürlich der Sieg gegen Polen. Die Stimmung und die Atmosphäre waren großartig – auch die Erleichterung war spürbar. Immerhin war es ein ganz wichtiges Spiel mit Endspielcharakter, bei dem eine große Last abgefallen ist. Damit ist Österreich zu hundert Prozent im Turnier angekommen.

WERDER.DE: Die Österreicher haben am Dienstagabend ein weiteres kleines Endspiel vor der Brust: Wie schätzt du die Chance der ÖFB-Elf ein, die Gruppe zu überstehen?

Zlatko Junuzovic: Die schätze ich sehr groß sein, weil auch der dritte Platz reichen könnte. Abgesehen davon wird die Mannschaft darauf eingestellt sein, auf Sieg zu spielen. Die Niederlande sind mit dem Ball sehr passsicher und technisch stark. Weil wir mit Pressing spielen, aktiv sind und ein gutes Umschaltverhalten haben, könnte uns das aber auch entgegenkommen, wenn wir Bälle in der gegnerischen Hälfte erobern. Daher sehe ich eine gute Chance, dass wir das Spiel positiv über die Bühne bringen.

WERDER.DE: Zuletzt rotierte Nationaltrainer Ralf Rangnick ungewöhnlicherweise auf beiden Innenverteidiger-Positionen durch.

Zlatko Junuzovic: Das war ein Zeichen, dass er jedem Spieler vertraut. Er hat keine Angst, die Breite des Kaders zu nutzen – unabhängig davon, wie wichtig das Spiel ist. Das ist eine große Wertschätzung für die Spieler. Ralf Rangnick hat die Spielphilosophie von RB Salzburg, immer aktiv und auf dem Sprung zu sein, in die Mannschaft integriert. Das ist für jeden Gegner schwer zu verteidigen und deswegen hat er einen großen Anteil an dem Erfolg der Österreicher.

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WERDER.DE: Das Vertrauen Rangnicks bekam in den letzten Monaten auch immer wieder Werders Romano Schmid, auch wenn er bei der EM bislang nur die Jokerrolle hatte. Welchen Stellenwert kann er in diesem Turnier noch einnehmen?

Zlatko Junuzovic: Wenn er reinkommt, leitet er immer wieder Situationen ein – das haben wir vor allem gegen Polen gesehen, wo er fast noch zwei Vorlagen gegeben hat. In diesen Phasen ist es wichtig, sofort drin zu sein. Und das kann der Romano, weil er diese Qualitäten hat. Wir haben mit ihm gestern im Interview gesprochen und er fühlt sich in der Mannschaft sehr wohl. Ob er auch mal von Anfang an spielt, werden wir sehen, er bringt aber auf jeden Fall viel Wind ins Spiel. Wir haben dabei aber auch über die Bremer-Zeit gesprochen.

Wenn er sich schnell anpasst und gut integriert, wird er eine Hilfe für Werder sein.

Zlatko Junuzovic über Marco Grüll

WERDER.DE: Und worüber genau?

Zlatko Junuzovic: Wir haben einige Parallelen – Romano hat sogar meinen Platz in der Kabine (schmunzelt). Wir waren aber auch im Austausch über die Atmosphäre, die Fans, das Stadion und die brutale Qualität in der deutschen Bundesliga. Es ist bemerkenswert, dass jedes Spiel ausverkauft ist. Natürlich haben wir aber auch über die Stadt gesprochen und wie er alles um den Verein wahrnimmt, was ich auch kenne. Es war ein super Austausch.

Romano Schmid klatscht nach einem Spiel in die Hände.

Mit Romano Schmid war Junuzovic gerade erst im Austausch (Foto: nordphoto).

WERDER.DE: Einer, der sich auf seine Zeit in Bremen noch freuen darf, derzeit aber noch auf seinen ersten EM-Einsatz wartet, ist Marco Grüll. Wie bewertest du den Werder-Sommerneuzugang?

Zlatko Junuzovic: Er hat eine gute Saison hinter sich und war sehr wichtig für die Rapid-Mannschaft. Marco Grüll verfügt über eine gute Schnelligkeit, er ist technisch versiert und hat einen guten Zug zum Tor. Ich bin selber gespannt, wie er den Schritt in die deutsche Bundesliga meistert. Wenn er sich schnell anpasst und gut integriert, wird er eine Hilfe für Werder sein.

WERDER.DE: Du wirst den Weg der Österreicher bei der EM weiterverfolgen. Inwiefern ist das Abschneiden des Teams für deine weiteren Einsätze am Mikrofon entscheidend?

Zlatko Junuzovic: Einerseits hängt es davon ab, wie weit Österreich kommt. Weil ich im Scouting von RB Salzburg tätig bin, habe ich dafür aber Urlaubstage genommen, weswegen geplant ist, nach dem Achtelfinale wieder meinem eigentlichen Beruf nachzugehen.

WERDER.DE: Du warst schon Co-Trainer beim FC Liefering und hast in New York hospitiert. Möchtest du im Scouting bleiben oder ist es Teil deiner Findungsphase?

Zlatko Junuzovic: Ich fühle mich in dieser Funktion momentan sehr wohl. Mit meinen Kollegen passt es sehr gut und die Prozesse sind sehr spannend. Wir suchen nach Spielern, mit der wir unsere Philosophie aufrechthalten und dort gehört viel Kreativität dazu. Das macht die Aufgabe so spannend.

WERDER.DE: Lieber Juno, wir wünschen dir noch eine spannende EM und viel Erfolg für deinen weiteren Weg. Danke für das Gespräch!