CL-Aus: Lyon zeigt Werder die Grenzen auf

Auch Frank Baumann verlor zu viele Zweikämpfe.
Profis
Donnerstag, 01.01.1970 / 01:00 Uhr

Bittere 90 Minuten erlebte der deutsche Meister Werder Bremen im 'Stade Gerland' von Lyon. Mit 2:7 kamen die Grün-Weißen im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League unter die Räder und verabschiedeten sich damit von der europäischen Fußballbühne. Bereits nach 30 Minuten führte Olympique Lyon mit 3:0, Werders Risikobereitschaft wurde von den Franzosen brutal bestraft. Nach dem Wechsel erzielten die Hausherren vier weitere Treffer. Bremens Tore zum zwischenzeitlichen 1:3 bzw. 2:4 markierten Johan Micoud (32.) sowie Valerien Ismael in der 57. Minute per Foulelfmeter.

Cheftrainer Thomas Schaaf ging nach der 0:3-Hinspielpleite von Beginn an volles Risiko und schickte mit Ivan Klasnic für Tim Borowski einen dritten Stürmer aufs Feld. Auf der linken Seite der Viererkette verteidigte gegenüber der 0:1-Niederlage gegen Bayern München Ludovic Magnin für Christian Schulz.

Werder begann die Partie so, wie es sich für eine Mannschaft gehört, die einen scheinbar hoffnungslos erscheinenden Rückstand aufzuholen versucht. Vom Anpfiff weg suchte das Team sein Glück in der Offensive, hinten wurde in einer vorgerückten Viererkette immer wieder probiert, die Hausherren Abseits zu stellen. Das gelang auch zunächst, aber unmittelbar vor dem ersten Treffer der Franzosen klappte es eben nicht. Flügelstürmer Malouda passte auf den richtig spekulierenden Sylvain Wiltord, der allein auf Andi Reinke zulief und zum frühen 1:0 für "OL" ins rechte untere Eck einschob (8.). Genau das, was Werder verhindern wollte, trat ein. Anstatt selber in Führung zu gehen und Lyon so zu verunsichern, geriet man zu einem psychologisch denkbar ungünstigen Zeitpunkt in Rückstand.

Ismael trifft nur die Latte

Trotzdem versuchten die Norddeutschen auch in der Folgezeit, zu ihrem Spiel zu kommen. Nelson Valdez setzte ein erstes kleineres Ausrufezeichen, aber sein Schuss (nach Klasnic-Vorarbeit) stellte für Gregory Coupet im Kasten des französischen Meisters keine ernsthafte Gefahr dar. Ganz anders Lyon, das mit seinem zweiten durchdachten Angriff schon wieder erfolgreich sein sollte. Kapitän Govou tanzte auf rechts den weit vorgerückten Petri Pasanen aus, zog nach innen und hatte dann noch das Auge für seinen mitgelaufenen Teamkollegen Essien. Der Abwehrspieler vollendete eiskalt mit einem Flachschuss rechts an Reinke vorbei zum 2:0 (17.). Auch wenn der Traum des Viertelfinales spätestens jetzt bereits endgültig ausgeträumt war, zeigten die Grün-Weißen weiterhin eine gute Moral und erarbeiteten sich auch vereinzelte Torchancen. So wie in der 27. Minute als ein verlängerter Micoud-Eckball von Valerien Ismael per Kopf an die Oberkante der Latte befördert wurde.

Olympique Lyon hatte allerdings jederzeit die passende Antwort parat. Das Team von Coach Paul Le Guen zeigte phasenweise Kombinations-Fußball auf höchstem europäischen Niveau. Mit ein zwei Pässen wurde das Mittelfeld immer wieder schnell überbrückt, Werder wurde regelrecht schwindelig gespielt. Es dauerte nicht lange, bis Andi Reinke zum dritten Mal hinter sich greifen musste. Nach einem weiten Abschlag von Coupet sprang der Ball im Mittelfeld unkontrolliert hin und her, Essien schaltete am schnellsten und schnappte sich das Leder. Der Ghanaer ging allein auf Reinke zu und umdribbelte den Keeper - 3:0. Es deutete sich ein Debakel an. Dass es vorerst nicht dazu kam, lag an Mittelfeldregisseur Johan Micoud, der nur zwei Minuten nach dem dritten Gegentreffer auf 1:3 verkürzte. Dem voraus ging ein schönes Zusammenspiel mit Fabian Ernst. Der Nationalspieler schlug eine Flanke vor das Tor, ein Abwehrspieler Lyons klärte nur halbherzig, wodurch der Ball vor die Füße von Werders Franzose sprang. Micoud ließ sich nicht lange bitten und drosch das Leder aus kurzer Distanz in die Maschen. Die Bremer witterten danach ein wenig Morgenluft, aber mehr als drei Halbchancen durch Valdez und Klasnic (beide 34.) sowie einen von Magnin getretenen Freistoß (40.) sprangen dabei nicht heraus.

Wiltord nicht zu stoppen

Nach dem Wechsel verringerte Thomas Schaaf das Risiko und brachte mit Tim Borowski für Miroslav Klose eine zusätzliche Absicherung für ein kompakteres Mittelfeld. Am Spielverlauf änderte diese Maßnahme allerdings nichts. Werder gab den Hausherren nach eigenen Ballverlusten zu viel Raum und ließ den Gegner nach Belieben kombinieren. Wiltord machte nach Zuspiel von Govou wie in der ersten Hälfte den Anfang, als er einen Pass des Kapitäns allein vor Reinke zum 4:1 für die "Lyonnais" vollstreckte (55.).

Nur zwei Minuten später war der deutsche Meister beim munteren Toreschießen an der Reihe: Ein Ismael-Foulelfmeter (Ernst war von Diatta im Strafraum gelegt worden) stellte den alten Abstand wieder her. Aber auch der sollte nicht lange von Bestand sein. Lyons Torhunger war noch längst nicht gestillt, das sollten Werders-Abwehrspieler in der letzten halben Stunde dieses bitteren Abends noch zu spüren bekommen. Nach feiner Einzelleistung war es zunächst Malouda, der per 16-Meter-Schuss das 5:2 erzielte (60.), kurz darauf machte der überragende Stürmer Wiltord nach einem Konter und seinem dritten Treffer "OL"´s halbes Dutzend perfekt.

Und es sollte noch schlimmer kommen: Zehn Minuten vor dem Abpfiff deutete Schiri Ivanov auf den Elfmeterpunkt. Kurz zuvor hatte der eingewechselte Fahrenhorst den Brasilianer Nilmar von den Beinen geholt. Berthods sicher verwandelter Strafstoß setzte den aus Bremer Sicht unrühmlichen Schlusspunkt.

Olympique Lyon war in diesem Rückspiel (anders als in Bremen) der Mannschaft von Thomas Schaaf in allen Belangen überlegen. Wie schon im Weser-Stadion, so erwiesen sich die Franzosen auch vor heimischem Publikum als äußerst effiziente Einheit, die es ob ihrer technisch eindrucksvollen Spielweise darüber hinaus verstand, höchsten internationalen Ansprüchen gerecht zu werden. Für Werder war dieser Gegner eine Nummer zu groß.

Klaus Bellstedt

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