Baden-Baden ist Deutscher Meister - Werder erreicht den 6. Platz

Schachbundesliga

Werders Bundesliagateam vor der Schlussrunde - Foto: Heinz Hinrichs
Schach-Endrunde22
Sonntag, 10.07.2022 / 17:49 Uhr

Stephan Buchal

Weltklasseschach im Wohninvest Weserstadion - vier Tage lang war Bremen die Schachhochburg Deutschlands. Diese großartige Veranstaltung wurde von Werder in Zusammenarbeit mit dem Niedersächsischen Schachverband kurzfristig ausgerichtet und es hat alles wunderbar geklappt. Die OSG Baden-Baden konnte nach hartem Kampf ihren 15. Deutschen Meistertitel sichern - Werders Bundesligateam belegte am Ende einen guten 6. Platz und verfehlte das abgestrebte Saisonziel "Europapokal" nur hauchdünn.

Turnierschach ist manchmal ein sehr harter Sport. Die 14. Runde der Bundesliga war am Samstagabend erst gegen 22:30 Uhr beendet, nach einem zwölfstündigen Arbeitstag - und am frühen Sonntagmorgen mussten die Cracks schon um 10 Uhr zur entscheidenden Schlussrunde antreten.

Werders Team steckte offensichtlich die knappe Niederlage der letzten Nacht und der "Absturz" auf den 7. Tabellenplatz noch in den Knochen. Zwar stand ihr Gegner, die Mannschaft vom SK König Tegel Berlin, schon als Absteiger fest und die Grün-Weißen waren entsprechend hoch favorisiert, aber der Wettkampf begann äußerst zäh. An keinem Brett konnten die Werderaner deutliche Vorteile erarbeiten, ganz im Gegenteil. Schon bald mussten sich die Fans, unter ihnen auch Marco Bode, Sorgen machen: Roeland Pruijssers war nach riskanter Eröffnungswahl schnell in Nachteil geraten und musste schon nach 21 Zügen die Waffen strecken. 1-0 für die Gäste. Zahar Efimenko konnte mit den weißen Steinen nur geringfügigen Vorteil aus der Eröffnung herausholen und die solide Verteidigung seines Gegners nicht erschüttern; eine Punkteteilung war die logische Folge. Noch schlimmer erging es Hannes Ewert bei seinem Bundesligadebut bei Werder. Nach vielen überzeugenden Leistungen in der 2. Bundesliga hatte er zurecht das Vertrauen von Captain Gennadiy Fish erhalten. Aber sein Gegner servierte ihm als Weißer eine sehr remisverdächtige Variante, Hannes wollte mehr! Doch sein Angriffsversuch war zu ambitioniert, er wurde ausgekontert und die Berliner gingen mit 2,5-0,5 in Führung.

Es sollte noch schlimmer kommen. Unsere Nationalspielerin Lara Schulze spielte eine saubere Partie, die auch im Remis enden sollte, aber bei knapper Zeit unterlief ihr im ominösen 40. Zug ein böser Fehler, der zu einem verlorenen Endspiel führte ... 0,5 - 3,5 aus unserer Sicht!

Und schließlich konnte auch unser französischer Vorkämpfer Laurent Fressinet den hartnäckigen Widerstand seines Berliner Gegners nicht überwinden und musste sich nach über 4 Stunden ins Remis fügen. Jetzt benötigten wir schon ein mittelgroßes "Wunder von der Weser", um wenigstens noch ein 4:4 zu erkämpfen. 

Den ersten Hoffnungsschimmer bescherte uns der 19-jährige Kirill Shevchenko. Werders neuer Spitzenspieler, im vergangenen Jahr mit der ukrainischen Mannschaft Europameister geworden, musste mittlerweile vor dem russischen Angriffskrieg fliehen und hat in Süddeutschland mit seiner Familie eine sichere Bleibe gefunden. Unglaublich, wie er unter diesen Bedingungen zu großartigen Leistungen auf dem Schachbrett fähig ist. Mit 6 Punkten aus 8 Partien ist er Werders erfolgreichster Spieler und einer der besten am Spitzenbrett in der Bundesliga.

Auch gegen den erfahrenen Berliner Großmeister Robert Rabiega gelang es ihm, nach der Zeitkontrolle in einer objektiv völlig ausgeglichenen Stellung immer neue Probleme zu stellen und minimale Fortschritte zu erzielen, bis er seinen Gegner bezwungen hatte.

Das nebenstehende Diagramm zeigt die Stellung nach dem 40. Zug ... auch ohne, dass Rabiega ein schwerer Fehler nachzuweisen wäre, muss er 24 Züge später die Partie aufgeben.

 

Der zweite Streich aus grün-weißer Sicht gelang Jari Reuker. Ihm war es im Mittelspiel gelungen, durch einen kleinen taktischen Trick einen Bauern einzusammeln, der ihm einen kleinen, aber andauernden Vorteil bescherte. Nur war dieser kleine Vorteil unglaublich mühsam zu verwerten. Jari kämpfte, versuchte dies und jenes, und schließlich, nach über 5 Stunden und 99 Zügen (!!) hatte er seinen Gegner im Turmendspiel bezwungen. Glückwunsch an Jari, der bei dieser Bundesligaendrunde mit 2,5 aus 3 zu Werders besten Punktesammlern gehört.

Schließlich war es unserm sympathischen englischen Großmeister Luke McShane vorbehalten, in der letzten Bundesligapartie dieser Saison das "Wunder von der Weser" zu vollenden. In einer wilden Partie, die ab dem 60. Zug von beiderseitiger Zeitnot geprägt war, spielte er bedingungslos, hartnäckig und riskant auf Sieg, um noch den Ausgleich zu schaffen. Gebannt verfolgte eine dichte Traube von Zuschauern dieses spannende Finale!

Luke hatte einen Läufer mehr, aber gegen 3 Bauern, und schließlich waren die gegnerischen Bauern schon bis g2 und h2 vorgerückt, während Luke versuchte, seinerseits mit Dame und Läufer Drohungen gegen den schwarzen König aufzustellen und seinerseits den freien c-Bauern voranzubringen.

Die Diagrammstellung ist nach dem 103. Zug von Weiß. Hier begeht der tapfere Berliner, der sich stundenlang so mutig gewehrt hatte, den entscheidenden Fehler. 103... Kh5 ist immer noch Ausgleich, aber mit 103.. Kh3? bekommt Luke mit 104.De6+ Kg3 105.Ld6+ entscheidenden Vorteil und zwingt Martin Bruedigam bald zur Aufgabe.

Großen Respekt für unsere Gegner aus Tegel - nur mit viel Kampfkraft und Ausdauer konnten wir schließlich ein glückliches 4:4 erreichen!

In der Endabrechnung erreicht Werders Bundesligateam mit 17:13 Punkten einen guten 6. Platz, punktgleich mit dem Fünften (SK Doppelbauer Kiel) und dem Siebten (Schachfreunde Berlin), nur durch die etwas schlechteren Brettpunkte getrennt.

Das ist immerhin eine deutliche Verbesserung im Vergleich zum 9. Platz in der Corona-Saison 2019/21. Auf jeden Fall eine sehr gute Bilanz für das gemischte Team aus gestandenen ausländischen Großmeistern und starken Nachwuchsspielern aus der Region. Und vielleicht reicht ja auch der 6. Platz für eine Teilnahme am diesjährigen Mannschafts-Europapokal?!

 

Der Titel ging auch diesmal wieder mit überragenden 30:0 Punkten ungeschlagen an den Serienmeister OSG Baden-Baden. Zur entscheidenden Begegnung mit der bis dahin ebenfalls ungeschlagenen Mannschaft vom SC Viernheim hatten sie mit Caruana, Rapport und Vachier-Lagrave gleich 3 Supergroßmeister der absoluten Weltklasse aufgeboten und den Wettkampf mit 5:3 gewonnen. Glückwunsch nach Baden-Baden, aber auch zum Vizemeister Viernheim!

Schließlich wurde auch unser Abteilungsleiter Dr. Oliver Höpfner offiziell von der Schachbundesliga für die Ausrichtung der Bundesligaendrunde und sein Riesenengagement bei der Vorbereitung und Durchführung der Veranstaltung gebührend gewürdigt. Vielen Dank, Oliver, für diese wunderbare Veranstaltung!

 

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