Krieg in Europa

Dieses Thema im Forum "Off Topic" wurde erstellt von Nicole, 2. März 2022.

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  1. Es scheint, als ob sich Gerüchte verbreiten, wonach 'Putins Koch', Jewgeni Prigoschin (russisch Евгений Пригожин), der Chef der Söldnergruppe Wagner, sich bereit macht, Neu-Zar Vladi P. zu 'beerben' - aber wie gesagt, Gerüchte.
     
  2. Flutlicht82

    Flutlicht82 Guest

    Mittlerweile haben sie als Amtsprache nur noch ukrainisch.
    Andere Beispiele zeigen, dass Staaten friedlicher miteinander umgehen, wenn die bestehenden Amtsprachen weitergeführt werden.
    Die Belgier, Schweizer können gut mit französisch leben. In Kanada klappt es mit Englisch/Französisch. In Finnland ist auch schwedisch eine Amtsprache.
    Die Tatsache alleine, dass in der Ukraine überhaupt die Streichung einer Amtssprache durchgesetzt wurde, weist darauf hin, dass zumindest ein Teil der Ukrainer Dreck am Stecken hatte.
    Mir ist trotzdem schon klar, dass in einem Krieg viel mehr unschuldige Menschen sterben.
     
  3. Nie im Leben. Putin hat einen Kreis Geheimdienstler und Petersburger Gefolgsleute um sich geschart. Selbst wenn er morgen tot umkippt wird niemand von außerhalb da rein kommen denke ich. Prigoschin mag sich eine Privatarmee im Auftrag des Kreml leisten können. Aber ich vermute, er ist genau wie der Pitbull aus Tschetschenien, am Ende nur eine unbedeutende Randfigur die man nach Belieben ersetzen und beseitigen kann.
     
  4. Belgien ist vielleicht nicht das allerbeste Beispiel in den letzten Jahren ;)
     
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  5. Das beängstigendere an dem Gerücht (angeblich Aussagen eines FSB-Angehörigen) finde ich die Erwähnung eines möglichen Bürgerkriegs - wenn ich bedenke, welche Narren da u.U. Zugriff auf Atomwaffen kriegen könnten...
     
  6. Auch das halte ich für wenig wahrscheinlich. Für einen Bürgerkrieg müssten die Bürger schon mal aufstehen wollen. Gegen wen? Für was? Welche beiden Gruppierungen stehen gegeneinander und haben Waffen? Geheimdienste und Militär dürfen zur Zeit ziemlich eines sein. Söldner um Wagner herum....lächerlich wenig, im Vergleich. Und eben Söldner. Wenn morgen Putin tot umkippt und die Nachfolge nicht geregelt ist, dann gibt es sicherlich Gerangel zwischen Moderaten und Falken. Aber Bürgerkrieg? Nie im Leben.
     
  7. Bremen

    Bremen Moderator

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    Was soll das heißen, dass zumindest ein Teil der Ukrainer Dreck am Stecken hatte? Wie auch immer, das was du hier schreibst ist eine sehr einseitige Sichtweise. Denn diese übersieht u.a.:
    https://www.sueddeutsche.de/kultur/...ischen-das-ende-der-russischen-welt-1.4724287

    Dieser im Dezember 2019 erschienene Artikel ist im Übrigen u.a. auch durch die Darstellung lesenswert, dass diese Entwicklung wie auch schon im v.g. Zitat erwähnt keinen politischen Charakter hat, sondern sie die Renaissance der nationalen kulturellen Identitäten in den ehemaligen Sowjet-Republiken ist. Eine, die selbst vor Russlands Verbündeten Weißrussland nicht Halt macht, wo die Nationalsprache u.a. mit Buchübersetzungen ins Weißrussische gefördert wird. Und trotzdem profitiert das Russische von dieser Entwicklung:
    Putin als Herrscher im Kreml sah/sieht das jedoch anders, suhlt Russisch in der Opferrolle und polterte entsprechend los:
    Wenn das Thema nicht so ernst wäre, könnte man dies Ansicht Putins mit "Ich mach mir die Welt, widde widde wie sie mir gefällt." kommentieren.
     
    Dennis81 gefällt das.
  8. Bremen

    Bremen Moderator

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    Klar. der Zusammenhang ist mehr als deutlich. Aber dieser Krieg hat schwerwiegendere Folgen als steigende Energiepreise - auch wenn diese besonders für Menschen mit geringem Einkommen sowohl direkt als auch indirekt sehr einschneidend sind.

    Denn während wir hier im Warmen in unseren bequemen Sesseln sitzen und über steigende Energiekosten jammern, spielen sich wegen diesem völkerrechtswidrigem Überfall auf die Ukraine nur ca. zwei Flugstunden von hier dramatische Szenen ab: Menschen sterben, trauern bei eigener Lebensgefahr um Angehörige, haben bei Eiseskälte kein Dach über dem Kopf bzw. verfügen in ihrer Unterkunft nur eingeschränkt oder gar nicht über fließend Wasser und wärmende Energie. Kinder können nur eingeschränkt oder nicht zur Schule gehen und wurden/werden noch mehr als Erwachsene von diesem russischen Einmarsch traumatisiert, Ebenso mangelt es dort an medizinischer Versorgung und Nahrung - letzteres übrigens nicht nur in der Ukraine, denn auch für Nahrungsversorgung in Afrika hat dieser Krieg fatale Folgen. https://www.handelsblatt.com/politi...r-ukraine-krieg-afrika-bedroht-/28229528.html Und spätestens der Vorfall an der ukrainisch-polnischen Grenze letzte Woche hat uns vor Augen geführt, dass die Sicherheitslage in Mitteleuropa seit dem Ende des Kalten Kriegs nicht mehr so fragil war wie sie es aktuell gerade ist. Schwerwiegende Folgen wie diese sollten die Themenschwerpunkte Kernpunkte dieses Threads sein.
     
    sergeant_mumm gefällt das.
  9. Ich weiß nicht, ob das hier schon einmal verlinkt wurde. Es gibt auf NDR Info eine Sendung respektive Podcast namens "Streitkräfte und Strategien". Der war bis zum Beginn des russischen Aufmarsches nahe der ukrainischen Grenze ein wenig eingeschlafen, ist seitdem aber aus gegebenem Anlass wieder sehr populär.
    Wirkliche Fachleute, sowohl von der journalistischen als auch der militärischen Seite her, diskutieren ohne parteipolitische Scheuklappen eben über "Streitkräfte und Strategien". Wer etwas - fast - ungefärbtes Hintergrundwissen anhören möchte, dem sei dieser Podcast sehr ans Herz gelegt.
     
  10. Eigentlich war der nicht eingeschlafen sondern lief einfach "nur" wöchentlich. Ich habe den immer gern gehört. Natürlich war der auch deutlich besser als er wöchentlich lief, weil besser recherchiert. Aber der ist trotzdem noch gut.
     
  11. Diskutieren da aktuelle Militärs oder Ex-Generäle / Offiziere die gerade mal ihre Meinung kundtun wollen?

    Ich muss ehrlich gesagt sagen, dass ich teilweise schockiert über Aussagen von deutschen Ex-Militärs bin. Die liegen in ihren Einschätzungen fast immer so weit daneben, dass ich mich wirklich frage, ob die uns im V-Fall hätten schützen können. Beispiele sind vielfältig, aber die meisten sind noch so indoktriniert von einer angeblichen russischen Weltmachtsphantasie, dass da kaum klare Erkenntnisse zu gewinnen sind.

    Gut finde ich persönlich den Bundeswehr Youtube Kanal unter dem Stichwort "Nachgefragt"

    https://www.google.com/search?q=youtube+nachgefragt+bundeswehr
     
  12. Da stimme ich Dir zu. Es wird keinen Bürgerkrieg in dem Sinne geben. Sofern es sehr schnell wieder eine Führung im Kreml gibt, sollte Putin tot umfallen.

    Ein paar grundsätzliche Gedanken.

    Russland ist anders. In Russland gab es schon immer die krasse Diskrepanz zwischen dem zivilisatorisch durchaus Europa vergleichbarem Gebiet St- Petersburg - Moskau, mit Abstrichen noch einige andere Großstädte (Nishni Novgorod, Jekaterinburg u.a.). Alles andere ist JWD, wie der Berliner über Brandenburg sagt. Janz weit draußen. Quasi unwichtig, aus Sicht der Regierenden in Moskau bzw (früher) St. Petersburg.

    Als unmittelbare Folge davon ist es der Bevölkerung dieses JWD-Bereichs auch recht egal, wer in Moskau oder sonstwo die Geschicke des Landes lenkt. Sie hoffen, dass sie übersehen werden und ihr Leben weiterleben können. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich für einen Großteil der Bevölkerung auf dem Land, zumal in Sibirien, seit der Politik von Perestrojka und Glasnost von Gorbatschow kaum etwas geändert hat. Vielleicht wurde das Geld weniger, vielleicht gab es einen neuen Fernseher. Aber das wars auch weitgehend. Die Führung des Landes in Moskau war und ist weit weg. Und kümmert sich (hoffentlich) nicht um die einzelnen Russen, damit die ihr "Ding" machen können. Ihre kleinen halblegalen Dinge, die sie so gerade eben über Wasser halten.
    Die Bevölkerung in diesen Gebieten hat gelernt, dass wenn sie aufmucken, wenn sie irgendwann einmal protestieren, dass dann jemand in Moskau sie wahrnimmt und Soldaten schickt. Meistens welche aus völlig anderen Regionen des Riesenreichs, die keinerlei persönliche Beziehungen zu denen im betreffenden Gebiet haben. Und dass es danach schlechter wird. Für alle. Also sagen sie nichts.

    Anders die Bevölkerung in den Großstädten westlich des Ural und einigen Großstädten in Sibirien. Dort hat sich seit Gorbatschow der Anfang einer Zivilgesellschaft entwickelt. In der Sowjetzeit war das so gut wie unmöglich, da hat der KGB das unterdrückt. Seit Gorbatschow gibt es in diesen Regionen viele soziale Aufsteiger. Und zwar nicht wie zur Sowjetzeit die Nomenklatura, diejenigen, die sich durch vorbildliches sozialistisches Verhalten hervorgetan haben und deswegen, als loyale Untertanen, befördert wurden. Sondern solche, die aufgrund eigener Leistung etwas erreicht haben und aufgestiegen sind. Etwas, das weder zur Zarenzeit noch zur Sowjetzeit jemals stattgefunden hat, zumal in einem solchen Maßstab.
    Also hat Putin, nachdem er sich selbst als Nachfolger vom Suffkopp Jelzin installiert hat, dafür gesorgt, dass es von diesen Aufsteigern einige ganz weit nach oben geschafft haben. Allerdings zu dem Preis, dass sie danach von Putin abhängig wurden. Es war sozusagen anfangs eine Art Pakt zwischen Putin und "seinen" Oligarchen. Dann gab es mal einige dieser Oligarchen, die sich von Putin abgewandt haben. Diese fanden sich entweder im Exil wieder, zumeist irgendwo im Westen, oder in einem Gulag / Gefängnis, vorzugsweise irgendwo in Sibirien. Chdorkowski beispielsweise.
    Auf diese Weise hat Putin die Anfänge der Zivilgesellschaft zunächst eingebremst und später zurückgefahren. Auch durch "seinen" Geheimdienst. Der für Putin so etwas wie eine Heimat, ein zuhause ist. Wenn man sich Putins Werdegang ansieht, ist er im Sowjetsystem durch diesen Geheimdienst groß geworden. Von einem Niemand, der auf der Straße lebte, zu einem KGB-Offizier und schließlich zum großen Zampano im Kreml. Eigentlich eine bemerkenswerte Karriere, die eben durch diesen Geheimdienst möglich wurde, durch das gesamte "gute alte" Sowjetsystem. Deswegen ist für Putin auch der Zusammenbruch dieses Systems, hervorgerufen durch Gorbatschow und anschließend befeuert durch den Westen, der großte Wendepunkt der Geschichte gewesen. Putin denkt nicht in einem rationalen historischen Rahmen, er denkt in einem persönlichen Rahmen. Was für ihn persönlich bedeutsam ist.

    Wir haben also in Russland einerseits die Städte / Großräume und andererseits das Land. In den Städten wäre eine Art "Aufstand" denkbar, müsste dort allerdings zahlreiche Widrigkeiten überwinden. Beispielsweise den omnipräsenten Geheimdienst. Auf dem Land halte ich einen konzertierten Aufstand für undenkbar. Vielleicht mal eine einzelne Teilrepublik, von denen Russland mehr als genug hat. Aber dass alle Regionen zeitgleich, quasi gemeinsam gegen die Regierung aufmucken? Nein, sicher nicht.

    Bleibt also ein Putsch. Dazu müsste es aber eine Struktur innerhalb entweder des Militärs geben oder beim Geheimdienst, die sofort nach der Absetzung Putins bereit wäre zur Übernahme der Verantwortung. Und da kann ich nur spekulieren, aber ich denke, dass ich nicht so weit daneben liege, wenn ich Putin unterstelle, dass er gemäß dem alten Motto der Lateiner "Divide et impera" anwendet. Er gibt einzelnen Personen genug Macht, damit sie quasi "befriedigt" sind und nicht ans Putschen denken. Wenn er dieses entsprechend streut und gelegentlich mal jemanden, der sich als "sicher" betrachtete, degradiert oder gleich ganz tötet - "Russische Fensterstürze" - wird er genug Unsicherheit in diesen Kreisn hervorrufen, dass niemand dem nächsten voll übern Weg traut. Ergo: Es gibt keine Struktur, die sich gegen ihn wendet, weil es immer einen Spion geben könnte. Das passiert fast lehrbuchhaft in vielen Autokratien.

    Wenn jemand Putin absetzt, dann nur durch einen Mordanschlag. Und das ist schwer genug zu bewerkstelligen, wie das Attentat von Stauffenberg am 20. Juli 1944 zeigte. Übrigens auch damals nicht durch jemanden aus der Ziviligesellschaft, sondern von Militärs.

    Die Parallelen zwischen Putin und Hitler sind (leider) frappierend. Nur dass Putin noch seine "Fünfte Kolonne" hat, die hier im Westen für ihn arbeitet. Und sowohl ihn als auch seine Politik hochjubelt, um im nächsten Atemzug die Mär von der "unterwanderten Ukraine" zu verbreiten, die ja wohl sowas von entnazifiziert gehöre. Einfach weil Putin nicht akzeptieren kann / will / darf, dass sich in der Ukraine eine Zivilgesellschaft gebildet hat, die - sicherlich von westlichen Werten mitgeprägt - auch in den Städten Russlands dazu geführt hat, dass sich dort so etwas wie eine Zivilgesellschaft bilden könnte. Einfach dadurch, dass diese Gesellschaft eine Art Vorbild für diese Regionen Russlands war.
    Und genau deswegen haben auch die baltischen Staaten solche Angst vor Putins Russland. Und nicht nur die. Auch in der Republik Moldau und in Georgien ist die stete Bedrohung durch einen Einmarsch allgegenwärtig.

    Fazit: Nein, es gibt keinen Volksaufstand. Zunächst weil niemand so etwas auf größerer Ebene organisieren könnte (Nawalny ist ja in Gefangenschaft). Zweitens weil es immer noch zu viele Nutznießer dieses Systems gibt bzw eines Folgesystems. Und drittens ist den Menschen auf dem Land das ganze ziemlich egal. Sie wollen einfach weiterleben und nicht zu viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
     
    Zuletzt bearbeitet: 22. November 2022
    Lübecker, CK82 und MrDave7 gefällt das.
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    Lübecker

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    Es ist richtig, was Du schreibst, in unserem Fall ging es aber nun mal um die Energiepreise. Das es darüber hinaus wesentlichere Themen gibt, bleibt davon unbenommen. Gerade Afrika zeigt deutlich auf, was in der Welt nicht stimmt.
     
  14. Unterschiedlich. Meiner Auffassung nach ist der Hauptunterschied zum "Lodenmantel-Geschwader", das sich bei Maischberger, Illner, Lanz und Co. die Klinke in die Hand gibt, der folgende: Die beim NDR-Podcast befragten Fachleute gieren nicht nach Aufmerksamkeit und lassen nach meinem Dafürhalten auch nur selten eine parteipolitische Präferenz durchblicken. Und sie werden auch nicht bezahlt, um irgendwen nach Gusto der Moderierenden in die Pfanne zu hauen, wie ich das leider viel zu oft erleben bei den Fernsediskussionen.

    Danke für den Hinweis @FatTony, dass der Podcast nie ganz eingeschlafen war. Nur fristete er halt ein recht bescheidenes Dasein in den letzten Jahren.
     
  15. Lübecker

    Lübecker

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    Das, was Du schreibst, entspricht in weiten Teilen meinen Vorstellungen und Erfahrungen von/mit Russland. :top:
     
  16. Und genau hier bin ich mir nicht so sicher. Putin hat zuletzt gezeigt, dass er bedauerlicherweise ziemlich genau das meint was er auch sagt. Und seine historischen Ausführungen sollte man daher mMn. ernst nehmen. Dort stellt er eben gerade nicht sich selbst in den Mittelpunkt (bzw. nur mittelbar) sondern das Größere Ganze. Das was durch die UdSSR noch eines war (und vorher im Zarenreich).

    Das sehe ich aus diversen Gründen nicht so. Der Hauptgrund ist aber das mMn. primäre Motiv. Bei Hitler war es Rassenwahn und Antisemitismus. Putin ist weder Rassist, noch Antisemit noch geht es ihm um Lebensraum für das russische Volk. Man kann Putin zwar in gewisser Weise geplanten Völkermord unterstellen. Aber wie gesagt ist das Motiv ein gänzlich anderes. Für ihn sind Weißrussen und Ukrainer nicht minderwertig. Im Gegenteil: Sie sind gemeinsam mit den Russen ein Volk. Eine Kultur. Ein Ursprung. Das ist ein fundamentaler Unterschied zur Ideologie von Hitler und kann mMn. nicht ansatzweise verglichen werden. Es passiert ja auch kaum noch im öffentlichen Diskurs.

    Wenn es danach ginge: Hitlers 5. Kolonne existierte sowohl im Britischen Königshaus, als auch in breiten Schichten der US-Bevölkerung, Presse und Politik. Henry Ford war ein einflussreicher Industrieller und wohl einer der größten Antisemiten überhaupt. Wer soll denn im Vergleich heute die 5. Kolonne sein, die sowas auf die Beine stellt:

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    Diese Typen waren sogar Hitler und Goebbel suspekt, aber das war dennoch mal eine ganz andere Qualität als heute. Ich wäre daher, nicht nur deswegen, sehr vorsichtig mit Hitlervergleichen. Der Mann ist in vielerlei Hinsicht ein Superlativ und Putin....nicht. Wir sollten Letzteren daher nicht größer machen als er ist.

    Auch in Moskau, St. Petersburg und anderen russischen Großstädten hat sich eine Zivilgesellschaft gebildet. Das ist nicht das Problem. Das Problem für Putin ist tatsächlich die Tendenz seit ca. 2007 die Ukraine von Russland "abzukoppeln". Wie weiter oben schon beschrieben: Man sollte einfach mal anfangen zu glauben was der Mann sagt. Er hat es im Grunde immer gesagt, nur hat das niemand ernst genommen, ihn ernst genommen. Selbst westliche Politiker sehen ja mittlerweile, dass man im Umgang mit der Ukraine große Fehler gemacht hat. Nun ist es zu spät (im Übrigen hat Putin selbst nun dafür gesorgt, das sich das Thema Ukraine-Russland auf Jahrzehnte erledigt hat).

    Nawalny kämpft gegen Korruption und ist selber ein Nationalist. Der dürfte in diesem Fall wohl eher auf Seiten Putins stehen (das hört man in Deutschland natürlich nicht gerne, aber Nawalny ist was er ist). Selbst wenn er frei wäre, er ist keine Führungsfigur wie das hier bei uns manche Presseorgane und Politiker gerne hätten. Und vor allem hat er keine Verbündeten.

    Viertens: Weil es genug Russen gibt, die mit Putins Politik einverstanden sind. Die stürzen ihn eher weil er den Krieg verliert, nicht weil er ihn führt (hier haben wir eine Parallele zum Attentat auf Hitler 1944: Dessen Motivation war nicht das Jahrhundertverbrechen sondern der verlorene Krieg und der Versuch vom Reich zu retten was noch retten ist). Auch hier sollte man sich mal von dem Gedanken verabschieden, Putin würde sein Volk unterjochen und zu 100% die Wahlen fälschen. Es sind unfaire und nicht freie Wahlen nach unserem Verständnis, aber es gibt da genug glühende Putinverehrer.
     
    Zuletzt bearbeitet: 22. November 2022
    Flutlicht82 gefällt das.
  17. Er möchte schon "Historisches" erreichen, nämlich seine eigene Gleichstellung gegenüber seinen großen Vorbildern, Zar Ivan I. und Peter I. Und Stalin. Sie alle haben einen historischen Platz in Russland, der bittesehr auch nicht beschmutzt werden soll. Siehe das quasi-Verbot die Stalinzeit aufzuarbeiten.
    Wenn ich davon spreche, dass er nicht in rationalen historischen Dimensionen denkt, sondern in seinen eigenen Dimensionen, dann meine ich genau das. Er sieht genau das, was er sehen will. Die Heldenverehrung gegenüber Zar Ivan I. (hierzulande besser bekannt als "Ivan der Schreckliche), Zar Peter I. und Stalin. Die negativen Seiten ihrer jeweiligen Regentschaften sieht er nicht bzw blendet sie aus. Also eine sehr selektive historische Sichtweise. Und eben nicht rational-objektiv.

    Ähm... Putin ist Rassist. Das russische Reich steht für ihn über allem Es gibt keine Ukraine, keine anderen Staaten auf dem Gebiet, das mal russisch war. All die anderen Völker sind dem russischen Volk unterzuordnen.
    Ich gebe Dir recht, dass er diese rassistische Karte nur indirekt ausspielt. Er hat nicht diesen Rassenwahn, wie Hitler ihn hatte. Aber wenn wir dabei sind, das was Putin sagt ernst zu nehmen - da bin ich auch voll bei Dir - dann müssen wir auch ernst nehmen, was er über die Ukraine sagt. Dass sie als unabhängiger Staat kein Existenzrecht habe. Und dass die Ukrainer den Russen gegenüber untergeordnet wären. Sie dürfen sich gerne den Russen unterwerfen, aber gleichgestellt? Nein.

    Ganz frappierend habe ich persönlich es erlebt, als Tschetschenien die Bestrebungen hatte, unabhängig zu werden, was letztlich zu Jelzins Fall und Putins Aufstieg wurde. Die Tschetschenen werden von den Russen als "Die Schwarzen" bezeichnet. Und auch für die Ukrainer nutzen Russen herabwürdigende Ausdrücke: Khokhol (nach einer von den in der Ukraine ansässigen Kosaken stammenden Haartracht) oder "Banderiten" (nach dem Anführer eine ukrainisch-nationalistischen Miliz, die im zweiten Weltkrieg Kriegsverbrechen verübte, v.a. an Polen und Juden).

    Okay, den Vergleich ziehe ich zurück. Allerdings ähnelt das Verhalten Putins in Teilen dem Hitlers. Ob es ein allgemeines Verhalten von Autokraten ist oder ob Putin (ungewollt?) Hitler nachahmt, kann ich nicht beurteilen.

    Nach meiner Ansicht ist auch die Zivilgesellschaft an sich ein Grundproblem für Putin. Eine Zivilgesellschaft entwickelt sich quasi von alleine weiter, unkontrolliert. Wenn man einer Gesellschaft den allgemeinen Zugang zu Medien gibt, wird es irgendwann auch Bewegungen geben, die nicht von oben kontrolliert werden können. Und dieser Mangel an Kontrolle ist für Putin ein Gräuel. Das gab es in "seinem" Sowjetstaat nicht, da wurden solche Bewegungen gleich unterdrückt, bevor sie sich wirklich festsetzen konnten.

    Es ist sicherlich richtig, dass "der Westen" (wenn man diesen Terminus nehmen will) im Umgang mit der Ukraine Fehler gemacht hat. Allerdings hat sich eben die Gesellschaft der Ukraine entwickelt. Mit Ansätzen zu einer Zivilgesellschaft. Und hat sich damit aus Putins Sicht falsch entwickelt, auch weil durch den im Vergleich zu Russland leicht höheren Lebensstandard ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen wurde.

    Nawalny ist sicherlich genausowenig ein "lupenreiner Demokrat" wie Putin. Allerdings glaube ich nicht, dass er keine Verbündeten hat. Anderenfalls würde er nicht noch ständig irgendwelche Nachrichten aus seinem Gefängnislager nach draußen bekommen.
    Nawalny ist einfach ein politischer Widersacher Putins, der ihn unter Umständen ersetzen könnte. Und jetzt als quasi negatives Role-Model für Putin dient, der Nawalny alles mögliche Negative andichtet, unter anderem vom Westen beeinflusst zu sein und letztlich ein Handlanger des Westens zu sein. Also das Feindbild, das Putin braucht, um seine Propaganda zu füttern.

    Es gibt noch eine Parallele zum Hitlerreich, aber auch zu jedem anderen autokratischen Reich: Die Propagandamaschinerie. Es wird vermutlich tatsächlich so sein, dass viele Einwohner Russlands mit dem Kurs von Putin einverstanden sind. Was aber eben auch an der Propaganda liegt. Es gibt einfach keine anderen Informationen in vielen Teilen Russlands. Es gibt die auf die eine oder andere Weise vom Staat kontrollierten TV-Sender, daneben vermutlich noch Radiosender, die ähnlich funktionieren. Eine Medienpluralität gibt es nicht. Und wenn, wird vom Staat darauf hingewiesen, dass diese anderen Sender "Ausländische Agenten" seien. Also böse und bloß nichts glauben.
    Deswegen trifft Dein vierter Punkt zu. Wenn man tagaus, tagein mit der teilweise auch unterschweilligen Propaganda gefüttert wird, glaubt man sie irgendwann vermutlich, jedenfalls teilweise. Das ist eben so in einer Art Nachrichtenblase. Und wenn dann halt Wahlen anstehen, gibt es letztlich nur zwei Alternativen: Entweder ich wähle denjenigen, der in den Medien als das große Oberhaupt unserer großen Nation auftritt. Oder ich wähle einen Kandidaten, der gegen das ganze Gebilde ist, angefangen vom Staatsoberhaupt bis hin zur Nation, und der alles stürzen will. Da dann den "Bösen" zu wählen, zumal wenn die Wahl nicht wirklich geheim ist, dürfte vielen zu kompliziert sein. Sie machen ihr Kreuz bei der Einheitspartei und gut ist.
     
  18. Puhh....also mal eine Analogie: Die erste Strophe des Deutschlandliedes wird von vielen missverstanden, weil sie von "Deutschland über allem" spricht (dabei ist die Strophe aus einem ganz anderen Grund verboten). Du machst hier gerade den gleichen oder ähnlichen Fehler. Zu den restlichen Sätzen habe ich bereits was geschrieben und verlinkt.

    Eins muss ich aber sicherlich relativieren: Gegenüber zb Kaukasiern (dein Beispiel mit Tschetschenien) verhält sich Putin mit Sicherheit mindestens abfällig, wenn nicht rassistisch. Aber nicht gegenüber Weißrussen und Ukrainern. Das kann er in seiner Ideologie nicht.

    Das ist falsch. Sie sind gleich. In jeder Hinsicht. Er redet als Russe, klar. Aber er redet nicht von Wertigkeit. Explizit nicht. Und wenn du da was anderes siehst, dann lies noch mal nach was Putin selbst schreibt.

    Wladimir Putin verehrt(!!) die Kosaken geradezu! Und mit Bandera verbindet er nicht(sic!) die Ukrainer, sondern ihre Regierung (vergl. den ultrarechten Ahmadinedschad damals, der angeblich alle Israelis ins Meer treiben wollte). Er macht da einen ganz klaren und eindeutigen völlig unmissverständlichen Cut! Sein ganzer verquerer Angriffskrieg ist auf dem Mythos aufgebaut, dass eine Bande rechtsradikaler Banderisten die Ukraine und ihre Bevölkerung gekapert hat. DAS ist das Narrativ vom ersten Tag an.

    Wo ahmt er ihn denn nach? Das konnte mir bisher niemand so recht beantworten. Russische Zaren, wie von dir genannt, ok. Aber Hitler? Tut mir leid, das ist für mich so ein deutscher Komplex nach dem überall Hitlers herumrennen (Hussein, Milosevic, Assad, Putin, um nur mal die jüngsten Beispiele zu nennen). Für mich dient das mittlerweile der Beruhigung des nationalen Gewissens, denn wenn es überall kleine Hitlers gibt, dann kann der echte ja doch nicht so einzigartig und damit böse gewesen sein.

    Zumindest kann sie es werden. Es gibt in Russland eine Art stillschweigenden Pakt: Putin hält sich aus dem Leben der Menschen heraus, die Menschen halten sich aus der Politik heraus (gilt hoch bis zu den Oligarchen). So lange der Lebensstandard gut ist und langsam ansteigt, ist das ein Kompromiss mit dem alle leben können. Problematisch wird es, wenn das ins Wanken gerät. Wann gab es die größten Proteste in Moskau? Wegen Nawalny? Nein, wegen der Renten. Vielleicht ist das Generationenproblem der viel profanere Grund für einen kleinen Ablenkungskrieg als das Geschichtsbuch? Putin wäre nicht der erste, der aus rein innenpolitischen Gründen einen Krieg in einem fremden Land vom Zaun bricht.

    Der Witz ist, dass die Ukraine ja im Vergleich zu Russland der noch größere Failed State war. Putins Vorwurf geht aber auch hier nicht an die Ukrainische Gesellschaft. Wie jeder gute Autokrat beschuldigt er externe Kräfte das Land gegen dessen Willen in eine Richtung zu zerren. Und in diesem speziellen Fall kann er dafür leider sogar Beispiele bringen (G.W. Bush beim NATO Summit 2007 natürlich als Kronzeuge, aber auch das gesamte Verhalten und die Ignoranz der EU in der Thematik). Das Assoziierungsabkommen hätte die EU niemals verfolgen dürfen, nie! Im Grunde hat Peter Scholl-Latour in seinen Büchern exakt vorher gesagt was passieren wird und warum es passieren wird. Aber derartige Menschen mit Weitsicht gibt es nur noch wenige und noch weniger gibt es die auf solche Menschen hören.

    Mit Verbündete meine ich Mächtige in Politik und Militär, nicht sein Team das es schafft einen Wärter zu bestechen. Wie gesagt, Nawalny geht gegen Korruption im Land vor. Und das zielt nicht exklusiv auf Putin ab sondern auch gegen dessen Umfeld (lange Zeit sogar vor allem gegen sein Umfeld) und die anderen Oligarchen im Land. Es wundert mich ehrlich gesagt, dass Nawalny überhaupt noch am Leben ist und das nicht (nur) wegen Putin.

    Der erste Teil des Satzes stimmt, dem zweiten kann ich nicht zustimmen. Boris Nemzow war ein Widersacher der Putin unter Umständen hätte ersetzen können. Nemzow war ein echter Oppositioneller, ein Politiker, einer der sich offen gegen die Politik Putins gestellt hat und nicht nur gegen die Korruption im Lande.

    Ganz genau. Und deswegen braucht es auch keinen Hitlervergleich. Die Kontrolle über die Medien steht im kleinen Einmaleins von jedem Diktatorenhandbuch.
     
  19. Hm. Das hatte ich anders mitbekommen. Wobei sicherlich auch einiges durch den Filter der Medien verlorenging, was die Bedeutung seiner Worte zwischen den Zeilen betrifft. Ich habe nur die russische "gefühlte Überlegenheit" gegenüber den anderen Völkern, die im Sowjetreich versammelt waren, im Ohr. Und da gibt es eben eigentlich für alle diese Völker mehr oder weniger stark derogative Ausdrücke.
    Und da Putin von vornherein die "Entnazifizierungskarte" gespielt hat, hatte ich das damit auch verbunden. Aber so wie Du es beschreibst, macht es durchaus Sinn. Hast Du irgendwo eine Quelle dazu?

    Ich wollte zu keinem Zeitpunkt Hitlers "Einmaligkeit" relativieren. Er war und bleibt mit einiger Sicherheit einmalig in der Weltgeschichte. Trotz all der anderen "Monster" an der Spitze diverser Staaten, etwa Stalin oder Pol Pot.
    Das Nachahmen war auch etwas ironisch gemeint. Hitler hat ja den Beinamen "GröFAZ" weg. Und Putin hat sich mit seiner "Spezialoperation" einen ähnlichen Beinmanen verdient. Selbst wenn er nicht jeden Panzer, jeden Truppentransporter oder jedes Artilleriegeschütz selber irgendwo stationiert hat. Und was die Propaganda betrifft, so spielt Putin ähnlich wie Hitler die gleiche Klaviatur, selbst wenn ihr Auftreten natürlich grundverschieden ist, ebenso ihre grundlegende Motivation. Aber das ist natürlich kein "Nachahmen" in dem Sinne, dieses Mittel beherrscht jeder Autokrat. Oder sollte es. Putin und Hitler haben es nur jeweils (fast) perfektioniert, weswegen es vergleichbar ist.

    Zur Zivilgesellschaft noch so viel: Ansätze gab und gibt es, aber diese wurden und werden sehr streng kontrolliert. Es ist keine Zivilgesellschaft im westlichen Sinne, frei im Handeln und Denken.
    Was Nawalny betrifft: Nein, seinetwegen gäbe es sicherlich keine Proteste. Allerdings denke ich, dass er schon auf ein gewisses Netzwerk zurückgreifen kann. Und ich denke auch, dass dazu das ehemalige Netzwerk von Nemzow partiell jedenfalls dazugehören würde. Frei nach dem Motto: Alles ist besser als Putin. Aber das ist reine Spekulation von mir.
     
  20. Man kann es sicherlich auch als Geschichtsaneignung oder Assimilation oder so beschreiben. Beides wäre dann aber wieder nicht aus einem Überlegenheitsgefühl, eher im Gegenteil.

    Der Link in Beitrag #978. Zum Beispiel:

    In ihrem Appell von 1649 an den König des polnisch-litauischen Commonwealth forderten die Zaporizhian Host, dass die Rechte der russisch-orthodoxen Bevölkerung respektiert werden, dass der Woiwode von Kiew russisch und griechischen Glaubens ist und dass die Kirchen Gottes verfolgt werden gestoppt werden. Aber die Kosaken wurden nicht gehört.
    ...
    In einem Brief an Moskau im Jahr 1654 dankte Bohdan Khmelnytsky Zar Aleksey Mikhaylovich dafür, dass er „das gesamte Saporischsche Heer und die gesamte russisch-orthodoxe Welt unter die starke und hohe Hand des Zaren“ genommen hatte. Das bedeutet, dass sich die Kosaken in ihren Appellen sowohl an den polnischen König als auch an den russischen Zaren als russisch-orthodoxes Volk bezeichneten und definierten.
    ...
    Hochrangige Kosakenoffiziere, die dem Adel angehörten, erreichten in Russland die Höhe der politischen, diplomatischen und militärischen Karrieren. Absolventen der Kiew-Mohyla-Akademie spielten eine führende Rolle im kirchlichen Leben.
    ...
    Das polnisch-litauische Commonwealth brauchte nie die ukrainische Kultur, geschweige denn die Autonomie der Kosaken.

    Das sollte so auch nicht gemeint sein, ich hab schon bewusst von "Deutsch" geschrieben.

    Dem würde ich relativ hart widersprechen. Die Chinesen und Nordkoreaner rund um ihren Personenkult haben es ähnlich perfektioniert, aber die Russen?

    Aus gegebenem Anlass: Das haben 1979 auch die Iraner gedacht, von Reformern über Konservativen bis zu Religiösen. Ausgang bekannt. Ich glaube (oder vielleicht: hoffe?), dass niemand je diese Lektion in "alles besser als das" vergisst.