Der einsame Moment der Erleichterung
29.11.22 von Von Moritz Studer
#11 des Jahres: Ömer Toprak führte Werder als Kapitän zum Bundesliga-Aufstieg

Ömer Toprak wollte unbedingt mit Werder den Wiederaufstieg schaffen (Foto: nordphoto).
Profis
Dienstag, 29.11.2022 / 14:01 Uhr
Von Moritz Studer
Der SV Werder Bremen hat ein langes, intensives Jahr erlebt. Hinter uns allen liegt eine unglaubliche Reise, die u.a. die Männer-Fußballer vom SVW zurück in die Bundesliga geführt hat. Für den WERDER.DE-Rückblick auf ein spezielles 2022 haben wir eine #11 des Jahres aufgestellt, in der wir die Geschichte von elf Sportler:innen und Funktionären erzählen. Ein Platz gehört Ömer Toprak, der die Profimannschaft als Kapitän zurück in die Bundesliga führte.

Nach dem Aufstieg fiel bei Toprak die Anspannung ab (Foto: WERDER.DE).
Im Moment der Erleichterung will Ömer Toprak alleine sein. Während sich der Rasen des wohninvest WESERSTADION in ein grün-weiß Meer der Ekstase verwandelt, sitzt Toprak in der verwaisten Kabine. Sein Gesicht legt der 33-Jährige auf seine Handflächen. Es ist still. Die Kapitänsbinde hängt locker um seinen linken Arm. Der Stofffetzen spricht symbolisch für den Druck, der in diesem Moment von Toprak abgefallen ist. Die Bundesliga-Rückkehr, die an diesem 15. Mai 2022 nach einer langen Saison errungen wurde, hat den Grün-Weißen viel Kraft abverlangt.
Nur 358 Tage zuvor erlebte der 27-fache türkische Nationalspieler eine der größten Niederlagen seiner Karriere. „Der Abstieg war mir unangenehm“, sagt Toprak, der persönlich unter der Situation litt. „Als ich zu Hause war, habe ich mich geschämt.“ Die sportliche Ernüchterung nagte am Führungsspieler, der in der Zweitliga-Saison für die Mannschaft als Kapitän voranging. „Ich bin froh, dass wir es wieder geradebiegen konnten.“
Dafür musste der SVW viele Stolpersteine überwinden. Die unsichere Kadersituation zum Saisonauftakt, der enttäuschende Start, der Ausfall von wichtigen Stammkräften, Unzufriedenheit in der Kabine und schließlich der Impfpassskandal um Cheftrainer Markus Anfang. In vier Ligaspielen hintereinander saßen vier verschiedene Übungsleiter auf der Bank. „Ich habe vieles erlebt, das aber noch nicht“, verrät Toprak. „Dadurch hast du natürlich automatisch Unruhe.“
Gemeinsam die unzähligen Widerstände überstanden

Ömer Toprak ging auf und neben dem Platz als Kapitän voran (Foto: nordphoto).
Im Nachhinein ist es mit logischem Fußballverstand, angesichts der Verkettung der Widerstände, nicht zu erklären, dass es später zum Happy-End kam. Ein entscheidender Faktor ist aber der Charakter einer Mannschaft, die mit Führungsstärke zusammengehalten wird. „Ich mag es nicht, wenn die Kabine ruhig ist“, kommentiert Toprak seinen Führungsstil. „Zu viel Anspannung ist auch nicht gut. Ich habe kein Problem damit, wenn einer seine Emotionen rauslässt.“
Die Emotionen trugen Werder durch die Saison. Nachdem Ole Werner die Verantwortung auf der Trainerbank übernahm, fand der SVW in den Lauf, der ihn zurück ins Aufstiegsrennen beförderte. Plötzlich gingen die Spiele wieder leichter von der Hand, eine Achterbahnfahrt in Paderborn fiel auf die grün-weiße Seite. Der Siegtorschütze: Kapitän Toprak. Auch wenn der gebürtige Ravensburger verletzungsbedingt nicht immer auf dem Platz stand, ging er auch abseits des Feldes voran.
Im entscheidenden Schlussspurt bereitete ihm die Wade wieder Probleme. Eine Phase, in der seine Teamkollegen die Selbstverständlichkeit für einen Moment verlor. „Wenn ich es nicht selbst in der Hand habe, bin ich deutlich nervöser, als wenn ich selbst auf dem Platz stehe“, verrät Toprak. Im letzten Heimspiel gegen Regensburg (2:0) kehrte der Türke wieder in die Startelf zurück. Es waren seine letzten 90 Minuten im Werder-Trikot, Toprak wechselte im Sommer zu Antalyaspor in die Süper Lig. Das gemeinsame Kapitel ist geschlossen, sein Verdienst aber nicht vergessen.
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