WOL History Thread

Dieses Thema im Forum "Off Topic" wurde erstellt von zoggg, 4. April 2010.

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  1. Moin.


    Wir diskutieren hier im Off-Topic über Musik, über Literatur, über Politik, neuerdings auch über Religion.
    Ich würde gerne noch die Diskussion und den Austausch über historische Themen hinzu nehmen.

    Leider habe ich gerade keine Problemfrage parat, um die Diskussion zu starten. :D

    Deswegen fange ich mal anders an:
    Wer itneressiert sich hier für Geschichte? Wer verbringt wie Zeit mit welchen Themen? Macht da jemand beruflich was mit?
     
  2. Ich hatte Geschichte als 4tes ABI-Fach letztes Jahr!;)
    Ich interessiere mich schon dafür...aber eher für die deutschen Kaiserreiche und die jüngere Geschichte, weil ich es sehr interesssant finde, wie in Deutschland alles so entstanden ist wie es heute ist. Die Geschichte anderer Länder ist naja...teilweise schon interessant, aber mit der deutschen Geschichte kann man sich einfach viel besser identifizieren, weil man quasi mit drin steckt! Geschichte als Schulfach fand ich vor allem in den letzten Jahren immer richtig toll, weil man sehr viel für die heutige Politik mitnehmen konnte!

    Und wenn hier noch ein thematischer Aufzieher für den Fred fehlt...2ter Weltkrieg war scheiße. (Jetzt geht's hier bestimmt richtig ab!:lol:)
     
  3. Na dann viel Spaß!:lol:
    Edit: Ein Freund von mir hat das auch im Nebenfach und sagt das gleiche!:lol:
     
  4. Ich hatte Geschichte auch als Abifach. Werde es, trotz der Leserei, studieren, allerdings auf Lehramt :), wobei sich die Module da nicht wirklich groß von den 'Bachelorn' unterscheiden.
    Ich finde auch die jüngere Geschichte sehr interessant, allerdings bin ich auch von den verschiedenen Revolutionen, die es gab fasziniert. Auch wenn einige gescheitert sind, wie z.B. die in Deutschland 1848. Aber was wir der franz. Revolution zu 'verdanken' haben, finde ich erstaunlich ;)!
     
  5. Ich habe Geschichte in Hamburg als Profilkurs und damit als erstes Prüfungsfach, da ich nach diesem Schuljahr zurück nach Niedersachsen wechsel, werde ich es dann normal als Leistungskurs haben.
    Eine Chefredakteurin vom Hamburger Abendblatt hat mir mal gesagt, dass man mit einem Geschichtsstudium auch sehr gute Chancen im journalistischen Bereich hat, gleiches gilt selbstverständlich für Politikwissenschaft.
    Ich finde Geschichte gerade unter meinem derzeitigen Lehrer wahnsinnig interessant, wo wir viel mehr analysieren und hinterfragen als im Geschichtsunterricht, den ich aus der Mittelstufe kenne. Quelleninterpretationen können so ziemlich spannend sein und detailliertere historische Zusammenfassungen als das bloße Auswendiglernen von den wichtigsten Daten ist jetzt endlich auch Kern des Unterrichts.
    Studieren werde ich Geschichte evtl. als Nebenfach zur Politikwissenschaft.
     
  6. Ist es denn wirklich so viel? Natürlich haben sich damals Tendenzen modernen Staatswesens angedeutet, Repuublikgedanken waren endlich in Europa verankert. Das ist einiges. Aber ich glaube, ganz soviel wie es klingt, muss es nichtmal sein. Relevanter sind da mMn eher 2 Aspekte, die das ganze historische einrahmen: Die Aufklärung und der Code Zivil.
     
  7. Biju

    Biju

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    Da stellt sich für mich wieder eine Frage, die wir auch im Unterricht behandelt haben und immer noch nicht eindeutig klären konnten: Gilt die Französische Revolution als Vorläufer der modernen Demokratien oder doch eher der Diktaturen des 20. Jahrhunderts? Hat sie die Demokratie oder die Diktatur begünstigt? Mich würde mal interessieren, was ihr dazu denkt.
     
  8. Das Besondere an der Revolution ist ihre Einzigartigkeit in der Geschichte. Auch, weil sie wohl beides begünstigt hat.
    Es war nämlich nicht die erste Demokratie nach der Antike, aber ist dafür durch eine Revolution von unten entstanden. Die gesamte Revolution hat so eine Eigendynamik entzündet, die wie eine losgetretene Lawine losgwalzt ist und ein Chaos zurückgelassen hat, von dem wiederum der Alleinherrscher Napoleon profitiert hat und im Namen von Revolutionsidealen, manche wurden beibehalten, manche abgeschafft, die Alleinherrschaft durchgesetzt hat. Das Wirken Napoleons trifft uns noch heute, die Beschlüsse des Wiener Kongresses waren bis zu den Weltkriegen aktuell.
    Diktaturen des 20. Jahrhunderts haben sich aber auch was von der franz. Revolution abgeschaut. Meistens, da sie selber durch eine Revolution an Macht erlangten, oder weil mit Schein Revolutionen die Herrschaft legitimiert werden sollte. (z.B. Hitlers Begriff von der "deutschen Revolution").
    Wo es zu gravierenden Eingriffen in den Staatsapperat kommt, müssen diese auch durchgesetzt werden, oft mit Gewalt. Da sind sich Diktaturen gleich.
    Lenins Vorbild war Fouquier-Tinville, der Vorsitzende des Revolutionstribunals, der viele (oft vermeindliche) Konterrevolutionäre hat hinrichten lassen. Deswegen ist schon an beiden Gedanken etwas dran.
     
  9. Biju

    Biju

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    Lüneburg
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    Aber nicht nur Napoleon, sondern auch die Terrorherrschaft unter den Jakobinern, vorrangig natürlich Robespierre als Spitze dieser Gruppierung, hat mMn die späteren Diktaturen stark beeinflusst. Es handelt sich dabei ja praktisch um den Prototyp einer totalitären Herrschaft weniger bzw. gar nur einer einzigen Person, die es in diesem Maße und dieser Härte so bisher wahrscheinlich nicht gegeben hat. Napoleons diktatorische Politik scheint ja auch ganz offensichtlich als Vorbild oder Inspiration für beispielsweise die nationalsozialistische Herrschaft Hitlers zu dienen. Die Jakobiner, wie du ja schon angesprochen hast (Fouquier), haben den Kommunismus in Russland sehr beeinflusst.

    Zum demokratischen Modell sagt z.B. der Historiker Eberhard Schmitt, dass der Nationalstaat Frankreichs der meistkopierte Staatstypus des 19. und 20. Jahrhunderts überhaupt sei. Dass Demokratien bzw. auch Republiken heutzutage die häufigste Staatsform zumindest in unseren Breiten ist, kann, denke ich, nicht bestritten werden. Die Frage ist halt nur, ob wirklich die Französische Revolution den Grundstein dafür gelegt hat, da ja bereits andere Demokratien (z.B. gibt es das britische Parlament als demokratische Institution seit 1707, also knapp 100 Jahre vor der Revolution in Frankreich) existierten.

    Ich finde diese Frage sehr interessant, da man wohl insgesamt auch nicht sagen kann, dass die Französische Revolution das eine mehr begünstigt hat als das andere. Von daher möchte ich mal wissen, wie ihr darüber urteilen würdet.
     
  10. Ich hab mich ja auf die Jakobinerdiktatur und ihren Terrorapparat bezogen.


    Der Unterschied zu England: Die Glorious Revolution kam 1689 zu Wiederherstellung des Parlamentes von oben. Das würde ich nicht unterschätzen. Ansonsten war Frankreich aber Vorreiter. Und weil sie die ersten waren, stellt man automatisch Rückbezüge zu denen her.
    Relevant ist auch das Nationalbewusstsein, das sich ausgeprägt hat. Man unterlag in Europa nicht mehr Königsdynastien, sondern war auf einmal ein Staat. Auf der einen Seite die Franzosen, auf der anderen Seite europäische Nationen, die von den revolutionsimpulsen berührt wurden, aber später auch mit Napoleon oder gegen seine Fremdherrschaft kämpften.
     
  11. Toll... Ihr habt alle viel mer Ahnung als ich, und jetzt komm ich mir mit meinem Beitrag von vorhin schon wieder doof vor :)!

    Aber ich finde schon, dass wir der franz. Revolution was zu verdanken haben, vlt. nicht so viel, aber halt ein bisschen ;)!
    Und ich finde es schon 'etwas großes' wenn man bedenkt, dass es so erst zu 'republikanischen Denken' kam.
    Was die Aufklärung betrifft, bin ich der Meinung, dass darin der 'Ursprung' liegt, ich denke, dass ohne sie die Revolution so nicht statt gefunden hätte oder zumindest nicht so 'früh'.
    Und der Code Zivil kam doch auch nur dadurch zustande, dass es diese Revolution gab, oder hab ich das falsch verstanden?

    Wie gesagt, ich hab gerade das Gefühl, dass ich alles was ich 'gerlernt' hab, schon wieder vergessen hab, wenn ich so lese, was ihr alles wisst!
     
  12. Ja, das gehört auch zusammen. Revolution baut auf der Aufklärung auf, der Code Civil knüpft da auch an, wenn der Zusammenhang auch etwas verschachtelter ist. Der geht ja auf Napoleon zurück, und nun müsstest du fragen, wie direkt Napoleon aus der Revolution hervorgegangen ist, was eine extra Diskussion wäre.

    Und als angehende Studentin brauchst du dein Licht nicht so unter den Scheffel zu stellen.
     
  13. Würde ich nicht ganz so sehen, die aufklärerischen Gedanken haben die Anteilnahme an der Revolution sicher beeinflusst, aber grundsätzlich konnte sie nur durch die Folgen von Ludwig XVI.s Misswirtschaft und einer Menge Paranoia entstehen, wovon dann auch die Jakobiner profitierten. Ähnlich wie später in Russland die Bolschewiki an die Macht kam. Deswegen denke ich auch, dass Diktaturen von diesen Revolutionen überhaupt erst geprägt wurden, Hitler oder Stalin haben nichts anderes und auch von keiner anderen Ursache begünstigt getan, als es bei den Jakobinern oder der Bolschewiki der Fall war.
    Mit den jeweils gemäßigten Fraktionen der Girondisten und der Menschewiki hätte es ebenfalls eine Ablösung des traditionellen Herrschertums gegeben, worauf dann womöglich ohne Umschweife die Demokratie gefolgt wäre. So gab es erstmal Diktaturen, die z.B. laut Robespierre notwendig für Freiheit und Demokratie gewesen wären. Und diese Diktaturen wurden durch nichts anderes ermöglicht als durch das Charisma von Personen wie eben Robespierre oder Lenin, später dann von Hitler und Stalin. Alle diese Herrschaftsperioden waren geprägt von einer Angst- und Hassschürung, ohne die sie nicht funktioniert hätten.
    Um auf die französische Revolution zurückzukommen: Während ebendieser hat selbstverständlich auch die Aufklärung und die damit verbundene "Vernunft" eine Rolle gespielt, die Trennung von Staat und Kirche war ja ein wesentliches Element für das heutige Demokratieverständnis. Und so finde ich es auch sehr schwer zu beurteilen, ob Robespierres Machtergreifung nun notwendig war für eine Freiheit, wie wir sie heute ausleben können, oder ob es vielmehr die Voraussetzung für zukünftige totalitäre Herrscher war. Ich tendiere eher zum Letzteren.
     
  14. Wobei die Revolution nicht auf die Jakobinerdiktatur zu beschränken ist, sondern vorher und nacher noch Einiges passiert. Deswegen spricht man auch von 3 Revolutionen, und da steckt viel vom modernen Staat drin.

    Und die Aufklärung hat noch weitaus mehr Merkmale eines modernen Staates. Denke nur mal an Montesqieu.
     
  15. Achso, ich dachte, ihr habt euch hier auf die Terrorherrschaft beschränkt.
    Dass gerade Montesquieu, Rousseau und auch Lafayette viel für die heutigen Verfassungen und Rechte geleistet haben, steht natürlich außer Frage. Ich zweifle aber an, ob Robespierre tatsächlich für den weiteren Verlauf (wobei eine zielgerichtete Revolution natürlich immer schwierig bis gar nicht zu vollziehen ist) der französischen Revolution und darüber hinaus für die heutige Demokratie notwendig war, denn diesen Anspruch hatte er selbst ja und er hat die Revolution nicht unwesentlich vorangebracht. Auf der anderen Seite war es natürlich der Grundstein für Diktaturen und staatliche Willkür.
     
  16. Es ging schon um die Bedeutung der gesamten Revolution für moderne Staaten. Nur auf den Terror bezogen hast du mMn sicherlich nicht Unrecht.
     
  17. the_sheep

    the_sheep

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    Na sowas, hier wird man ja dazu angeregt, ganz alte Sachen aus dem Hirn wieder vorzukramen!

    Aus meinem Geschichte/Sozialkunde-LK ist mir besonders eines in dem Zusammenhang noch in Erinnerung (und ich hab nochmal ein bisschen nachgelesen): die Theorie der "volonte generale" von Rousseau.

    Während der frz. Revolution und später in anderen Diktaturen wurde von den Herrschenden vorgegeben (oder auch wirklich geglaubt?), diesen abstrakten Willen zu kennen und zum Wohl des Volkes durchzusetzen - mit irgendeinem höheren Ziel, z.B. dem Kommunismus.

    Das ist Gott sei Dank nicht die Basis für die modernen Demokratien...
     
  18. Ich denke man muss einfach sagen, dass es ohne die Aufklärung nicht zu einer Revolution gekommen wäre, da es ohne die mit der Aufklärung verbundenen Politisierung des gesellschaftlichen Lebens wohl eher zu einem Herrscherwechsel gekommen wäre. Betrachtet man die Probleme des Ancien Regiem losgelöst von der Aufklärung so fällt auf, dass Parallelen zu China vorhanden sind und dort ist dies meist in einem Herrscherwechsel, aber halt in keiner neuen Staatsform, gemündet. Zieht man nun die Aufklärung hinzu, fällt auf das diese die Grundlage für die aktive und dauerhafte politische Beteiligung gelegt hat. So konnte es zu einem Staat mit einer Verfassung kommen die den Wünschen einer Schicht entsprach. Man darf allerdings nicht vergessen, dass die Verfassung längst nicht allen Interessen entsprach und ein Großteil der Bevölkerung(die Bauern) auch einfach nach der Abschaffung des Feudalismus ruhig war.
     
  19. Der "volonte generale" geht davon aus, dass aus dem einzelnen Willen aller Bürger sozusagen ein Gemeinschaftswille entsteht, der repräsentiert werden sollte. Deswegen sollen Bürger sich auch nicht in Clubs und Parteien engagieren (Widerspruch zu heute - und auch zur Revolution), da kein "Parteienwille" den einzelnen Wille ersetzen soll.
    In Der Theorie baut sich der Wille sozusagen von unten nach oben auf. Bei der bloßen Theorie bleibt das dann aber auch.
    Klar, dass damit mancher Herrscher versucht, seine Macht zu legitimieren.


    @thehauser: Was ist mit der chinesischen Revolution von 1911? Von der Monarchie zum Parlament. Das war schon ein starker Umbruch, auch im System. Und auch der war durch Wirren im Land mitbegründet.

    Unterschied zu Frankreich: Die chinesische Revolution war nicht bürgerlich, sondern größtenteils von militärischen Eliten ausgehend. Die chinesische Bürgerschicht gab es kaum, das meiste waren unpolitische Bauern, die sich darum kümmern, wie man über den Winter kommt, aber nicht darüber, welche Kaiser gerade wie tausend Kilometer entfernt regiert. Ähnliches bei den Bürgern.
    Diese wurden politisiert. In China durch die liberalen Freihhäfen, in Frankreich aber durch die Aufklärung, die mehr durchdrungen hat - weil es auch mehr zu durchdringen gab. Die Aufklärung war ein rein europäisches Phänomen.

    Übrigens könnte ich mir im Abi solche Vergleiche zwischen den beiden Revolutionen (evtl auch mit der "deutschen Revolution") sehr gut vorstellen.
     
  20. Klar, war die Aufklärung nicht der alleinige Grund, so hab ich das auch gar nicht gemeint... Ich meinte nur, wie du ja auch geschrieben hast, dass sie einen starken Einfluss hatte, ich hab mich da vlt. ein bisschen ungeschickt ausgedrückt. Andererseits darf man, mMn ihre Rolle auch nicht zu sehr unterschätzen. Meiner Ansicht nach ist die 'Aufklärung' nicht nur auf Grund der Politk Ludwig XVI. entstanden, sondern wegen des schon lange vorherrschendem System des Absolutismus. Der Grundgedanke der 'Aufklärung', ist doch die 'Vernunft' oder besser gesagt, die Aufforderung, dass der Mensch selbst nachdenkt, über z.B. was richtig und falsch ist und nicht mehr alles annimmt, was die Kirche oder der Herrscher vorpredigt. Ohne diese 'Umstellung' der Einstellung, hätte die Revolution so mMn nicht statt finden können.