Schlaflos im Palast von Galata

Die Saison begann für Michael Skibbe und Galatasaray Istanbul mit einem deprimierenden Ausscheiden gegen Steaua Bukarest in der Champions-League-Quali.
Profis
Donnerstag, 01.01.1970 / 01:00 Uhr

Markus Rosenberg ist wohl nicht ganz unschuldig daran, dass Werder Bremen am Dienstag ein Wiedersehen mit Michael Skibbe bevorsteht. Der schwedische Stürmer in Bremer Diensten beförderte seinen Klub am letzten Bundesliga-Spieltag 2007/08 im Mai vergangenen Jahres direkt in die Champions League und Bayer Leverkusen gleichzeitig in eine Spielzeit ohne Europapokal, was Skibbe wohl endgültig am Rhein die Tätigkeit kostete.

 

Sommer 08: Skibbe erhört den Ruf vom Bosporus

 

Doch nur wenige Tage nach seiner Entlassung erhörte der ehemalige Bundestrainer den fernen Ruf vom Bosporus und unterschrieb beim Traditionsverein und frisch gekürten Meister Galatasaray Istanbul, nun Werders Gegner im Spiel um Platz drei des Radyospor-Cups (13.01.2009, 16.30 Uhr, MEZ, Topkapi Anlage in Kundu, live bei WERDER.TV), einen Einjahresvertrag mit Klub-Option um weitere zwölf Monate. 17 nationale Meisterschaften, 14 nationale Pokalsiege sowie der UEFA-Cup-Triumph 2000 (4:1 n.E. über Arsenal London) und der darauf folgende europäische Supercup-Titel (2:1 gegen Real Madrid) erwarten den Besucher im mit mehr als 3.000 Pokalen übersäten Vereinsmuseum. Die Bezeichnung Galatasaray geht auf den legendären Gründer Ali Sami Yen und dessen Mitstreiter zurück und lautet übersetzt Palast von Galata, Galata ist gleichsam ein Viertel im Istanbuler Stadtteil Beyoglu.

 

Jedoch wie vergänglich solche Engagements bei der türkischen Fußball-Elite werden können, verspürte Skibbe erstmalig nach nicht einmal acht Wochen im Amt. Steaua Bukarest hieß der Stolperstein in der Champions-League-Qualifikation, der Restposten UEFA-Cup blieb über. Ein Affront gegenüber dem eigenen Anspruch der im Volksmund getauften „Aslanlar“ (Die Löwen). Vor allem die einheimische Presse schwang sich wie so oft zum Agitator gegen die vermeintliche „Notlösung“, trauerte lieber reichlich anderen potenziellen Kandidaten des Sommers hinterher, die für die Verantwortlichen nicht zu realisieren waren. Matthias Sammer und Didier Deschamps sollen darunter gewesen sein.

 

Alltäglicher Lärm aus dem Blätterwald

 

Auch die Wochen nach dem Ligastart sorgten durchaus nicht zur Zähmung der Propaganda. Platz fünf nach sechs Spieltagen kostete den beiden von Skibbe installierten Co-Trainern Edwin Boekamp und Werders Meister von 2004 Ümit Davala ihren Job. Mehr als nur ein Wink mit dem Zaunspfahl. „Der eigentliche Grund für unsere Entlassung ist, dich zum Rücktritt zu bringen“, resümierte Davala in der SZ nach der hastigen Demission über ein letztes Gespräch mit seinem nun Ex-Cheftrainer. Der türkische Blätterwald lärmte dem Deutschen zielsicher entgegen: „Verschwinde!“ Der Vorstand beließ Skibbe dennoch Amt, eine hohe Abfindung, die ein Rauswurf mit sich brächte, träfe den Etat wohl spürbar im Mark, meint Davala. Er steht nicht allein mit dieser Vermutung.

 

Dem hoch dekorierten und nicht billigen Kader - ein Konglomerat aus x-fachen türkischen Nationalspielern wie Ümit Karan, Hasan Sas oder Emre Asik und internationalen Edeltalenten (u.A. Milan Baros, Harry Kewell, Lincoln, Fernando Meira, Shabani Nonda) auf der Suche nach gutem Auskommen und wohl auch einem Neuanfang - bläst ein rauer Wind, genauer ein Sturm ins Gesicht. Zuvorderst hat sich dem aber insbesondere das schwächste Glied, der Trainer, entgegenzustellen, unermüdlich schlaf- und rastlos in seinem Wirken. Denn sicher ist nur die Ungewissheit, dass jeder Tag der letzte im Palast von Galata sein könnte. Nach dem geräuschvollen Absägen der Assistenten Skibbes stehen ihm seit Mitte Oktober Burak Dilmen und Cevat Güler zur Seite. Güler selbst hatte im April 2008 noch in Interimsfunktion den Stuhl des damals aus gesundheitlichen Gründen zurückgetretenen Karl-Heinz Feldkamp übernommen und das Team zur Meisterschaft geführt. Doch auch Feldkamp kehrte im Herbst als technischer Direktor zurück.

 

Baros blüht auf und erinnert an Liverpool

 

Die Leistungen stabilisierten sich gleichwohl. Im UEFA-Cup erreichte man nach Siegen über Olympiakos Piräus, Benfica Lissabon und Hertha BSC durchaus souverän die Zwischenrunde, wo es alsbald zum Duell mit Girondins Bordeaux kommt. In der Liga machte die Mannschaft bis zur Winterpause einen Sprung auf Rang drei, nur einen Punkt hinter Spitzenreiter Sivasspor liegend. Hauptsächlich dem an neuer Arbeitsstelle wieder aufblühenden Milan Baros, mit 14 Treffern Führender der türkischen Torschützenliste, hat Skibbe halbwegs besinnliche Feiertage zu verdanken. Aber auch Lincoln (7 Tore) und Harry Kewell (6 Tore) besitzen großen Anteil daran, dass ihre Mannschaft aktuell die mit Abstand beste Offensive der Liga stellt. Eine Mannschaft, in der der junge Ex-Bremer Alparslan Erdem bisher noch nicht über die Ergänzungsrolle hinausgekommen ist.

 

Baros dagegen strotzt vor Selbstbewusstsein: „Ich bin sehr glücklich, dass es mit dem Trainerstab und dem Kollegen passt. Wir haben ein sehr gutes Team, das stark genug ist, um Meister zu werden. Und natürlich wollen wir den UEFA-Cup in die Höhe stemmen. Wir zählten 2005 mit Liverpool auch nicht zu den Favoriten der Champions League. Genauso ist es heute mit Galatasaray. Also warum sollten wir den Cup nicht gewinnen können?“ Michael Skibbe jedenfalls hätte endlich ruhigen Schlaf, nur Markus Rosenberg, Werder Bremen und die anderen 30 verbliebenen Klubs im UEFA-Cup etwas dagegen.

 

 

von Maximilian Hendel

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