Spielbericht: Bitteres CL-Aus nach 1:2 in Turin

Der große Pechvogel: Tim Wiese hielt großartig, war beim 1:1 von Trezeguet machtlos, bevor ihm zwei Minuten vor Schluss ein folgenschwerer Patzer unterlief.
Profis
Donnerstag, 01.01.1970 / 01:00 Uhr

Ist das bitter für Werder! Die Grün-Weißen standen nach einer bärenstarken Leistung im Achtelfinal-Rückspiel gegen Juventus Turin 88 Minuten lang mit einem Bein in der nächsten Runde und schieden trotzdem noch aus. Emerson nutzte einen Fehler des bis dahin überragenden Torwarts Tim Wiese und schoss Werder mit seinem 2:1-Siegtreffer aus den Höhen der Königsklasse ins Tal der Tränen. Die Mannschaft von Thomas Schaaf trat zuvor außergewöhnlich couragiert auf war durch Johan Micoud in der 13. Minute verdient in Führung gegangen. Diese hatte lange Bestand, erst in der 65. Minute konnte Trezeguet einen Konter zum Ausgleich nutzen.

Aber der Reihe nach: Thomas Schaaf konnte im Vergleich zur letzten Bundesliga-Partie in Leverkusen (1:1) wieder auf Kapitän Frank Baumann und Naldo zurückgreifen, die nach überstandenen Verletzungen Jurica Vranjes und Petri Pasanen ersetzten. Damit stand exakt die gleiche Elf auf dem Rasen wie beim Hinspiel vor zwei Wochen.

Traum-Start: Micoud schießt Werder in Führung

„Wir können Geschichte schreiben“, hatte Thomas Schaaf vor dem Spiel gesagt. Seine Mannschaft zeigte von der ersten Minute an, dass sie sich den greifbar nahen Platz in den Annalen des internationalen Spitzenfußballs sichern wollte.
Nachdem die erste brenzlige Situation überstanden war (Owomoyela klärte eine Nedved-Flanke vor dem einschussbereiten Trezeguet, 2.), drehten die Grün-Weißen zur Überraschung der 35.000 Zuschauer im Stadio delle Alpi und wohl auch der Juve-Akteure richtig auf. Von Mauern, übertriebenem Respekt oder gar Angst war nichts zu spüren. Im Gegenteil, es stimmte zunächst alles: Die Werderaner störten ihre Gegenspieler extrem früh und setzten sie unter Druck, die Abwehr überzeugte mit gutem Stellungsspiel und ließ die gefürchtete Juve-Offensive um Nedved, Trezeguet und Ibrahimovic nicht zur Entfaltung kommen.

Bereits nach 13 Minuten wurde der Mut belohnt: Johan Micoud wurde im Zusammenspiel mit Christian Schulz hervorragend in Szene gesetzt, ging allein von halblinks auf Gianluigi Buffon zu und lupfte mit aller Ruhe und Routine über den Juve-Torwart zum 0:1 ein. Damit war die kalte Dusche für Juve perfekt – und alle Bremer durften umso mehr von einer Sensation träumen.

Das Starensemble aus der Olympia-Stadt wirkte leicht verunsichert. Erst nach 25 Minuten gelang es Juve den Druck zu erhöhen und den Bremer Deckungsverband erstmals zu durchbrechen. Ein Missverständnis zwischen Tim Wiese und Christian Schulz hätte dann beinahe zum Ausgleich geführt. Schulz wollte den Ball im Laufduell mit Mauro Camoranesi in die Arme seines Torwarts köpfen, doch statt im Tor zu bleiben war Wiese herausgelaufen und griff daneben. Der Ball trudelte um Zentimeter am rechten Pfosten vorbei ins Toraus – fast ein Eigentor...

Die anschließende Ecke war nicht minder gefährlich, doch Tim Wiese nutzte die Gelegenheit und machte seinen Fehler mit einer Glanzparade gegen Trezeguets Schuss aus fünf Metern sofort wieder gut. Danach gelang es Werder, das Spiel wieder zu beruhigen. Die Turiner mühten sich zwar um mehr Aggressivität und Pressing, doch ohne Erfolg. Zudem tappten sie allein in der ersten Hälfte zehn Mal in die grün-weiße Abseitsfalle. Die Bremer indes überzeugten mit einer klasse Defensivleistung vom Torwart bis zum Mittelfeld und ließen bis zur Pause nur noch zwei Chancen zu. Erst setzte Trezeguet einen Kopfball nach Flanke von Zambrotta rechts neben den Kasten (40.), dann rettete Tim Wiese zwei Mal in überragender Manier gegen Nedved und Emerson (45.). Auf der Gegenseite hatte Ivan Klasnic nach starker Vorarbeit von Patrick Owomoyela zuvor gar das 0:2 auf dem Fuß. Der Kroate behauptete sich gegen Thuram und zog aus zehn Metern ab, aber Buffon war auf dem Posten (43.).

„Alte Dame“ macht mächtig Druck

Die Halbzeitansprache von Juve-Trainer Fabio Capello dürfte unmissverständlich gewesen sein, denn seine Schützlinge kamen mit mächtig Dampf aus der Kabine.
Juve drängte jetzt mit Chancen im Minutentakt auf den Ausgleich: Fahrenhorst rettete in letzter Sekunde gegen Nedved (46.), dann scheiterte der Tscheche an Wiese (48.) und auch das französische Sturm-Ass David Trezeguet fand mit einem Kopfball aus elf Metern seinen Meister im Werder-Schlussmann (49.).

Nachdem die erste Juve-Drangphase nach der Pause überstanden war, sorgte die Bremer Offensive für etwas Entlastung. Erst zielte Klasnic aus 18 Metern knapp rechts vorbei (50.), dann kam Borowski nach Micoud-Zuspiel in Bedrängnis nicht optimal zum Schuss (54.). Um seiner Elf noch einmal neue Impulse zu verleihen, brachte Fabio Capello in der 57. Minute seinen „Edeljoker“ Alessandro Del Piero und den Rumänen Adrian Mutu für die enttäuschenden Ibrahimovic und Camoranesi, die von der Bremer Abwehr komplett aus dem Spiel genommen worden waren.

Eiskalt ausgekontert: Trezeguet trifft zum 1:1

Für den Ausgleich in der 65. Minute zeichneten dennoch zwei alte Bekannte verantwortlich. Pavel Nedved legte den Ball nach einem schnellen Konter für Trezeguet auf, der Wiese diesmal keine Chance ließ und aus elf Metern eiskalt einschoss – das 1:1. Danach zeigten die Bremer Nerven, der Juve-Druck hielt unvermindert an. Tim Wiese, der einen Del-Piero-Freistoß zunächst zur Ecke gelenkt hatte, tauchte anschließend unter dem Ball hindurch und hatte Glück, dass kein Turiner zur Stelle war (71.).

Werder brachte außer einem Klasnic-Schuss aus der Drehung, den Buffon erst im Nachfassen sichern konnte (77.), nichts mehr nach vorne zustande. Die Abwehr stand zwar nicht mehr sicher, doch sie hielt dem Druck des italienischen Meisters und überlegenen Serie-A-Tabellenführers bis zur Schlussoffensive stand. Einen Distanzschuss von Emerson sah Wiese spät, aber noch rechtzeitig und klärte mit beiden Fäusten (87.).

Unmittelbar danach passierte das Unglaubliche: Tim Wiese fing eine Flanke von Nedved zunächst sicher, doch der Ball glitt ihm wieder aus den Armen und fiel genau vor die Füße von Emerson. Der Ex-Leverkusener nahm das Geschenk dankend an und schoss zum entscheidenden 2:1 ein. Ausgerechnet dem bis dahin besten Werderaner Tim Wiese war ein kapitaler Fehler unterlaufen - Werder war k.o. Trotz zwei unvergesslichen Spielen gegen eine der weltbesten Vereinsmannschaften, dem famosen 3:2-Hinspielsieg und einer bravourösen Leistung im Stadio delle Alpi scheiden die Grün-Weißen aus der Champions League aus. In der 88. Minute von Turin wurde der Traum vom Viertelfinale zum Alptraum. Fußball kann so grausam sein...

von Kevin Kohues



Juventus Turin – Werder Bremen 2:1 (0:1)

Juventus Turin: Buffon - Zambrotta, Thuram, Cannavaro, Zebina - Camoranesi (57. Del Piero), Emerson, Vieira, Nedved - Ibrahimovic (57. Mutu), Trezeguet

Werder Bremen: Wiese - Owomoyela, Fahrenhorst, Naldo, Schulz - Baumann (73. Pasanen) - Frings, Borowski - Micoud - Klose, Klasnic (81. Valdez); auf der Bank: Vander, Andreasen, van Damme, Vranjes, D. Jensen

Tore: 0:1 Micoud (13.), 1:1 Trezeguet (65.), 2:1 Emerson (88.)

Schiedsrichter: Poll (England)

Stadio delle Alpi: 35.000 Zuschauer

Gelbe Karten: Del Piero - Micoud, Baumann

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