Die Kraft des Fußballs

Podcast-Folge zum Spieltag für Inklusion: Leo Dietz und Bjarne Jürgenssen

Leo Dietz und Bjarne Jürgensen im Stadion
Zusammen zu Gast im Podcast: Leo Dietz und Bjarne Jürgensen (Foto: WERDER.DE).
WERDER BEWEGT
Donnerstag, 08.04.2021 / 10:28 Uhr

Leo Dietz, 17, und Bjarne Jürgensen, zehn Jahre alt, beide Fußballer beim SV Werder, verbindet eine ganz besondere Freundschaft. Im aktuellen Werder-Podcast - präsentiert von Haake-Beck - erzählen die beiden Freunde von ihrer einzigartigen Geschichte, welche Herausforderungen sie gemeinsam bewältigen und wie sie sich gegenseitig Kraft geben. 

Philippe Pozzo di Borge ist ein ehemaliger französischer Unternehmer. Seine Lebensgeschichte ist pompös und aufregend. Als Geschäftsführer des Champagnerhauses Pommery scheint er alles zu haben, was er braucht – und mehr. Doch ein Unfall beim Gleitschirmfliegen bedeutet für Pozzo di Borge eine Querschnittslähmung und Bewegungsunfähigkeit. Er stellt einen algerisch-stämmigen Pfleger namens Abdel Yasmin Selou ein, der ihm mit Humor und Witz das Leben versüßt. Über die Freundschaft der beiden schreibt der Unternehmer ein Buch, das weltweit zum Bestseller und später zur preisgekrönten Filmkomödie wird – in Deutschland unter dem Titel ‚Ziemlich beste Freunde‘ bekannt.

Bjarne Jürgensen ist kein reicher Geschäftsführer und Leo Dietz kein algerischer Pfleger, dennoch erinnert der Umgang der beiden an jene weltbekannte Verfilmung. Es sind die Selbstverständlichkeit und das miteinander lachen können, die diese Beziehung so natürlich wirken lassen. Als Werders U17-Nachwuchsspieler Dietz seinen Kumpel im Rollstuhl für ein Fotoshooting in den Innenraum des wohninvest WESERSTADION begleitet, kann er sich eine Bemerkung nicht verkneifen: „So, jetzt schiebe ich dich unter die Tribüne und lass dich hier.“

Der außenstehende Betrachter würde wahrscheinlich peinlich berührt lachen oder sogar intervenieren. Doch Bjarne Jürgensen grinst über beide Backen und kontert: „Das schaffst du gar nicht, ich bin viel zu schnell für dich.“ Diese Art der Konversation führen die beiden weiter, zwar nicht so extrem, wie in der durch Schauspieler dargestellten Komödie. Dennoch teilen die beiden den gleichen Humor, auch wenn manche Witze auf Kosten des anderen fallen.

Neben all den gemeinsamen Späßen ist vor allem die gegenseitige Wertschätzung spürbar. Wie selbstverständlich übernimmt Leo Dietz das Kommando über den Rollstuhl, ohne nachfragen zu müssen. Es wird schnell und unübersehbar deutlich, dass die beiden einander voll vertrauen. Sie unterhalten sich über das vergangene Spiel der Werder-Profis, dabei hat Bjarne den deutlich größeren Redeanteil als der vermeintliche Experte. Bis sich die Wege der beiden wieder trennen, wird heiß diskutiert, aufgemuntert und herzlich gelacht.

Kennengelernt haben sich Leo Dietz und Bjarne Jürgensen im Rahmen des Blindenfußballs beim SV Werder Bremen. Über die erste Kontaktaufnahme berichtet das 17 Jahre alte Talent: „Bjarne sieht schlecht und kann kaum laufen, aber er ist riesiger Werder-Fan und spielt eben mit seinem Rollator Fußball. Und zwar mit Herz und Seele. Das hat mich beeindruckt. Daher wollte ich ihn besser kennenlernen.“ Also nahm er Kontakt zu Andrea Jürgensen, Bjarnes Mutter, auf. Seitdem steht er dem grün-weißen Fan mit großem Einsatz helfend zur Seite. Denn Bjarne leidet an einer Sehbehinderung und einer Tetraspastik, die eine Lähmung der Gliedmaßen nach sich zieht. Er benötigt aufwendige Therapien, damit Körper und Muskeln nicht versteifen.

All das ist die Folge einer neun Wochen verfrühten Geburt und plötzlich eintretender Hirnblutungen. Auf der Frühchen-Station infizierte sich Bjarne zudem mit einem Krankenhauskeim, woraus eine Sepsis resultierte. Der Kampf um sein Leben hinterließ Schäden, mit denen Bjarne Jürgensen und seine Familie noch heute zurechtkommen müssen. Das Haus wurde an die Bedürfnisse des kleinen Rollstuhlfahrers angepasst. 120.000 Euro investierten die Jürgensens beispielsweise in ein behindertengerechtes Bad und Therapiegeräte. „Wir haben versucht, alles zu stemmen, aber irgendwann ist auch mal Schluss“, erklärt Mutter Andrea die finanzielle Situation. Anfang des Jahres fehlte es an Möglichkeiten, Bjarne wichtige Behandlungen zu bezahlen. Die andauernde Corona-Pandemie wirkt sich auch in dieser Hinsicht negativ aus.

"Ich war völlig überwältig!"

Auf dem Internetportal ‚betterplace.me‘ rief Leo Dietz zu Spenden für seinen Freund auf. 5.000 Euro sammelte er, um die Familie zu entlasten. „Ich war völlig überwältigt. Das habe ich noch nie erlebt, dass ein Junge in dem Alter so sozial engagiert und hilfsbereit ist. Wir haben es ihm zu verdanken, dass Bjarne jetzt eine Therapie machen konnte. Die zweite im Oktober haben wir auch schon gebucht. Das ist unvorstellbar, damit haben wir nie gerechnet“, so Mutter Andrea, die verrät: „Für uns ist Leo wie ein weiterer Sohn. Wir passen auf ihn auf und sind regelmäßig in Kontakt mit ihm.“

Die Einschränkungen und Auswirkungen der Behinderung haben Bjarne nicht die Freude am Leben genommen. Im Gegenteil: Mit seiner positiven Einstellung beeindruckt und begeistert er Menschen wie Leo Dietz. „Wir sind gesund, haben ein Dach über dem Kopf und können alles machen, was wir wollen. Trotzdem sind wir über so viele Sachen verärgert oder unglücklich. Deswegen inspirieren mich Menschen, die beeinträchtigt sind und sich über jede Kleinigkeit freuen“, sagt der Nachwuchsspieler.

Gerade der Fußball schenkt Bjarne Jürgensen enorme „Kraft und Motivation“. Er vollbringt sogar kleine Alltagswunder. „Zu Hause traute er sich nie, alleine zu laufen. Ich musste ihn immer an die Hand nehmen oder zumindest hinter ihm sein. Nachdem er zwei Wochen beim Fußball war, stand er plötzlich im Bad. Er war dort ohne Hilfestellung hingelaufen. Das war unglaublich“, schildert Andrea Jürgensen. Kein Wunder, dass Bjarne sich einen Freund gesucht hat, mit dem er sich permanent über Fußball austauschen kann.

Für Leo Dietz ist das Engagement und das enge Verhältnis zu Bjarne erst der Anfang: Er möchte sich zukünftig noch mehr sozialen Projekten widmen und Menschen helfen: „Wenn es mit einer Profikarriere klappt, dann möchte ich das Ganze noch größer machen.“ Der 17-Jährige fühlt sich zu dieser Tätigkeit berufen. Denn sein Wille und seine Kraft zieht er aus dem Glauben an Gott. „Ich möchte die Welt ein bisschen besser machen. Davon träume ich oft. Ich denke, dass das ein Zeichen von Gott ist“, gewährt Dietz Einblicke in seine Gedankenwelt. Mit dem christlichen Glauben ist er aufgewachsen. „Zwar nicht so, dass wir fünfmal die Woche in die Kirche gingen“, aber dennoch war das Vertrauen in Gott während seiner Kindheit und seiner Jugend ein steter Wegbegleiter. Mit zwölf Jahren schlug das Talent erstmals die Bibel auf, um einsame Stunden im Internat des FC Carl Zeiss Jena zu überbrücken. Als er vor drei Jahren zum SV Werder wechselte, stoppte ein Muskelbündelriss vorübergehend seine sportliche Entwicklung. „Ich war direkt für acht Monate raus. Da hat mir der Antrieb gefehlt. So bin ich wieder mehr zum Glauben gekommen. Das gibt mir einfach immer wieder Kraft weiterzumachen“, bekennt Dietz.

Weitermachen wird auch Bjarne Jürgensen gemeinsam mit seiner ganzen Familie. Um seinen Wunsch zu erfüllen, einmal gegen einen Ball zu treten, ohne dabei umzufallen, werden alle Hebel in Bewegung gesetzt. Auch Leo Dietz ist ein wichtiger Teil dieser Bemühungen. Ohne Zweifel ist dieser Freundschaft ein Happy End zu wünschen, wie im Film ‚Ziemlich beste Freunde‘. Dafür bedarf es keines großen Reichtums, sie müssten wahrscheinlich nur zusammenbleiben.

Der Spieltag für Inklusion beim Heimspiel gegen den RB Leipzig am Samstag, 10.04.2021, findet mit Unterstützung des offiziellen Inklusionspartners, der Sparkasse Bremen, statt. Gemeinsam mit der Sparkasse Bremen, der Aktion Mensch und der DFL Stiftung setzt sich WERDER BEWEGT - LEBENSLANG seit vielen Jahren für Inklusion in der Gesellschaft ein.

 

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