Sehr viel gelernt, sehr viel erreicht

Saisonfazit und Ausblick von Florian Kohfeldt

Freut sich, zahlreiche Saisonziele erreicht zu haben: Cheftrainer Florian Kohfeldt (Foto: nordphoto).
Profis
Mittwoch, 22.05.2019 / 16:01 Uhr

Notiert von Markus Biereichel und Yannik Cischinsky

Die Saison ist vorbei, die Mannschaft im wohlverdienten Urlaub. Nur in der Trainerkabine stecken Florian Kohfeldt und seine Assistenz-Coaches noch ihre Köpfe zusammen. Saisonanalyse lautet das Motto für die letzte Arbeitswoche vor der Sommerpause. Mit WERDER.DE hat der Cheftrainer über die 39 Pflichtspiele der Saison gesprochen, über erreichte Ziele, verpasste Chancen, über den bitteren Pokalabend, Punkteausbeute, Kaderplanung und die kommende Vorbereitung.

Florian Kohfeldt über…

…das Erreichen des Saisonziels „internationales Geschäft“: „Das Gesamtbild der Saison ist ein gutes. Es herrscht aber keine totale Zufriedenheit, weil wir nach Europa wollten. Dieses Ziel hatten wir uns gesetzt und klar kommuniziert, da wollen wir uns jetzt nicht rausreden. Ich hätte gerne Ende Juli unser erstes Pflichtspiel bestritten. Deshalb herrschte am Samstag auch eine leichte Enttäuschung darüber, dass es am Ende der 8. und nicht der 7. oder 6. Platz geworden ist.“

…drei Ziele, die erreicht wurden: „Wir haben eine Menge anderer Ziele für die Saison formuliert, die teilweise untergegangen sind. Und die haben wir in weiten Teilen übererfüllt. Als erstes war ein großer Aspekt unserer Arbeit, dass wir die Gewinnerkultur im Verein implementieren und in der Mannschaft vorantreiben wollten. Das hat die Mannschaft unglaublich gut umgesetzt. Sie haben nie aufgegeben und sich zu keiner Saisonphase gehen lassen, auch nicht in Situationen, in denen es menschlich nachvollziehbar gewesen wäre. Die Jungs sind immer wieder zurückgekommen. Das finde ich bemerkenswert und ich glaube, davon werden wir noch lange zehren. Diese Saison war, um es abzuschließen, der Anfang von etwas.

Zweitens wollten wir wieder für eine Art und Weise, Fußball zu spielen, stehen. Wir wollten wieder das Gefühl wecken, da kommt Werder und alle wissen, wofür die stehen. Werder spielt nach vorne und mutig, arbeitet auf die eigene Torerzielung hin. Wir wollen mutig verteidigen. Unabhängig von der Grundordnung und taktischen Feinheiten, die variieren, stehen wir für etwas. Ich glaube, das haben die Fans honoriert.

Unser drittes Ziel war, grundsätzlich Spieler und insbesondere junge Spieler zu entwickeln. Auch dieses Ziel haben wir in meinen Augen übererfüllt. Es ist mir wichtig zu betonen, dass nicht wir als Trainerteam oder die sportliche Leitung die Spieler entwickeln, sondern sie sich. Sie nehmen das Angebot an, sich auf ein anderes Level zu begeben. Exemplarisch sind hier Milot Rashica, Maximilian und Johannes Eggestein sowie Josh Sargent zu nennen. Aber auch Theodor Gebre Selassie hat eine tolle Saison gespielt und Kevin Möhwald einen unglaublichen Sprung gemacht."

…die Punkteausbeute: „53 Punkte sind in meinen Augen wahnsinnig viel. Wir haben die starke Rückrunde aus der Vorsaison über eine komplette Saison bestätigen und in dieser Rückrunde sogar noch mal mehr Zähler sammeln können. Im Durchschnitt dieser drei Halbserien liegen wir immer über 25 Punkten. Das ist gut. Das zeugt von Konstanz und nicht von einer Spielplanabhängigkeit.“

Das nötigt mir Respekt ab und macht mich stolz
Florian Kohfeldt

…die Pokalsaison: „Wir behaupten immer, dass der DFB-Pokal für uns als Klub ein extrem wichtiger Wettbewerb ist. Diese Aussage haben wir mit Leben gefüllt - über Worms, Flensburg, dem emotional positiven Highlight der Saison in Dortmund, über Schalke und auch am Tag gegen Bayern. An diesem Tag hat Bremen und die Mannschaft unglaublich viel erlebt. Und wir haben unglaublich viel gelernt. Wie die Jungs in der Kabine nach dem Spiel miteinander umgegangen sind, in einem Moment mit extremen Frust und einem Stück Hilflosigkeit, weil das Ergebnis ein bisschen von außen herangetragen wurde, nötigt mir Respekt ab und macht mich stolz, Trainer dieses Teams zu sein. Wir sind dadurch stärker geworden. Wir haben dieses Jahr alles reingehauen. Ich würde die Pokalsaison als Erfolg bezeichnen.“

…den Rückhalt der Anhänger bei dem Prozess: „Die Fans und die Stadt haben in meiner Wahrnehmung das Gefühl, dass sich hier etwas mit einem klaren Plan entwickelt. Es ist schön, dass das honoriert wird. Dafür müssen wir, die für den Verein arbeiten, sehr dankbar sein. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Es hätte auch Bundesligastandorte gegeben, bei denen es am Samstag vielleicht Pfiffe gegeben hätte, weil das Ziel Europa nicht erreicht wurde. Hier sind die Leute aufgestanden und haben Respekt gezeigt. Das finde ich toll und bemerkenswert.“

…verpasste Chancen im Saisonverlauf: „Das kann ich ausblenden. Es stellt sich die Sinnfrage: Was bringt uns das jetzt noch? Bis Samstag haben die Mannschaft und das Trainerteam alles dafür getan, dass wir die Saison erfolgreich beenden. Seit Sonntag geht meine ganze Energie in die neue Saison. Es bringt nichts, darüber nachzudenken, ob wir gegen Hoffenheim das Hinspiel hätten gewinnen können oder nach dem 2:3 gegen Leverkusen hätten cleverer agieren müssen. Wir müssen über systematische Dinge nachdenken. Wo hat es uns der Gegner schwergemacht, unser Spiel zu spielen? Wann haben wir uns schwergetan? Nach einzelnen Spielen suche ich nicht mehr, das war während der Saison vielleicht mal der Fall. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit 'Piza' nach dem späten Ausgleich im Hinspiel gegen Nürnberg, in dem er sagte: ‚Das Spiel tut noch länger weh.‘ Das haben wir beide so empfunden. Du spürst die Momente als Fußballer, die nicht passieren dürfen. Da habe ich das am klarsten gespürt. Jetzt betrachte ich nur noch die kommende Saison.“

…die Kaderplanung für die kommende Saison: „Die Kaderplanung läuft ja schon seit Monaten. Wir sind da sehr gut aufgestellt und abgestimmt. Wir sind auf einem guten Weg. Wir wollen intensiv weiter an den einzelnen Spielern arbeiten. Wir werden auch kommende Saison bei den Investitionen und beim Gehaltsgefüge nicht zur den top zehn Vereinen in der Liga gehören. Das ist nicht schlimm. Darüber wird mich keiner klagen hören. Wir müssen einfach cleverer sein, klüger sein und Spieler sich entwickeln lassen.“

…die anstehende Sommervorbereitung: „Wir als Trainerteam machen nach dem Ende jetzt noch eine Woche Saisonanalyse und führen einige Gespräche. Da werden auch Hausaufgaben für uns für die wirklich freie Zeit verteilt. Wir werden uns ein paar Mannschaften im internationalen Bereich angucken, die die Analyseabteilung aufbereitet hat. Gibt es Dinge, die wir übernehmen können, die wir schon umsetzen? Dann gehen wir in den Urlaub. Es ist wichtig, zwei bis drei Wochen nicht in Bremen zu sein, mal raus zu sein. Wir werden uns als Trainerteam deutlich vor der Mannschaft treffen. Aus der guten Erfahrung des letzten Jahres heraus werden wir uns wieder außerhalb von Bremen treffen. Eine Art Workshop mit Spielidee und Trainingsphilosophie besprechen sowie Ablaufdetails der Vorbereitung. Die Vorbereitung ist eigentlich seit April durchgeplant.“

…die Wechselwirkung zwischen seinen Auftritten in den Medien und der Mannschaft: „Die Jungs nehmen wahr, wie über uns berichtet wird, und schauen, wie der Trainer damit umgeht. Ich bin, ob ich will oder nicht, das Gesicht, für das, was hier passiert. Deshalb muss ich mir klar sein, was ich tue und sage. All das hat eine Auswirkung auf die Kabine. Das wusste ich, bevor ich diesen Job hatte, aber es ist für mich dieses Jahr noch einmal deutlicher geworden ist. Mir war es beispielsweise unangenehm, die Auszeichnung als Trainer des Jahres zu bekommen, weil ich nicht im Mittelpunkt stehen wollte, für das, was hier passiert. Ich habe mir deshalb sehr genau überlegt, welche Aussagen ich treffe und wie eine Pressemitteilung dazu aussehen soll. Darüber denkt man ja nicht nach, bevor du Bundesliga-Trainer wirst.“

…Ziele für die neue Saison: „Es gibt immer Ziele, die abseits von Punkten und Toren liegen. Um konkrete Ziele zu benennen, ist es zu früh. Mir ist sehr wichtig, was die Mannschaft und alle, die drum herum arbeiten, transportieren. Wir hatten eine extrem gute Arbeitsatmosphäre in der Kabine. Die Mitarbeiter, nicht die Spieler, sind gerne zur Arbeit gekommen – von der Medienabteilung über die Zeugwarte bis hin zu den Wäschefrauen. Ich habe jeden Morgen lächelnde Gesichter gesehen. Diese Atmosphäre aufrecht zu erhalten, ist ein großes Ziel von mir persönlich. Ein gutes Miteinander überträgt sich.“

 
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