"Einer der größten Erfolge in meiner Laufbahn"

Cheftrainer Ole Werner zieht im Interview ein Saisonfazit

Ole Werner auf einem Stuhl, im Hintergrund die Werder-Raute.
Cheftrainer Ole Werner im Saisonabschluss-Gespräch (Foto: W.DE).
Profis
Montag, 29.05.2023 / 15:00 Uhr

Das Interview führten Moritz Studer und Markus Biereichel

Erst Aufstieg, nun der Klassenerhalt. Schon in der Vorwoche verriet Cheftrainer Ole Werner, dass der Ligaverbleib aus sportlicher Sicht sogar höher zu bewerten sei. Der 35-Jährige erlebte für sich eine erste Bundesliga-Saison mit Höhen und Tiefen. Im Gespräch mit WERDER.DE zieht Werner ein Fazit zu den zurückliegenden 34 Spieltagen, spricht über die Learnings aus der Spielzeit, seine Aufgabe im Prozess der Kaderplanung und blickt mit Vorfreude auf die nächste Saison.

WERDER.DE: Moin Ole, nach dem Spiel gegen Köln ist bei Dir sichtlich viel Anspannung abgefallen. Wie blickst Du mit ein paar Tagen Abstand auf das Unentschieden gegen den FC als letztes Puzzlestück?

Ole Werner: Im Stadion und auch der Mannschaft war zunächst eine Anspannung anzumerken. Nachdem wir das Erreichen unseres Ziels ein paar Wochen aufgeschoben haben, ging es in die heiße Phase. Für mich war besonders die zweite Halbzeit eine große Leistung, mental in so einer Drucksituation standzuhalten. Deswegen habe ich mich in dem Moment sehr gefreut, weil das nicht selbstverständlich ist.

WERDER.DE: Du hast gesagt, dass die Saison vermutlich keinen Platz in den Vereinschroniken bekommen wird. Welchen bekommt sie in der Trainerchronik von Ole Werner?

Ole Werner: Ein 13. Platz ist auf dem ersten Blick erstmal nicht so sexy. Als Aufsteiger ist es aber eine außergewöhnliche Leistung, dass wir zu keinem Zeitpunkt wirklich in Gefahr waren. In Anbetracht dessen wie die Mannschaft gearbeitet, sich weiterentwickelt hat und miteinander umgegangen ist, war das eine sehr intensive Saison. Insgesamt war das sicherlich einer der größten Erfolge in meiner Laufbahn als Profitrainer.

WERDER.DE: Neben vielen Spielern war es auch für Cheftrainer Ole Werner die erste Bundesliga-Saison: Hast Du einen Unterschied gemerkt?

Ole Werner: Die Abläufe sind relativ gleich, das Spiel verändert sich aber ein wenig. Die Trauben hängen etwas höher, als sie es noch in der 2. Liga getan haben. Das liegt in der Natur der Sache. Du musst als Gruppe mit mehr negativen Erlebnissen umgehen, das kostet dann noch mehr Energie und damit ist es noch schwerer umzugehen. Trotzdem haben wir das gemeinsam gut hinbekommen. Von der Arbeit selbst ist der Job aber der Gleiche.

WERDER.DE: Du hattest ja gesagt, dass dieser Erfolg gar nicht hoch genug bewertet kann. Was für Widerstände hast du erlebt?

Ole Werner: Vor allem in der zweiten Hälfte der Saison gab es mehr Widerstände, als es von außen vielleicht ersichtlich ist. Bis zum Winter hatten wir größtenteils alle Spieler zur Verfügung, die Spielverläufe waren gut für uns – danach hat es sich gedreht. Im Schnitt waren wir nicht mehr 20, sondern 17 Spieler mit Profivertrag im Training. Das macht einen Unterschied in der Arbeit, dem Trainingsniveau und der Vorbereitung. Ich bin stolz auf die Mannschaft, dass sie das überwunden hat und außer in Köln und ein stückweit auch in Frankfurt in jedem Spiel in der Lage war zu gewinnen. Leider haben wir es nicht geschafft, mehr Spiele auf unsere Seite zu ziehen.

WERDER.DE: Am Ende blicken wir auch auf großartige Highlights zurück.

Ole Werner: Eine ganze Menge. In Dortmund war die gesamte Leistung außergewöhnlich. Das Auswärtsspiel bei Hertha hat gezeigt, welche Wucht dieser Verein hat und welche Unterstützung wir haben – das hat sich mit einer guten Leistung der Jungs getroffen. Das dritte Spiel, das mir einfällt, ist das gegen Wolfsburg. Wir hatten davor gegen Köln und Union verloren und standen nur fünf Punkte über dem Strich. Die Mannschaft war aber extrem stabil und hat mental ein gutes Spiel gemacht.

Aktuell sind viele Spieler in einem sehr guten Moment ihrer Karriere.
Ole Werner

WERDER.DE: Außerdem habt Ihr den Weg von Niclas Füllkrug zum Nationalspieler begleitet. Für Dich auch ein Highlight?

Ole Werner: Definitiv. Fülle hat davon als Spieler profitiert, wir aber auch als Mannschaft und als Verein. In einer funktionierenden Mannschaft können sich auch Persönlichkeiten weiterentwickeln. Er ist dafür ein gutes Beispiel, es gibt im Team aber weitere persönliche Highlights. Romano Schmid und Ilia Gruev sind A-Nationalspieler geworden, Mitchell Weiser und Marvin Ducksch spielen eine super Saison – aktuell sind viele Spieler in einem sehr guten Moment ihrer Karriere. Das spricht dafür, wie sie arbeiten und wie sie sich in dem Umfeld entwickeln können.

WERDER.DE: Auf der Kehrseite der Medaille gab es aber auch Dinge, die Dich nicht unbedingt zufriedengestellt haben.

Ole Werner: Als Trainer gibt es in jedem Spiel Dinge, die du verbessern willst. Das ist immer ein Prozess, der nicht immer gradlinig verläuft. Sicherlich haben wir zu Hause zu wenig Punkte geholt. Ein Teil davon ist nicht zu erklären, das hängt auch mit Spielverläufen zusammen, die sich immer drehen können. Der andere Teil ist, dass wir uns speziell in den Heimspielen zu viel locken lassen haben. Gegen Freiburg, wo wir nach der Führung ein stückweit in Euphorie verfallen und die Kontrolle verlieren. Gegen Bayern, wo wir nach dem 0:1 zu früh aufmachen. Da fallen mir noch mehr Beispiele ein. In diesen emotionalen Momenten müssen wir bei uns bleiben und dürfen nicht zu gierig werden.

WERDER.DE: Durch den Negativtrend zum Abschluss der Saison haben einige Fans ein mulmiges Gefühl. Viele sagen, dass das zweite Jahr für einen Aufsteiger das Schwierigere ist. Kannst Du Ihnen die Furcht nehmen?  

Ole Werner: Mich würde erstmal interessieren, ob das wirklich so oder nur ein Bauchgefühl ist (schmunzelt). Jede Saison hat seine eigenen Herausforderungen. Wir haben keine einfachen Jahre gehabt, aber haben sie alle gemeinsam gemeistert. Mitarbeiter, Spieler und Staff haben sich dadurch ein gewisses Vertrauen erarbeitet. Wir können selbstbewusst genug sein, dass uns das wieder gelingt, wenn wir einen guten Job machen. Da gibt es für mich keinen Grund dran zu zweifeln.

WERDER.DE: Du konntest im vergangenen Sommer erstmalig so richtig mit Transfers an einer Zusammenstellung deiner Mannschaft mitarbeiten. Ist so etwas auch die intensivste Zeit, die vor dir und natürlich auch vor Clemens und Johannes Jahns liegt?

Ole Werner: Für die angesprochenen Namen sicherlich eher (schmunzelt.). Für mich als Trainer ist der Trainings- und Spielbetrieb nochmal eine andere Frequenz. Natürlich bin ich involviert, wir haben klare Positionsprofile definiert und ich spreche und beschäftige mich auch mit den Spielern - ich werde aber zu einem Zeitpunkt eingebunden, wenn Dinge vorbereitet sind. Das ist ein Teamprozess und auch die richtige Aufgabenteilung. Am Ende ist es wichtig, dass der Verein Spieler holt, die zu der Idee passen, die wir als Trainerteam vermitteln können.

WERDER.DE: Gibt es Spielertypen, die Euren Spielstil noch weiterentwickeln können oder geht’s dabei um eine qualitative Verstärkung positionsbezogen?

Ole Werner: Es geht immer darum, den Kader insgesamt weiterzuentwickeln. Als Trainer wünschst du dir immer alles: Größere Qualität, mehr Breite, mehr Flexibilität. Am Ende ist der finanzielle Spielraum aber begrenzt, weswegen du dich auf Dinge festlegen musst. Für mich ist es wichtig Spieler zu finden, die uns besser machen aber auch charakterlich zu Werder und dieser Mannschaft passen. Denn auch nächstes Jahr wird viel über Teamwork gehen und dann musst du die richtigen Charaktere im Raum sitzen haben – ich bin optimistisch, dass uns das gelingt.

Die Vorfreude auf die neue Saison mit ihren Momenten und Herausforderungen ist definitiv schon da.
Ole Werner

WERDER.DE: Wie groß ist die Vorfreude, jetzt für ein paar Wochen die Seele baumeln lassen zu können?

Ole Werner: Das ist unterschiedlich von Person zu Person. Ich brauche immer ein bisschen, um abschalten zu können. Eine Woche, in der ich runterkomme, gibt es dann aber auch bei mir. Es wird aber auch viele Gespräche über das Personal geben, die Vorfreude auf die neue Saison mit ihren Momenten und Herausforderungen ist definitiv schon da.

WERDER.DE: Was braucht Ole Werner, um abzuschalten?

Ole Werner: Gutes Wetter (überlegt kurz). Einfach gutes Wetter.

WERDER.DE: Das dürfte im Juni kein Problem sein. Vielen Dank für das Gespräch, Ole!

 

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