"Wichtig ist, dass sich nie eine Zufriedenheit einstellt"

Was macht eigentlich…Kevin Schindler?

Kevin Schindler mit Ball am Fuß.
Kevin Schindler ist zurück bei Werder - als U19-Co-Trainer (Foto: nordphoto).
Profis
Montag, 26.12.2022 / 12:00 Uhr

Das Interview führte Moritz Studer

Kevin Schindler ist zurück, wo seine Karriere begann. Beim SV Werder Bremen durchlief Schindler sämtliche Altersklassen, ehe er in Grün-Weiß auch sein Profi-Debüt gab. Der 34-Jährige hat nun seine Laufbahn nach seiner aktiven Zeit eingeläutet. Nachdem Schindler erste Erfahrungen als Übungsleiter auf den Färöer beim HB Tórshavn sammelte, ist er heute Co-Trainer der Werder U19. Im WERDER.DE-Interview blickt der frühere Mittelfeldspieler u.a. auf seine Karriere zurück und verrät, was ihn für seine Trainerlaufbahn motivierte.

WERDER.DE: Moin Kevin, hast du dich schon wieder an das warme Bremer-Wetter gewöhnt?

Kevin Schindler: „Ja, manchmal mache ich aber schon noch Witze darüber (lacht.). Natürlich ist es hier auch gerade sehr kalt, aber auf der Insel sind es nochmal zehn Grad weniger und es kommt Wind und Regen dazu.“

WERDER.DE: Mit der Insel meinst du die Färöer, wo du als Co- und später als Chefcoach vom Rekordmeister HB Tórshavn tätig warst. Wie war deine erste Trainerfahrung?

Kevin Schindler: „Super. Natürlich war es erst ungewohnt auf der Trainerbank zu sitzen und nicht mehr selbst am Spiel teilzunehmen. Am Anfang hat es bei mir schon noch in den Füßen gekribbelt, ich bin mit mir aber total im Reinen, dass ich meine Fußballer-Laufbahn beendet habe. Ich hätte damals weiter kicken können, habe mich aber bewusst für einen Trainerjob entschieden.“

WERDER.DE: Dass du dein Engagement dort nicht fortsetzen konntest, lag an deiner fehlenden A-Lizenz. Du wirktest damals sehr mitgenommen.  

Kevin Schindler: „Ja, das hat mich schon sehr stark getroffen, weil ich auch gerade erst im Oktober 2021 um zwei Jahre verlängert hatte. Meine Frau war schwanger, wir hatten kurzfristige Pläne geschmiedet. Von daher musste ich schon tief schlucken, wollte aber auch positiv für mich bleiben. Deswegen habe ich mir gesagt: Zwei Schritte zurück, drei Schritte nach vorne.“

Wichtig ist aber, dass sich dabei nie eine Zufriedenheit einstellt.
Kevin Schindler

WERDER.DE: Seit diesem Sommer bist du Co-Trainer bei der U19 vom SV Werder. Wie gut passt dieser Posten in deine Pläne?

Kevin Schindler: „Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich auch etwas anders hätte machen können. Meine Familie ist aber hier in Bremen und meine Frau und ich wollten unser Kind hier in Bremen auf die Welt kommen lassen – von daher hat sich das hier bei Werder angeboten.

WERDER.DE: Der Kontakt zu Werder ist also über die Jahre aufrecht geblieben?

Kevin Schindler: „Es war immer schon so, dass ich den Kontakt zu Werder gehalten habe. Dadurch, dass ich Ende Januar zurück in Deutschland war und aktiv im Fußball bleiben wollte, habe ich Werder bzw. Thomas Wolter gefragt, ob eine Hospitation möglich wäre. Ich habe dann einen guten Einblick in die U19 und am Ende auch das Angebot als Co-Trainer bekommen.“

WERDER.DE:Thomas Wolter galt zu deinen aktiven Zeiten schon als einer deiner Förderer.

Kevin Schindler: „Ja, ich fand Thomas als Trainer damals sehr fördernd und blicke gerne auf die Zeit zurück. Wir hatten immer wieder Kontakt und so habe ich dann auch diesen Kontakt gesucht.“

WERDER.DE: Und neben deiner Tätigkeit bei Werder hat es mittlerweile auch mit der Aufnahme zum A-Lizenz-Lehrgang geklappt?

Kevin Schindler: Genau, ich habe mich wieder beworben und dieses Mal hat es komischerweise auch geklappt. Seit diesem Sommer bin ich dabei, meine A-Lizenz zu machen. Ich denke, es läuft bisher ganz gut, Anfang Juni bin ich dann durch.“

Daniel Ginczek und ich haben eine super Freundschaft. Wenn sich einer mal nicht meldet, macht keiner dem anderen einen Vorwurf.

WERDER.DE: Wie genau läuft so ein Lehrgang ab?

Kevin Schindler: „Sehr begleitend und praxisorientiert. Wir trainieren viel bei unserem Heimatverein und filmen und analysieren unsere Einheiten. Außerdem gehören unter anderem die Videoanalyse und die Persönlichkeitsentwicklung als Trainer dazu, um ein paar Aspekte zu nennen.“

WERDER.DE: In Färöer hast du mit einer Herrenmannschaft gearbeitet, wie viel Spaß bereitet es dir nun eine Jugendmannschaft zu trainieren?

Kevin Schindler: „Es macht sehr viel Spaß. Es ist super zu sehen, wie die Jungs in jeder Einheit auf dem Platz marschieren wollen. Lediglich der Spielbetrieb ist ein wenig enttäuschend, weil wir nur einmal gegen jeden Gegner spielen – die Jungs gehen damit aber super um. Auch mit dem Trainerteam habe ich sehr viel Spaß.“

WERDER.DE: Als ehemaliger Profi bist du den Weg gegangen, den die Jungs noch gehen wollen. Kann das in deine Arbeit miteinfließen?

Kevin Schindler: „Es ist jetzt nicht so, dass die Jungs permanent auf mich zu kommen und mir Fragen stellen. Ich habe mir aber schon auch vorgenommen, auf sie zu zugehen und ihnen Hilfestellungen zu geben. In erster Linie muss ein Fußballer immer ein Ziel vor Augen haben. Genauso gehört Biss, Disziplin und die nötige Einstellung dazu. Natürlich ist es aber auch eine andere Generation als vor 20, 25 Jahren.“

WERDER.DE: Inwiefern?

Kevin Schindler: „Den Spielern wird heute schon vieles abgenommen, sodass sie nur noch ihre Leistung auf dem Platz abrufen müssen und sie werden von den Vereinen top ausgestattet. Wichtig ist aber, dass sich dabei nie eine Zufriedenheit einstellt.“

Ich habe sehr viele Trainer erlebt, dabei leider mehr negative als positive Erfahrung gemacht.
Kevin Schindler

WERDER.DE: Ist es dir schwergefallen, nie zufrieden zu sein?

Kevin Schindler: „Ich habe mich schon viel versucht zu reflektieren und zu hinterfragen. Ich bin damals nach einem schlechten Training abends laufen gegangen, um mich abzuregen und habe schon viel selbst für mich getan.“

WERDER.DE: Deine eigene Karriere hat dich durch viele spannende Stationen geführt. Wie blickst du darauf zurück?

Kevin Schindler: „Ich will mich selbst nicht kleinmachen, habe aber keine 300 Bundesliga-Spiele gemacht und spreche daher lieber von einer Laufbahn (lacht.). Nichtsdestotrotz war diese sehr spannend und ereignisreich. Irgendwann hatte ich genug von Deutschland gesehen und musste raus. Ich war in den Niederlanden, im Vietnam, Südafrika und den USA. Mit 26, 27 wollte ich mir mit Hinblick auf die Trainerlaufbahn Eindrücke aus anderen Ländern holen.“

WERDER.DE: Eine Fußball-Laufbahn ist auch von vielen Begegnung geprägt. Du bist von deinem ehemaligen Mitspieler Daniel Ginczek, mit dem du bei St. Pauli zusammengespielt hast, Trauzeuge und Patenonkel seines Kindes.

Kevin Schindler: „Fußball ist sehr schnellläufig und deswegen ist es schwierig zu vielen einen dauerhaften Kontakt zu halten. Daniel und ich haben bei St. Pauli zusammengespielt – er war ausgeliehen und ich war noch zwei Jahre gebunden. Wir haben bis heute eine super Freundschaft und wenn sich einer mal über einen längeren Zeitraum nicht meldet, macht keiner dem anderen einen Vorwurf. Im Fußball schließt man sonst viele Bekanntschaften, mit denen man sich viel zu erzählen hat, wenn man sich wiedersieht. Freundschaften dieser Art sind eher selten.

Als dann das Angebot aus Färöer kam, habe ich mir gedacht: Jetzt oder nie.
Kevin Schindler

WERDER.DE: Eine wichtige „Bekanntschaft“ hast du beim FC Cincinnati gemacht. Du hast dort in den USA deine Frau kennengelernt.

Kevin Schindler: „Das sind solche Momente, die für das Leben dann auch passen. Die ganze Zeit in den USA war sehr abenteuerreich. In Amerika geht immer alles schneller, sie hatten schon damals einen überragenden Support mit 30.000 Zuschauern im Stadion. Ich habe damals sehr viel mitgenommen.“

WERDER.DE: Du hast viele Flecken der Welt gesehen und viel erlebt. Wann hast du erkannt, dass du dich auf der Trainerbank siehst?

Kevin Schindler: „Ich fange anders an: Ich habe sehr viele Trainer erlebt, dabei leider mehr negative als positive Erfahrung gemacht. Für mich war es der Ansporn, in der Empathie, der Persönlichkeit und über die Nähe zu den Spielern, etwas zu verändern. Der Knackpunkt war, dass ich als Trainer anders sein möchte. Als dann das Angebot aus Färöer kam, habe ich mir gedacht: Jetzt oder nie.“

WERDER.DE: Dieser Sport hat dein Leben über 30 Jahre lang beeinflusst. Kannst du dir ein Leben ohne den Fußball überhaupt noch vorstellen?

Kevin Schindler: „Schwierig, denn der Fußball hat mich mein ganzes Leben begleitet. Ich könnte mir jetzt schwer vorstellen eine Banklehre zu machen und mich den ganzen Tag ins Büro zu setzen – das gehört im Fußball aber mittlerweile auch dazu. In jedem Fall würde mir ein großes Stück fehlen.“

Lieber Kevin, vielen Dank für das Gespräch!

 

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