Wer liesst denn noch heutzutage?

Dieses Thema im Forum "Off Topic" wurde erstellt von Schmolle, 24. Juni 2008.

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  1. :tnx: Ich hab Illuminati zur Seite gelegt, als die Biologin Einstein durch Beobachten eines Thunfischschwarms widerlegt hat. :wall:

    Mittlerweile hab ich den Club der Diktatoren von Kästner hinter mir. Sehr zu empfehlen, wie alles vom guten Erich.
     
  2. Es ist neues Publikum anwesend, hereinspaziert! Gebäck ist im Schrank dahinten, Leselampen da vorne hinter dem thresen, dicht beim Hochprozentigem.

    Koschi wacht über den Genitiv wie über den Namen dieses Cafes, daß ist sehr rührig von dem Mann aus Hildes Heim :tnx:

    @Violante
    Wenn man mich so anständig bittet, dann will ich mal beiseite springen und gucken was ich aus der Liste so alles schon las. Viel ist`s nicht.

    Oscar Wilde: "Das Bildnis des Dorian Gray" - Sein bekanntestes Werk, I presume. Und wenn auch heute "altbaksch" klingend so ist es doch eine schöne Allegorie auf die (damals Londoner?) "Sittengesellschaft" wo der Schein mehr als das Sein war und ist. Würde heute wahrscheinlich in den Ski-Hochburgen des Jet-Sett spielen.

    Hermann Hesse: Der Steppenwolf Pfliiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiicht!
    Eines meiner uneingeschränkten Lieblingsbücher, das ich immer dann las, wenn ich mit der Welt fertig war. Die Lösung für das Problem des Protagonisten (oder meines wenn ich in so einen "Zustand" gerate) heißt Sex - das wäre vielleicht auch die Lösung der Probleme des Herrn Hesse gewesen - scheinbar aber nur, der war hochpotent und hat einige Kinder gezeugt. Mit der Libido war er nicht im argen.
    Das Buch handelt von einem der Gesellschaft überdrüssigen Menschen. Wie aber jeder "Deprimierte" so herausfindet: Ohne sie gehts auch nicht.

    Goethe "Rocky I und II" .
    Die Hälfte aller sich im Umlauf befindenen deutschen Sprichwörter scheinen aus diesem Werke zu stammen, die andere Hälfte aus "Götz von Berlichingen" :lol:
    "Zwei Herzen schlagen, Ach! in meiner Brust!" - sprachlich ist das alles aufs höchste austariert. Der erste Teil liesst sich wie ne Flasche Dornfelder perlt und ist auch ebenso bekömmlich. Der zweite Teil liesst sich wie sich "... and justice for all!" von Metallica anhört: Phänomenal: Takt, Rhythmus, Sprache, und alles das - aber es flutscht halt nicht. Meiner Meinung nach. Wie bei Kill Bill Eins und Zwei: Das was man dich denkt, was als Zweiter Teil kommt, war spannender als das was man im Zweiten Teil sah.
    Deswegen halte ich den Faust für überschätzt. Aber da es vom Freiherrn war und der "Werther" als "leichte Kost" verpönt ist, nimmt man halt "Faust". Dann braucht man sich mit Goethe nicht weiter abzuplagen. Es sei denn, man ist Chemiker oder Botaniker. Auf diesem Gebiet war er Experte!
    Lest lieber den "Werther", da hat man was, was heute auch zutrifft.
    Ach so: Das Thema (Faust!) ist: Midlife crisis und auch: zuwenig Sex!

    Bertolt Brecht: Dreigroschenoper
    Der einzige Kapitalismusgegner, der wußte wovon er sprach. Er übrigens schrieb nie von Sex, davon hatte er genügend und mußte da nicht noch drüber schreiben. Den Sex und den täglichen Beischlaf so kann mans ausdrücken, setzte er als "gegeben" voraus!
    Hier im Werke "Dreigroschenoper" macht der QuasiHeld eine Wandlung vom Strauchdieb zum Gangsterboss. Brecht beschreibt schön, das alle Bettler in Wirklichkeit organisiert sind - schaut mal in den Citys diese ganzen Musiker die entweder am Straßenrand musizieren oder in den Straßenbahnen es tun -. Die müssen Leihgebühren für ihre Instrumente (wenn sie Muskiker sind) oder ihre Prothesen (wenn sie einen auf Krüppel/Versehrter machen) zahlen!

    Davon schreibt Brecht in seiner Dreigroschenoper. Ach ja: Mackie Messer kommt auch drin vor! :D Vertont mit der Musik des Kurt Weill der Theaterklassiker des beginnenden 20ten Jhdt. Bei Brecht war ich mir nie sicher, ob er die "bösen" Kapitalisten nicht insgeheim für tolle Hechte hielt, bzw. seine Kapitalismuskritik nur vertheaterte, um die Bräute flach zu legen! :D

    Ungelesen bei mir rum stehen:
    Dumas "Graf von Monte Christo",
    Leo Tolstois "Anna Karenina",
    Franz Kafkas "Gesammelte Werke" inkl. "Brief an den Vater" und auch
    Storms "Gesammelte Werke".

    Die Liste ist ansonsten nicht schlecht.

    Was ich vermisse sind:
    "Herr der Fliegen"
    "Der alte Mann und das Meer"

    Bücher, die ich las wg. Schule und wofür ich dankbar bin:
    "Die Physiker" von Friedrich Dürrenmatt. Er ist komischer als Max Frisch. Deswegen, trocken wie Staub, habe ich nach "Stiller" nichts mehr von ihm gelesen, Frisch jetzt.
     
  3. I can't see any sense in accusing somebody for merely following his nature which in Deans case meant - try to drag out anything of life that it is capable to contain. Klar macht er Fehler, handelt oft unbedacht und rücksichtslos - wenn man schon die Moralkeule über ihm schwingen will; aber doch nicht vorsätzlich, um andere zu verletzen oder auszunutzen sondern weil seine Interessen einfach an einem bestimmten Punkt in eine andere Ricthung driften. Er ist nicht in der Lage oder dafür gemacht, ein bürgerliches Leben zu führen. Aber wo ist da eine Schuld? Ist das, was er im einzelnen will weniger wert, als das was die andern wollen, also Sal, Marylou oder Camille, die Gesellschaft? Und sind die andern nicht genau so rücksichtslos, kaputt und korrupt? - Marylou wird in San Fran sogar Nutte, und das auch nur, weil sie nicht verhungern will.
    Es ist immer das selbe Spiel: man macht einzelne für Handlungen verantwortlich und konstruiert aus ihnen ne Schuld, ohne dabei Empathie walten zu lassen - vielleicht ist man dafür zu beschränkt. Aber was zu der Schuld führt und sie bedingt, sind nicht die Deans sondern das System oder Milieu, in dem sie stehen, mit dem sie nicht klarkommen und das Marylou zwingt, ihren Körper als Ware feilzubieten, nur um denselben zu erhalten. Das ist doch des Pudels Kern.
     
  4. Der Graf von Monte Christo mag aus heutiger Sicht etwas umständlich wirken, aber es ist die wundervolle Geschichte eines Mannes, der sich seiner Rache nicht blindwütig hingibt, sondern sich ihr mit Bedacht und Sorgfalt widmet.

    Kafka war schon im Deutschunterricht mein Favorit, weil er einen unglaublich fruchtbaren Acker für Interpretationsdebatten aller Art bietet. Darüber hinaus war ein ein hochtalentierter Sprachkünstler, und vor allem die Verwandlung lebt von einer originellen Ausgangsidee.

    Den Schimmelreiter von Storm fand ich großartig, auch wenn es keine reine Unterhaltungslektüre ist.

    GWG Niedersachse
     
  5. Döblin fand ich quälend, würde ich nicht empfehlen für unbeschwerte Gemüter - nur aus historischem Verantwortungsbewusstsein zu lesen.

    Dostojewski schreibt für Masochisten (wie mich einst:D). Würde ich an deiner Stelle sieben Siegel drauf legen und nur aufmachen, wenn Du deiner selbst ganz sicher bist.

    Der Graf von Monte Christo ist ein wunderbares Buch, auch über weite Strecken traurig aber spannend und die guten gewinnen.

    Die Toten Seelen ist ein Fragment. Die Idee stammte von Puschkin, Gogol hat sich dran versucht und ist (u.a.) an der Umsetzung zerbrochen. Ursprünglich sollten's drei Bücher werden aber im zweiten Manuskript (das auch größere Lücken hat) bricht das Buch ab. Gogol hat die zweite Fassung davon wenige Tage vor seinem Tod verbrannt. Auch traurig aber stilistisch großartig, mit viel feinem Spott und Komik. Wer Kafka mag, kommt auf Sicht auch an Gogol nicht vorbei.

    Ulysses selbst nicht gelesen, nur Auszüge. Ziemlich abgehoben und "wichtig" aber für viele Leute, die es gelesen haben, so ne Art Buch der Bücher. Stellenweise sehr skurril und experimentell. Sehr dick. kein 0 8 15.

    Kafka inhaltlich ebenfalls belastend. Sprachlich sauber wie kein anderer. Die Verwandlung sollte man anprobieren. Dann bei Interesse den Prozess nachlegen.

    Proust? Viel Spaß!:D

    Schlink ist mittelmäßiger Scheiß. Wird nur wegen der KZ-Problematik gelesen.
     
  6. Kink

    Kink

    Ort:
    Am Meer
    http://www.shelfari.com

    Sehr schöne Seite. Habe noch nicht viel herumprobiert, aber bei der "advanced search" findet man nicht alles, aber vieles! Optisch sehr gut gemacht.
    Mein Nutzername ist Kink...

    Edith:
    War doch Scheiße. Kontrolliert von Amazon. Mieses Archiv (Amazon halt).
     
  7. @frimaire
    Da sind wir wieder bei der Fortsetzung des "Beatnik" - hier "Versuch einer Tyypologie" des "Menschen vom Schlage Dean Moriarty"

    - Schuld ist das letzte was ich einem Menschen, vor allem einen literarischen angedeihen würde.
    Genauso wenig wie die Gesellschaft schuld an Dean hat hat Dean Schuld an der Gesellschaft. Er sucht sich seine Gesellschft selber aus, wie jeder/jede. Und darin gedeiht er. Oder er sucht solange ne Gesellschaft bis er die für ihn passende gefunden hat. Und bis er sie fand mußte er rastlos umherziehen und eindrücke gewinnen. Und wenn ihm etws langweilte dann teilte er das ohne Umschweife mit.
    "Better to burn out, then t fade away!" Könnte ihn gut beschreiben.
    Und wer sich wie Sal so lange auf ihn einlässt, obwohl er ihn leid ist (eigentlich) der hat se nicht alle und ist Masochist.
     
  8. Immer wieder gerne lese ich "Unterwegs" von Jack Kerouac, "Grün ist die Hoffnung" (sehr zu empfehlen!) und "Willkommen in Wellville" ... eigentlich fast alles von T.C. Boyle.
    Moers ist auch immer wieder gut.

    Eines der schlechtesten Bücher, die ich jemals gelesen habe (zum Glück nur ausgeliehen): Meteor von Dan Brown: schlecht geschrieben und fachlich völlig daneben.
     
  9. Man fragt sich, "arum konnte Dan Brown nur so ein erfolgreicher Schriftsteller werden"?

    von T.C. Boyle ist mir noch nichts in die Pfoten gekommen.

    Was macht für dich "Unterwegs" so interessant, Phila? Ich will zwanghaft die "Beatnik" Diskussion wieder hier haben, `dammte Currysch***e! :D
     
  10. emilia galotti und den vorleser kannst du dir schenken, violante. das sind halt bücher, die sich klasse analysieren lassen. spaß beim lesen ist für mich was anderes (also ein anderer sprachstil vor allem). dorian gray hatten wir ja schon mal ;)

    über den schimmelreiter hatte ich mich glaube ich im alten forum schon mal ausgelassen. unglaublich, dass man das siebtklässler lesen lässt. kein wunder, dass (angeblich?) heute weniger kinder lesen ;)
     
  11. Tatte

    Tatte

    Ort:
    OWL
    den vorleser musste ich auch mit 14 oder 15 in der schule lesen, finde ich auch sehr untauglich für das alter... aber selbst jetzt würde mir das buch nicht gefallen...
     
  12. eine Bitte: Kann der Fred-Titel bitteschön editiert werden? 'liest' wird mit einem 's' geschrieben. Jedes Mal, wenn ich das 'liesst' sehe könnte ich wahnsinnig vor Augenkrebs werden.

    Danke
     
  13. ess macht mich trotzdem wahnsinnig :wild:
     
  14. Violante

    Violante

    Ort:
    OL
    Wow, sehr schön. Danke für die Antworten, allen von euch. Schmolle hat mich jetzt seeehr neugierig auf den Steppenwolf gemacht. "Der Graf von Monte Christo" scheint ja auch einigen zu gefallen, den werde ich mir dann ebenfalls zu Gemüte führen. Ansonsten wurde mir eben "Effi Briest" empfohlen, und, das sagt die romantisch-weibliche Seite in mir, "Jane Eyre" werde ich wohl auch lesen. ;) Und vielleicht noch Leichtes für zwischendurch. Zum Glück sind Ferien. Endlich wieder Zeit, um die Nase in ein Buch zu stecken. :)
    Ach so, @Schmolle: Wie sieht's aus mit 'nem kuscheligen Sofa? :)
     
  15. Violante

    Violante

    Ort:
    OL
    Hm, und @Koschi: Ich bitte doch darum, dass der Herr weiterhin so vehement den Genitiv verteidigt. Denn wegen dieses Problemchens dreht sich mir auch des Öfteren der Magen um. :) Genitiv und überschätzt? :mad:
     
  16. @Eisendieter
    ..... wie bitte?....Ach so......mhmmmmmm. Ich geb das mal in die Abteilung P, die prüfen das dann :lol:


    @Violante
    Den ruheraum findest du im Durchgang, gegenüber dem Locus, da wo die notorischen Dauerraucher und immer-Trinker sind.

    @Eisendieter II
    Wahnsinn und Augenschmerz sind vernachlässigenswert in Bezug auf den schönen, richtigen Threadtitel - sagt Abteilung P.
    Kann man nichts machen :tnx:
     
  17. Auf der Suche nach einem "Klassiker", bin ich beim stöbern durch die Bücherkiste auf George Orwells "1984! gestoßen. Sehr interessant, auf welche Ideen Orwell schon Mitte der 40er Jahre gekommen ist...

    Edith meint: Mein Gehirn führt mir in letzter Zeit öfter den Trick vor, George Orwell in Oscar Wilde zu verwandeln... Ich habe noch keine Begründung gefunden...
     
  18. @Rucksackfranzose
    1984 war Orwells unmittelbare literarische Antwort auf Jalta (wo die "Blöcke" des "kalten Krieges" quas politisch festgezurrt wurden). Seine Kommunismuskritik von "Farm der tiere" war beinahe noch einen Tacken prophetischer (allein das unblutige Ende des Sozialismus sah er nicht voraus). Tatsächlich ist 1984 wieder top-aktuell, will sagen schein so zu sein.

    Wilde in den 40er Jahren? Welcher Wilde? Welche 40er Jahre? Oscar Wilde war da schon die radieschen begucken, wenn ichs recht betrachte.
    Richtig ist allerdings auch hier, daß er sehr moderne Ansichten pflegte.