Schmerzlich, aber notwendig

Dr. Hubertus Hess-Grunewald im Interview

Dr. Hubertus Hess-Grunewald ordnet die beschlossenen Maßnahmen ein (Foto: W.DE).
Interview
Dienstag, 04.08.2020 / 18:29 Uhr

Das Interview führte Yannik Cischinsky

Ein erster wichtiger Schritt auf dem Weg zur sukzessiven Rückkehr von Zuschauern in die Stadien der Bundesliga ist gegangen. Auf der DFL-Mitgliederversammlung wurde am Dienstag ein einheitliches Vorgehen der Profiklubs mit vier grundlegenden Beschlüssen verabschiedet, in den kommenden Wochen wird das entsprechende Konzept den zuständigen Ministerien vorgelegt.

Im Interview mit WERDER.DE spricht Werders Präsident und Geschäftsführer Dr. Hubertus Hess-Grunewald über die beschlossenen Maßnahmen, den konkreten Stand der Planungen in Bremen und positioniert sich eindeutig hinsichtlich der Befürchtungen seitens der Fans, dass diese Maßnahmen langfristig beibehalten werden könnten.

WERDER.DE: Auf der DFL-Mitgliederversammlung wurden heute im Wesentlichen vier Maßnahmen beschlossen, die bei der schrittweisen Wiederzulassung von Zuschauern helfen sollen. Kannst du uns noch einmal kurz erläutern, welche vier Änderungen das sind?

Dr. Hubertus Hess-Grunewald: „Zeitlich begrenzt bis zum Ende des Jahres werden keine Gästefans zugelassen, zudem müssen die Kontaktdaten der Zuschauer erfasst werden, um die Nachverfolgbarkeit von Infektionsketten sicherzustellen. Außerdem werden keine Stehplätze zugelassen und kein Alkohol ausgeschenkt – wobei die beiden letztgenannten Punkte zeitlich bis zum 31. Oktober begrenzt sind.“

WERDER.DE:Wie bewertest du den verabschiedeten Maßnahmenkatalog?

Dr. Hubertus Hess-Grunewald: „Es sind aus meiner Sicht notwendige Maßnahmen und Schritte, die uns helfen, gegenüber den Behörden das Vertrauen weiter zu stärken, damit wieder Bundesliga-Fußball mit Zuschauern in den Stadien geschaut werden kann. Das wird nur schrittweise erfolgen können. Manche dieser Dinge sind sicherlich schmerzlich, gerade vor dem Hintergrund der Fankultur, die wir pflegen und in jedem Fall erhalten wollen. Aber wir werden nicht die Situation haben, dass alles sofort wieder funktioniert. Wir kommen aus einem Saisonfinale ohne Zuschauer und versuchen jetzt Voraussetzungen zu schaffen, wieder Teilmengen an Zuschauern ins Stadion zu lassen. Das wird schwer und aufwändig genug. Daher sehe ich die Maßnahmen als ersten Schritt hin zur Normalität, auch wenn wir in den einen oder anderen sauren Apfel beißen müssen.“

WERDER.DE: Hat sich Werder bei allen vier Maßnahmen dafür ausgesprochen?

Dr. Hubertus Hess-Grunewald: „Wir haben innerhalb der Diskussion Bedenken geäußert, ob das Alkoholverbot im Stadion immer der gewünschte Zweck erfüllt - auch mit Blick auf den Konsum im Vorfeld und die Einlasssituation. In der Abstimmung haben wir uns schlussendlich aber dafür ausgesprochen, da der Beschluss zeitlich begrenzt ist und drei Heimspiele umfasst, in denen sicherlich die notwendigen Erfahrungswerte gesammelt werden können.“

WERDER.DE: Christian Seifert hat auf der Pressekonferenz am Nachmittag erwähnt, dass sich manche Klubs bereits in Gesprächen mit den örtlichen Behörden befinden. Wie ist der Stand hier in Bremen?

Dr. Hubertus Hess-Grunewald: „Auch wir in Bremen befinden uns in Gesprächen mit den Behörden. Wir haben hier verschiedene Abstimmungsrunden, mit der Innenbehörde, mit dem Gesundheitsamt, natürlich auch mit der Polizei und der Feuerwehr. Wir versuchen eine möglichst große Zahl an Zuschauern bei den Heimspielen im Stadion zu ermöglich, auch wenn wir in Bremen einige Besonderheiten mit unserem wohninvest WESERSTADION haben.“

Ich hoffe, dass die Infektionszahlen es zulassen, im neuen Jahr die Kapazitäten zu erhöhen.
Dr. Hubertus Hess-Grunewald

WERDER.DE: Die DFL entscheidet bekanntermaßen nicht über die Wiederzulassung. Welche Schritte sind notwendig, damit Spiele mit Zuschauern wieder möglich werden?

Dr. Hubertus Hess-Grunewald: „Wir müssen uns klarmachen, dass wir eine Verordnungslage haben, in der bis zum 31.10.2020 Großveranstaltungen mit mehr als 1.000 Teilnehmern schlicht untersagt sind. Die DFL und die Vereine können gegenüber der Politik nur dafür werben, dass wir für den Start der Bundesliga am Wochenende des 18.09.2020 wieder die Voraussetzungen schaffen, überhaupt Zuschauer ins Stadion zu lassen. Und dafür muss die Politik die Corona-Verordnung ändern. Da gibt es die Abstimmung auf der Ebene der Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin und natürlich muss vor Ort mit den jeweiligen Behörden geschaut werden: Wie sind die jeweiligen Bedingungen, die wir herstellen müssen?“

WERDER.DE: In den vergangenen Wochen wurden immer mal wieder Zahlen kolportiert, wie es an anderen Standorten in Deutschland aussehen könnte. Auch wir als Werder Bremen haben natürlich schon für uns errechnet, wie die Auslastung des Stadions sein könnte. Über welche Zahlen sprechen wir denn konkret in Bremen?

Dr. Hubertus Hess-Grunewald: „Wir haben vor einigen Tagen eine wünschenswerte Zahl geäußert und betont, dass auf Grundlage der Berechnung der Stadionkapazität und der Tatsache, dass wir 1,50 Meter Abstand zu allen Seiten halten müssen, ungefähr 15.000 Zuschauer erreichbar sein könnten. Das ist aber nur die Zahl, die sich auf die reine Kapazität auf den Tribünen bezieht. Die neuralgischen Punkte zur finalen Berechnung sind der Einlass, die Stadionumläufe, die Mundlöcher und natürlich die Situation in den Sanitärbereichen.“

WERDER.DE: Wie ist der Planungsstand bei konkreten Themen wie die Verpflegung der Zuschauer im Stadion oder der Anreise zum wohninvest WESERSTADION?

Dr. Hubertus Hess-Grunewald: „Natürlich ist es das Ziel unter Wahrung der Abstands- und Hygieneregeln eine Versorgung aller Bereiche sicherzustellen. Unser Caterer legt dazu ein erstes Konzept vor, das in den entsprechenden Arbeitsgruppen besprochen wird. Diese Herausforderung gehen wir an. Auch die Anreise ist ein Thema, mit dem wir uns auseinandersetzen. Sicher ist, dass wir nicht alle Zuschauer mit dem PKW anreisen lassen können, da wir nicht die Kapazitäten haben, um alle unterzubringen. Eine vermehrte Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel erhöht allerdings das Infektionsrisiko, weshalb Gespräche mit VBN und BSAG zwingend notwendig sind. Andererseits gilt es zu berücksichtigen, dass der Andrang auch deutlich geringer ausfallen wird als bei normaler Auslastung des Stadions.“

WERDER.DE: Würde bei einer Teilzulassung von Zuschauern die Ostkurve wieder in eine Sitzplatztribüne umfunktioniert werden?

Dr. Hubertus Hess-Grunewald: „Wir haben im wohninvest WESERSTADION die dankbare Situation, dass wir den Ost-Unterrang zu Sitzplätzen umgestalten können. Wir planen diesen Bereich mit Ticketinhabern für diesen Bereich und mit Sitzplätzen zu besetzen. Wir verkaufen für diesen Bereich so viele Dauerkarten, wie es dort rechnerisch unter Wahrung der Abstände auch Sitzplätze gäbe. Dass wir die Eintrittskarten bei einer Teilzulassung der Zuschauer nur unter den Dauerkarteninhaber*innen vergeben ist unser Weg, um der Anforderung gerecht zu werden, dass die Daten der Zuschauer zur Nachverfolgung von Infektionsketten erfasst werden müssen.“

WERDER.DE: Jetzt gibt es unter den organisierten Fans die Befürchtung, dass die beschlossenen Maßnahmen eventuell eine Blaupause für die Zukunft sein könnten. Wie siehst du das?

Dr. Hubertus Hess-Grunewald: „Ich nehme solche Befürchtungen sehr ernst, weil uns als Werder Bremen sehr daran gelegen ist, dass wir die Fankultur weiter pflegen, auch gerade die besondere Fankultur in Deutschland mit Gästefans, mit Stehplätzen und der Reisekultur an den Wochenenden. Das ist aber im Moment unter Corona-Bedingungen nicht möglich und wir können uns nur damit in Einklang bringen, dass wir sagen: Die Maßnahmen sind zeitlich auf relativ überschaubare Zeiträume begrenzt. Bei den Stehplätzen und beim Alkoholverbot reden wir vom 31. Oktober, es geht also um drei Heimspiele. Der Ausschluss von Gästefans gilt bis zum Ende des Jahres. Ich hoffe, dass wir im neuen Jahr eine Situation haben, die es erlaubt wieder die Kapazitäten zu erhöhen. Das heißt, dann eventuell wieder mit Gästefans im wohninvest WESERSTADION zu spielen und auch, dass unsere Werder-Fans, die zu den reisefreudigsten in der Bundesliga gehören, wieder in den Stadien der Bundesliga präsent sein können.“

 

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