"Immer alles gegeben": Werder-Legende Mirko Votava geht in den Ruhestand

Mirko Votava im Werder-Shirt
Miroslav "Mirko" Votava geht in den wohlverdienten Ruhrstand (Foto: WERDER.DE).
Sonstiges
Mittwoch, 29.06.2022 / 09:30 Uhr

von Martin Lange

Ein Stück Fußballgeschichte verlässt den SV Werder: Mehr als zehn Jahre lang stand Mirko Votava in den 1980er und 1990er Jahren als Bundesliga-Profi der Grün-Weißen auf dem Platz, war später lange Zeit Nachwuchstrainer und zuletzt als Scout tätig. Nun wechselt er – in den Ruhestand.

Im April dieses Jahres feierte Miroslav „Mirko“ Votava seinen 66. Geburtstag. Der Eintritt ins Pensionärs-Dasein kommt also zu einem ganz und gar gewöhnlichen und nicht überraschenden Zeitpunkt. Ganz anders verhielt es sich vor gut 25 Jahren. Denn als Votava 1996 als Erstliga-Fußballer aufhörte und gewissermaßen in den Ruhestand (damals von Werder zum VfB Oldenburg in die 2. Bundesliga) wechselte, tat er das in einem Alter, in dem nicht viele noch auf allerhöchstem Niveau kicken können: Mit 40 Jahren, sieben Monaten und elf Tagen bestritt er sein letztes Bundesliga-Spiel.

20 Jahre lagen zwischen seinem Debüt im Fußball-Oberhaus und diesem letzten Spiel. Genau das macht den in Prag geborenen ehemaligen deutschen Nationalspieler – neben zahlreichen Titelgewinnen – zu einem der Größten in der Geschichte der Bundesliga. Bis heute behauptet Mirko Votava in der Rangliste der Spieler mit den meisten Einsätzen Rang fünf (189 für Borussia Dortmund, 357 für Werder). Zudem waren bei ihrem letzten Auftritt in der ersten Liga nur Klaus Fichtel, Uli Stein und Toni Schumacher älter als der Werderaner. Und: Ein einzigartiger Rekord wurde ihm erst vor einiger Zeit „entrissen“. Keiner war älter bei seinem letzten Bundesliga-Treffer als Votava (40 Jahre, drei Monaten, 29 Tage) – bis Claudio Pizarro, ebenfalls Werder-Legende, ihn 2019 übertraf.

Als junger Spieler schaffte Mirko Votava, der als Kind mit seinen Eltern und seinem älteren Bruder Josef aus der damaligen Tschechoslowakei nach Deutschland gekommen war, 1976 mit Borussia Dortmund den Aufstieg in die Bundesliga. Nach sechs Jahren als tragende Säule des Teams im defensiven Mittelfeld wechselte Votava 1982 für die damalige Rekordablöse von mehr als einer Million D-Mark zu Atletico Madrid. Mit dem Traditionsclub gewann er den spanischen Pokal. Und noch heute wird er von den spanischen Fans als Vereinsidol verehrt.

Mirko Votava konnte also viel Erfahrung vorweisen und war bereits 29 Jahre alt, als Trainer Otto Rehhagel ihn 1985 zum SV Werder holte. Dass der fünffache deutsche Nationalspieler (1978 hatte Votava die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten) und Europameister von 1980 noch mehr als ein Jahrzehnt die Grün-Weißen und die gesamte Bundesliga maßgeblich prägen sollte, hätte damals wohl niemand zu prophezeien gewagt. „Ich habe meinen Vertrag gegen Ende der Karriere immer nur um ein Jahr verlängert, weil man nie wissen konnte, wie lange es körperlich noch geht“, verriet Votava später. Diesen jährlichen „Papierkram“ wickelten Werders Verantwortliche allerdings gerne ab. Denn Votavas Weg bei den Grün-Weißen war gepflastert mit Titelgewinnen, acht an der Zahl: zweimal Deutscher Meister, zweimal DFB-Pokal-Sieger, dreimal Gewinner des deutschen Supercup und als Krönung der Europapokal der Pokalsieger 1992.

Mirko Votava nahm diese europäische Trophäe wie auch weitere als Kapitän entgegen. 1987 hatte er die Binde von Benno Möhlmann übernommen und reichte sie 1993 weiter an Rune Bratseth. „Mirko war der perfekte Kapitän“, lobte sein früherer Mitspieler Marco Bode einst. „Immer eine sensationelle Einstellung auf dem Spielfeld, viel Erfahrung, menschlich ein echter Leader, auf den man sich verlassen konnte und der immer ehrlich war.“ Klar, dass sich Votavas unbändiger Ehrgeiz insbesondere in K.o.-Spielen voll entfaltete: Mit 79 Einsätzen ist er Rekordspieler des DFB-Pokal-Wettbewerbs.

Nach dem Ende seiner Laufbahn als Profi und Trainerstationen beim VfB Oldenburg sowie beim SV Meppen wurde Mirko Votava im Jahr 2000 Scout beim SV Werder, wechselte dann noch einmal als Coach zu Zweitligist Union Berlin (November 2002 bis März 2004), ehe er schließlich endgültig nach Bremen zurückkehrte: Von 2004 bis 2017 trug er die Verantwortung für die U19-Mannschaft der Grün-Weißen, die er 2007, 2009 und 2016 zum Titel in der Junioren-Bundesliga Nord/Nordost führte. In dieser Zeit bildete er zahlreiche junge Fußballer aus und bereitete sie erfolgreich auf die Bundesliga vor. Anschließend folgten zwei Spielzeiten als Co-Trainer der U23 und zuletzt mehrere Jahre in der Abteilung Scouting. „Mirko hat während seiner Karriere in allen Aufgaben, die er bei Werder übernommen hat, immer alles gegeben und hervorragende Arbeit abgeliefert“, würdigt Werder-Präsident und Geschäftsführer Dr. Hubertus Hess-Grunewald das Idol der Grün-Weißen. „Er steht für Bodenständigkeit, Fleiß, Verlässlichkeit und Ehrgeiz – das sind Werte, für die auch Werder steht. Daher hat Mirko stets perfekt zu uns gepasst.“

Klar, dass jeder Titelgewinn mit den Grün-Weißen für Mirko Votava unvergessen bleibt. Bezeichnend für seinen unbändigen Ehrgeiz, immer gewinnen zu wollen, ist jedoch, dass die sogenannten „Wunder von der Weser“ für ihn die wahren Highlights seiner Werder-Karriere sind: „Das Größte waren für mich die Partien gegen Spartak Moskau, Dynamo Berlin und RSC Anderlecht, in denen wir nahezu aussichtslose Ausgangspositionen noch umgebogen haben.“ Votava hatte daran einen großen Anteil.

Mit dem Ruhestand wird sich zweifellos einiges ändern für den 66-Jährigen. Zum Beispiel nicht mehr vom Fußballgeschäft getrieben und nicht mehr abhängig von Sieg oder Niederlage zu sein. „Manchmal muss ich mehr genießen“, wusste Votava schon während seiner Zeit im Fußball. Nun wird er sicher dazu kommen. Irgendwo im Süden mit der Zeitung im Café zu sitzen – das käme seiner Idealvorstellung für die nächste Zeit schon sehr nah, sagt Votava schmunzelnd. Klar dürfte aber auch sein, dass sich einiges im Ruhestand nicht ändern wird: Der über viele Jahrzehnte kultivierte Schnauzer im Gesicht wird Mirko Votava auch in nächster Zeit unverwechselbar machen. Vielen Dank, Mirko, und alles Gute!

 

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