Nikolas und Jari in Cattolica, Italien

Schach
Freitag, 01.04.2022 / 14:35 Uhr

Jari Reuker

Für rund drei Wochen haben sich Nikolas und ich diesen März auf den Weg an den Küstenort Cattolica in Italien gemacht, um dort mit jeder Menge Schach in den Frühling zu starten. Ein netter, beschaulicher Touristenort, in dem wir im Hotel Kursaal direkt am Strand wohnten und spielten.

Organisator GM Pier Basso veranstaltet dort regelmäßig Turniere, welche vor allem mit ihrer starken Besetzung locken. So konnte man beim Grandiscacchi Open, dem ersten der drei Turniere, von denen ich (lebensmüde) alle und Nikolas das erste und letzte mitspielten, auf bekannte Namen wie Jobava, Nisipeanu oder Praggnanandhaa treffen. Gegen die letzteren beiden spielten Nikolas und ich tatsächlich bereits in der zweiten Runde, wenn auch mit magerer Ausbeute.
Zu erwähnen sei noch die Zeitkontrolle, die mit 90 Minuten plus Inkrement, aber ohne jeglichen Aufschlag nach dem 40. Zug, ungewohnt hart schlechtes Zeitmanagment bestrafte, wie ich etwa in meiner Partie gegen Nisipeanu bald feststellen durfte.

Für uns beide fing ging das Turnier daraufhin zunächst durchwachsen weiter: In der vierten Runde kam Nikolas in einem scharfen Najdorf gegen seine schwächere, aber gut vorbereitete Gegnerin nicht ohne Schaden aus der Eröffnung, während ich sogar mit Weiß gegen meinen jungen Gegner vollkommen unnötig eine von beiden Seiten schwache Partie verlor. Somit hatte kurioserweise bei Nikolas Weiß alle Partien gewonnen, ein Trend, der sich das ganze Turnier über fortsetzen sollte, und bei mir Weiß alle Partien verloren. Erst in der sechsten Runde gelang es zumindest mir, den Bann zu brechen und mit Weiß eine Partie zu gewinnen, nachdem ich in dubioser Stellung einer Zugwiederholung ausgewichen war. Da trennten sich nun unsere Wege: Nikolas verlor leider weiterhin stets mit Schwarz gegen zwei Großmeister, während ich eine schwierige Partie gegen den starken Großmeister Azarov halten konnte und gegen Werderkollege Lucas van Foreest nicht über ein Remis hinauskam. So erhielt ich trotz des mittelmäßigen Starts noch die Chance, in der letzten Runde meine letzte IM-Norm zu schaffen, wofür allerdings ein Schwarzsieg gegen den soliden GM Nikolov erforderlich war. Natürlich spielte ich meinen geliebten Königsinder und wir erreichten eine komplizierte Stellung, in der ich jedoch einen Fehler beging und gegen meinen sehr stark spielenden Gegner mit dem Rücken zur Wand stand.

Doch die Stellung blieb komplex und in Zeitnot tappte mein Gegner in eine nette Falle:

Nach dem einfachen 32.Lxe1! hätte ich an meiner Mehrqualität angesichts des vernichtenden Sf6+ wenig Freude gehabt. Stattdessen spielte Nikolov das ungeduldige 32.Sf6+?, was in das starke Damenopfer 32...Dxf6! lief. Nach 33. gxf6 schockierte ich meinen Gegner mit dem vernichtenden Zwischenzug 33...d2!, den er wohl übersehen hatte. Der Bauer ist nicht aufzuhalten, nach 34.Db3 Td8 35.Dd1 Sxg2 36.Kxg2 Le6 37.Lg3 Sc4! 38. Lf4 Sb2 verlor Weiß seine Blockadedame mit dicken Zinsen zurück und gab sich bald geschlagen.

 

So konnte ich also endlich die noch fehlende Norm abhaken und nun höhere Ziele anvisieren. Beim zweiten Turnier konnte ich also frei aufspielen. Ich startete gut in das GM Mix Turnier und führte das Turnier ungeschlagen mit 3,5/5 an, mit einem Weißsieg gegen Großmeister Dimitrov wäre eine GM-Norm nicht abwegig gewesen. Stattdessen erwischte ich einen schlechten Tag und verlor die Partie nach einem Eröffnungsfehler sowie auch die nächste Partie mit Schwarz gegen den Erstgesetzten. Am letzten Tag hätte ich zumindest noch eine weitere symbolische IM-Norm holen können, überzog aber eine gute Stellung und verlor schließlich gegen einen französischen IM.

Beim dritten Turnier, dem Primavera Open, war auch Nikolas wieder mit von der Partie, und sollte nach seinem durchwachsenen ersten Turnier nun groß aufspielen. In der zweiten Runde remisierte er mit dem jungen belgischen GM Daniel Dardha, um anschließend mit Schwarz den starken Großmeister Nesterov zu schlagen! Weiter spielte er mit GM Dvirnyy Remis und war nah dran, gegen IM Roshka seinen dritten Schwarzsieg zu holen. Was für ein Kontrast zum ersten Turnier, wo er noch jede Schwarzpartie verloren hatte! Letztlich sprang in dieser Partie jedoch nur ein Remis heraus, und so kam es, wie es kommen musste: In der sechsten Runde trafen Nikolas und ich aufeinander. Ich hatte nach einem guten Remis gegen den späteren Turniersieger GM Bernadskiy gegen Daniel Dardha verloren, mich danach aber wieder mit zwei Siegen herangekämpft. Ein Kurzremis, wie man sie zahlreich an den vorderen Brettern des Turniers beobachten konnte, kam in unserem Prestigeduell natürlich nicht in Frage. Nikolas eröffnete mit 1.d4 und ich überraschte ihn mit Benoni! Nikolas wählte den soliden Aufbau mit g3, war aber unvorbereitet und ich erreichte eine gut spielbare Stellung.

Dann ließ ich mich jedoch zu einem taktischen Manöver hinreißen, welches objektiv nicht gerechtfertigt war:

17...Sh5? Nikolas glaubte mir und erwiderte 18.Dg4?, die Computeranalyse zeigt jedoch, dass der schwarze Angriff nach 18.f5! Ld4+ 19.Kh1 Dh4 20.Se2! gefolgt von Sf3 nicht viel mehr als ein Strohfeuer gewesen wäre. Es ging weiter mit 18...Ld4+ 19.Kh1 Sdf6 20.Df3:

20...Lf5! 21.h3?

Es gab noch keinen Grund zur Panik, mit dem coolen 21.Tf1! Lg4 22.Dd3 hätte Weiß keinen Grund zur Klage gehabt. Nikolas wollte g4 decken, unterschätzte jedoch die Antwort: 21...Sg4! Schwarz stellt seine Figuren unbeirrt auf scheinbar gedeckte Felder! Hier ist nun bereits guter Rat teuer, die schwarze Dame kommt nach h4 und Weiß wird von der schieren Anzahl schwarzer Angreifer überwältigt. Er fand nichts besseres als 22.hxg4 Dh4+ 23.Dh3 Dxe1+ 24.Sf1 Df2! 25.Le3 Lxe3 26.Dxe3 Dh4+ 27.Dh3 Dxh3+ 28.Lxh3 Sxf4! und Weiß verlor die Partie.

So stoppte leider ich seinen Lauf, er verlor so wie ich auch die nächste Partie. Wir brachten das Turnier jedoch noch gut zu Ende, Nikolas holte am letzten Tag noch 1,5 Punkte und konnte so einen satten Elogewinn sichern, während ich noch gegen zwei Großmeister remisierte und damit eine symbolische vierte IM-Norm schaffte. Dies war mir wichtig, weil diese im Gegensatz zur vorherigen nicht mit Glück verbunden war.

Insgesamt war es eine schöne Schachreise, bei der wir nicht nur die Gelegenheit hatten, uns mit starken Großmeistern zu messen, sondern diese auch neben dem Brett kennenlernen durften und viel Spaß hatten.

Zum Abschluss für die taktisch stärkeren Leser noch eine kleine Aufgabe aus meiner Partie gegen den amerikanischen FM Park: Ich konnte mit Schwarz die weißen Drohungen entkräften und den schmalen Grat zum Sieg finden. Warnung: schwierig.

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