Fischer: "Kisten voller Glühbirnen"

Erinnerungen an den Gewinn des Europapokals der Pokalsieger

Klaus-Dieter Fischer, Werders Ehrenpräsident, erinnert sich noch genau an 1991/1992 (Foto: nordphoto).
Europapokal der Pokalsieger
Sonntag, 18.06.2017 / 14:15 Uhr

Notiert von Yannik Cischinsky

Werders Weg ins Finale des Europapokals der Pokalsieger wurde oft erzählt. Über Bacau, Budapest, Istanbul und Brügge zogen die Werderaner 1992 ins Endspiel nach Lissabon ein – und holten dank eines 2:0-Sieges gegen den AS Monaco den größten Triumph der Vereinsgeschichte. Doch was passierte eigentlich abseits des Platzes und rund um die mittlerweile legendären neun Partien der Grün-Weißen?

Für WERDER.DE erinnert sich Ehrenpräsident Klaus-Dieter Fischer zurück und verrät teilweise bis dato unerzählte Anekdoten von damals. „Es war für mich die spannendste Europapokalsaison. Nicht, weil wir gewonnen haben, sondern weil so viele unvergessliche Erlebnisse dabei waren“, sagt der langjährige Geschäftsführer und Präsident Fischer. Im ersten Teil blickt der damalige Vizepräsident auf die abenteuerliche Reise nach Rumänien zum Gastspiel beim FC Bacau.

1. Runde: FC Bacau – SV Werder 0:6/0:5

In sportlicher Hinsicht ist die erste Runde relativ schnell erzählt. Das Hinspiel war unproblematisch und schnell vorbei. Wir haben deutlich mit 6:0 gewonnen, doch dadurch wurde das Rückspiel in Bremen natürlich eine Katastrophe für uns. Wie sollten wir das überhaupt noch bewerben? Schlussendlich waren nur knapp 4.000 Zuschauer im Weser-Stadion. Das war die geringste Zuschauerzahl in einem Pokalwettbewerb, die ich je erlebt habe.

Abseits des Platzes sind mir zwei Erinnerungen bis heute im Gedächtnis geblieben. Es sagte mir jemand im Vorfeld, dass in Rumänien ein extremer Mangel an Glühbirnen herrsche und wir damit vielen Menschen in der Region eine große Freude machen könnten. Ich war ganz erstaunt darüber, habe aber beim Bremer Straßen- und Verkehrsamt angerufen, da ich wusste, dass in regelmäßigen Abständen die Glühbirnen der Bremer Ampeln ausgetauscht wurden – unabhängig davon, ob sie kaputt waren oder nicht. Die Heilen wurden irgendwo gesammelt.

Das Amt hat uns dankenswerterweise Kisten voller Glühbirnen mitgegeben, die wir an die in Bacau umliegenden Krankenhäuser, Kindergärten und Schulen verteilt haben. In unserer Unterkunft, der Villa Ceaușescu, hatten wir einen Frühstücksraum, in dem ein wundervoller alter Kronleuchter hing. Als wir abends ankamen, hing in diesem majestätischen Leuchter eine einzige Glühbirne. Es war stockfinster. Wir haben also schnell jemanden zurück ins einzige Krankenhaus geschickt, das für uns zu dieser Uhrzeit noch erreichbar war, und uns einige Glühbirnen geliehen, eingeschraubt und gegessen. Als wir den Frühstücksraum am nächsten Morgen wieder betraten, hing nur noch die eine trostlose Glühbirne vom Vortag da. Alle anderen waren weg. 

Unsere einzige Auflage war, dass wir wissen wollten, was mit dem Geld geschieht
Klaus-Dieter Fischer

Eine zweite markante Erinnerung habe ich an den Empfang in Bacau. Traditionell bekommt man bei Europapokalspielen immer kleine Gastgeschenke überreicht. Die Verantwortlichen von Bacau luden uns allerdings in eine Gemäldegalerie ein. Wir durften uns aus dieser Galerie von regionalen Künstlern jeder ein Bild aussuchen. Alle Werder-Vertreter haben sich etwas geziert, aber man sagte uns mit Nachdruck, dass sie sich leider nichts anderes hätten leisten können und wir uns nun ein Bild aussuchen sollen. Das war eine sehr unangenehme Situation und wir haben alle ein möglichst kleines, unscheinbares und nicht allzu wertvolles Bild ausgesucht.

Da wir diese Eindrücke von der Armut in Rumänien gewonnen hatten, kam Willi Lemke für das Rückspiel eine gute Idee. Statt des traditionellen Empfangs veranstalteten wir eine Benefizveranstaltung im Wachtelhof in Rotenburg. Für das Präsidium des FC Bacau gab es eine Sponsorenveranstaltung, bei dem die Sponsoren einen kräftigen Betrag zahlen mussten, um dabei zu sein. Wir haben junge rumänische Künstler eingeladen, die dort wirklich fantastische Musik gemacht haben. Auch der rumänische Konsul war anwesend. Ruck-zuck war der Abend ausverkauft und es kamen insgesamt 15.000 D-Mark zusammen, die wir nach Rumänien gestiftet haben. Unsere einzige Auflage war, dass wir wissen wollten, was mit dem Geld geschieht.

Zu unserem Erstaunen haben sie mit nur 15.000 D-Mark im Überschwemmungsgebiet drei stabile Ein-Familien-Häuser bauen können. Ein Bekannter von mir, der erst vor Kurzem in Rumänien war und ebenfalls sehr Fußball-affin ist, erzählte mir, dass es diese Häuser noch gäbe und sie ein kleines Schild trugen: „Built by Werder Bremen“. Das freut mich wirklich sehr. Diese beiden Erinnerungen zeigen, dass der soziale Gedanke schon sehr lange bei Werder Bremen verwurzelt ist.

Originale Spielankündigungsplakate der Partie Bacau gegen Werder gibt es im WUSEUM, weitere spannende Anekdoten finden sich im Buch "Du bist Werder Bremen" von Klaus-Dieter Fischer (hier im Online-Shop).

 

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