„Vergiss nie, wer dir geholfen hat“

Marco Friedl im Interview (Teil 1)

Zielstrebig zu sein, hat Marco Friedl schon früh gelernt (Foto: nordphoto).
Interview
Montag, 09.11.2020 / 17:02 Uhr

Das Interview führte Martin Lange

Talent ist notwendig und hilft enorm, na klar. Doch um es tatsächlich in den Profifußball zu schaffen, ist auch ein klarer Kopf wichtig. Marco Friedl hat beides.

Im ersten Teil des großen WERDER.DE-Interviews spricht der junge Österreicher über seine Kindheit, seine Idole und die frühen Erfahrungen beim FC Bayern München.

WERDER.DE: Marco, wie ging das eigentlich los mit dir und dem Fußball damals in deinem Heimatort Kirchbichl?

Marco Friedl: „Meine Familie ist sehr sportgegeistert, mein Vater und mein Opa haben lange selbst Fußball gespielt. Und ich hatte, kurz nachdem ich laufen konnte, schon einen Ball an den Füßen (lacht). Ich bin zwar auch von klein auf Ski gefahren, aber es war immer klar, dass ich mich letztlich für den Fußball entscheiden würde.“

WERDER.DE: Im Gegensatz zu deiner Schwester Stephanie, die sechs Jahre älter ist als du…

Marco Friedl: „Sie war eine erfolgreiche Skifahrerin, hat sich dann aber entschieden, die Sportkarriere nicht weiter zu verfolgen. Heute arbeitet sie als Krankenschwester und ist gerade Mutter geworden.“

WERDER.DE: Zurück zum Fußball deiner Kindheit. Woran erinnerst du dich?

Marco Friedl: „Nach der Schule bin ich oft zu meinem Opa gegangen, habe mit ihm trainiert. Als ich klein war, war der Garten noch groß genug. Später brauchte ich dann nur 200 Meter die Straße runterlaufen und war auf dem Fußballplatz beim Training. Ich habe es genossen, mit allen meinen Freunden Fußball zu spielen. Wir hatten richtig viel Spaß. Die Eltern haben sich untereinander gut verstanden. Einer meiner besten Freunde spielt heute noch beim SV Kirchbichl. Deswegen versuche ich, so gut wie möglich den Kontakt zum Verein zu halten.“

WERDER.DE: Wer waren deine Idole?

Marco Friedl: „Früher habe ich insbesondere den FC Arsenal geliebt. Thierry Henry und Patrick Vieira waren meine Vorbilder. Später auch Fernando Torres in seiner Zeit beim FC Chelsea.“

WERDER.DE: Was haben dir deine Eltern fürs Leben mitgegeben?

Marco Friedl: „Insbesondere ihre unglaubliche Unterstützung. Sie haben immer gesagt: Solange du Freude daran hast und wir sehen, dass du den Fußball ernst nimmst und danach lebst, unterstützen wir dich gerne. Meine Eltern haben sehr viel Freizeit für mich geopfert. Und ihre Botschaft war immer: Bleib wie du bist. Sei dankbar für alles, was du erlebst und erreichst. Bleib bodenständig, vergiss nie, wer dir auf dem Weg geholfen hat und zur Seite stand. Ich bin sehr glücklich, dass ich so wunderbare Eltern habe.“

WERDER.DE: Du bist nach einem kurzen Intermezzo beim FC Kufstein schon als Kind zum FC Bayern gewechselt. Wie kam es dazu?

Marco Friedl: „Mit der Tiroler Auswahl haben wir an einem Turnier in Rosenheim teilgenommen. Ich wurde dort zum besten Spieler gewählt. Der FC Bayern war auch dabei. So ist der erste Kontakt entstanden. Ich bin dann schon bald ab und zu zum Training nach München gefahren und habe etwas später – in der U11 – fest den Verein gewechselt.“

Je älter ich wurde, desto mehr Fahrten wurden es.
Marco Friedl

WERDER.DE: Wie war das damals für dich?

Marco Friedl: „Ich habe es schon irgendwie verstanden, was passiert, konnte es aber nicht komplett begreifen. Ich war ein Kind, hatte Riesen-Spaß am Fußball, natürlich auch den Traum, später Fußballer zu werden. Aber ich wusste nicht, was es für mich in den nächsten Jahren heißt, wenn ich zum FC Bayern gehe. Wie sich mein Leben dadurch verändern wird. In München habe ich aber alleine daran, wie der Verein mit jungen Spielern spricht, umgeht, trainiert, sofort gespürt, dass es ganz anders ist als bei meinen vorherigen Vereinen. Dass es darum geht, Spieler auszubilden, jeden Tag voranzubringen, um dann so viele wie möglich in den Profifußball zu bringen. Ich habe vom ersten Tag an einen Riesenspaß bei Bayern gehabt, allerdings auch die negativen Seiten kennengelernt.“

WERDER.DE: Welche?

Marco Friedl: „Schlimm war für mich am Anfang, dass schon früh aussortiert wurde. Bereits in der U12 wurde entschieden, wer bleiben darf und wer den Verein verlassen muss. Dadurch habe ich damals einige Freunde verloren.“

WERDER.DE: Hast du diesen Erfolgsdruck selbst gespürt?

Marco Friedl: „In den ersten zwei, drei Jahren habe ich einfach nur Spaß gehabt. Und ich hatte nie den Gedanken daran, dass ich vielleicht wieder gehen muss. Erst in der U14 habe ich zum ersten Mal gedacht: Es könnte schwierig werden für mich. In der U16 habe ich dann ein Jahr lang nicht viel gespielt und hatte schon manchmal die Befürchtung, dass ich vielleicht derjenige sein könnte, der am Ende der Saison gehen muss. Zum Glück ist es dazu nie gekommen.“

WERDER.DE: Du bist mehrere Jahre regelmäßig von deinen Eltern zum Training nach München gebracht worden – etwa 100 Kilometer hin und wieder 100 Kilometer zurück. Wie war das zu schaffen?

Marco Friedl: „Erst hatte ich drei Mal pro Woche Training, bin aber nur zwei Mal hingefahren. Je älter ich wurde, desto mehr Fahrten wurden es allerdings. Ich hatte teilweise bis 15.30 Uhr Schule, wurde dann dort von meiner Mutter oder meinem Vater abgeholt, habe im Auto gegessen, was meine Mutter gekocht hatte. Um 17.00 Uhr begann in München das Training. Nach dem Duschen ging es zurück. Ich habe wieder im Auto gegessen und entweder schon dort oder dann noch zu Hause meine Hausaufgaben erledigt. Danach ging es ins Bett.“

WERDER.DE: Da blieb kaum Zeit für andere Dinge. Und du musstest vermutlich auf Vieles verzichten?

Marco Friedl: „Am deutlichsten habe ich das etwa im Alter von 15 bis 17 Jahren gespürt. Mal mit den Freunden rauszugehen, etwas länger weg zu sein oder wachzubleiben, ging bei mir meistens nicht, weil ich eben Spiele hatte. Und zwar nicht wie die anderen direkt bei uns im Dorf, sondern in München. Das hat mich schon beschäftigt und auch traurig gemacht. Schließlich wollte ich mit meinen Freunden zusammen sein, nichts verpassen. Aber wenn ich dann am nächsten Tag aufgestanden bin, waren diese Gedanken vergessen, und ich habe mich jedes Mal gefreut, dass ich die Möglichkeit habe, beim FC Bayern Fußball zu spielen.“

WERDER.DE: Hört sich nach eiserner Disziplin an…

Marco Friedl: „Ja, auch dank meiner Eltern, die immer bereit waren, mich zum Beispiel von Partys abzuholen. Und die mir geholfen haben, so verantwortungsbewusst zu sein und für den Sport zu leben. Klar gab es auch mal einen kleinen Streit, wenn ich ausnahmsweise doch noch eine halbe Stunde länger bleiben wollte… (lacht)“

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WERDER.DE: Was gibt der FC Bayern jungen Spielern für den Fußball und fürs Leben mit?

Marco Friedl: „Zum einen, dass man sich bei allem Erfolgsdruck immer den Spaß am Fußball erhalten sollte. Aber insbesondere auch die Siegermentalität. Wir sind in der Jugend zu Turnieren gefahren, und man hat gespürt, dass wir unbedingt alle Spiele und das gesamte Turnier gewinnen wollten. Uns wurde schon damals „eingetrichtert“, dass es im Sport ums Gewinnen geht. Und je länger man im Verein ist, desto stärker verinnerlicht man diese Mentalität.“

WERDER.DE: Wurdet ihr auch darauf vorbereitet, dass man als Profi stark in der Öffentlichkeit steht?

Marco Friedl: „Selbst habe ich das zum ersten Mal gespürt, als ich bei den Profis mittrainiert habe. Aber ich war damals schon länger sehr gut mit David Alaba befreundet und habe durch ihn früh mitbekommen, wie alles abläuft und wie es sein kann, wenn man Profi ist. Dadurch habe ich auch sehr schnell begriffen, wie stark man als Profi in der Öffentlichkeit steht.“

Im zweiten Teil des großen WERDER.DE-Interviews spricht Marco Friedl über seine enge Freundschaft zu Landsmann David Alaba, die Unterschiede zwischen der vergangenen und der laufenden Saison sowie seine Bewunderung für Sergio Ramos.

 

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