Wenn Fußball zur Nebensache wird

04.01.23 von Von Moritz Studer

Niklas Schmidt offenbart im Pressegespräch seine mentalen Probleme

Niklas Schmidt mit dem Schuss zum Tor.

Niklas Schmidt sprach nach dem Testspiel gegen Murcia offen über mentale Probleme (Foto: nordphoto).

Profis

Mittwoch, 04.01.2023 / 17:10 Uhr

Von Moritz Studer

Die Schusstechnik ist eine besondere Gabe von Niklas Schmidt. Er legt sich den Ball mit der Sohle einmal gekonnt vor und versenkt die Kugel mit einem Distanzschuss im langen Eck. Und dennoch war es nicht sein ansehnlicher Treffer, über den der Mittelfeldspieler nach dem 2:0-Testspielerfolg gegen Real Murcia sprechen wollte. „Für mich waren in den letzten Monaten andere Dinge wichtiger“, betont Schmidt im Gespräch mit den Journalist:innen. Der 24-Jährige spricht offen über seine mentalen Probleme.

Benjamin Pavard im wohninvest WESERSTADION.

Niklas Schmidt las von den Depressionen von Benjamin Pavard (Foto: nordphoto).

Fußball-Weltmeister, Champions League-Sieger, Deutscher Meister. Die Liste der Titel, die Benjamin Pavard in seiner Karriere gewonnen hat, ist noch viel länger. Im September war es jedoch eine Beichte, die den Franzosen in die Schlagzeilen brachten. Der Bayern-Profi hatte unter Depressionen gelitten. „Ich habe den Bericht damals gelesen und habe mich darin wiedergefunden“, erklärt Niklas Schmidt, der für sich selbst von mentalen Problemen spricht. „Depression ist ein großes Wort, ich werde mit meinem Psychologen aufarbeiten, was es bei mir genau ist.“

Schmidt kommunizierte seine mentalen Probleme mit dem Trainer und der Mannschaft. Ein schwerer, aber wichtiger Gang. Der Fußballplatz war in diesem Moment nicht mehr so wichtig. Die fehlende Spielzeit nur sekundär. Er habe nicht die Lebensfreude gespürt. „Wenn Menschen, die dir nahestehen Angst um dich haben, dann musst du den Rat von Familie und Freunden annehmen und dir Hilfe suchen“, sagt Schmidt. „Das habe ich gemacht.“

Den Kopf freikriegen, Lebensfreude zurückerklimmen

Niklas Schmidt im Trainingslager.

Niklas Schmidt will seinen Kopf wieder freibekommen (Foto: W.DE).

Der Urlaub über Weihnachten im Kreis der Familie habe ihm gutgetan. Wenn der gebürtige Kasseler über seine mentalen Probleme spricht, wirkt er sehr aufgeräumt. „Es geht darum, offen damit umzugehen und zu zeigen, dass uns Fußballern das auch passieren kann“, erklärt Schmidt. „Es ist leider immer noch ein Tabu-Thema, dafür aber umso wichtiger, diese Probleme zu äußern.“

Der Schritt seine Probleme mit der Mannschaft zu teilen, war entsprechend groß. Die Reaktion seiner Teamkollegen war ihm egal. Auch wenn sie negativ ausgefallen wäre. Diesen Schritt ist Schmidt für sich gegangen. Die anderen Spieler seien aber sehr offen damit umgegangen „Das wichtigste ist, das zu akzeptieren und sich helfen zu lassen. Der Appell ist, dass es keine Schande ist sowas zu haben, sondern zum Leben dazu gehört“, betont Schmidt. „Ich möchte vom Kopf wieder frei werden und die Lebensfreunde zurückerklimmen. Das sollte jeder Mensch, auch ich möchte das zurückhaben.“