"Ein gutes Signal"

Florian Kohfeldt im Interview zu den Eggesteins

Florian Kohfeldt kennt die Eggestein-Brüder seit Jahren. Er freut sich auf die weitere Zusammenarbeit (Foto: nph).
Interview
Mittwoch, 10.04.2019 / 13:10 Uhr

Das Interview führte Felix Ilemann

Seit vielen Jahren begleitet Florian Kohfeldt die beiden Eggestein-Brüder. In dieser Woche haben sowohl Johannes als auch Maximilian Eggestein ihre Verträge beim SV Werder verlängert. Der gemeinsame Weg des Cheftrainers mit den grün-weißen Eigengewächsen wird also weitergehen. Grund genug für WERDER.DE, um mit dem Coach ausführlich über das Eggestein-Duo zu sprechen.

WERDER.DE: Du begleitest Jojo schon sehr lange. Ganz Werder Bremen hat immer auf ihn geschaut. Das war nicht immer dankbar für ihn, oder?

Florian Kohfeldt: „Jojos Geschichte ist eine besondere. Er ist sehr jung zu Werder gekommen und galt sehr früh als ein absolutes Top-Talent. In den Jugendnationalmannschaften stand er im absoluten Fokus, in der B- und A-Jugend hat er die Bundesligen mit seinen Treffern nach Belieben dominiert. Dadurch ist eine riesengroße Erwartungshaltung entstanden. Aber ich glaube auch, dass ihn diese Zeit geprägt hat.“

WERDER.DE: Inwiefern?

Florian Kohfeldt: „Jojo war derjenige, auf den alle geguckt haben. Damit musste er zurechtkommen. Das war aus meiner Sicht eine unfaire Erwartungshaltung, wenngleich es natürlich ist, dass das Interesse sehr groß ist – intern wie extern. Er wurde sehr früh gehypt. Das musste er ablegen. Ich glaube, dass er schon Druck hatte. Er hat sich jetzt von dem Druck befreit. Ich freue mich sehr, dass er die Lockerheit wiedererlangt hat. Die Lockerheit, Fußball auch wieder als Spiel zu begreifen. Das zeichnet ihn momentan aus.“

WERDER.DE: Auch hinsichtlich der körperlichen Entwicklung hat er viel gearbeitet, war immer sehr fleißig…

Florian Kohfeldt: „Absolut richtig.“

WERDER.DE: Wie würdest du seine Entwicklung zusammenfassen?

Florian Kohfeldt: „Die Entwicklung hat ja weit vor dieser Saison oder dem letzten Jahr begonnen. Da muss man der Athletikabteilung um Axel Dörrfuß und den begleitenden Trainern ein Riesenkompliment machen. Training und die individuelle Entwicklung waren wichtiger als der Wettkampf. Er ist dann auch mal müde zu einem Drittligaspiel gekommen. Man sieht heute, wie viel das gebracht hat und wie viel stabiler er geworden ist. Ich glaube auch, dass da noch mehr kommen wird. Er befindet sich immer noch in einem Entwicklungsprozess.“

WERDER.DE: Das war ein wichtiger Schritt…

Florian Kohfeldt: „All das waren vorbereitende Schritte, um sich als Teil eines Mannschaftssports zu begreifen. Er war teilweise fokussiert auf die Einzelmaßnahmen. Das Gefühl für das Spiel, das ihn in all den Jugendmannschaften ausgezeichnet hat, hat er jetzt wiedergewonnen – und profitiert von ganz anderen körperlichen Voraussetzungen. Die Vorarbeit beim Tor in Leverkusen zeigt exemplarisch, mit welchen Instinkten er ausgestattet ist.“

WERDER.DE: Wie wichtig ist Johannes Eggestein für die Zukunft von Werder Bremen?

Florian Kohfeldt: „Ich will nicht gleich neuen Druck aufladen (lacht). Er kann für uns in den nächsten Jahren definitiv eine wichtige Rolle spielen, er weiß aber auch, dass er hier Zeit für seine Entwicklung bekommt, denn die wird er brauchen. Wir werden auf keinen Fall alle Last der Offensive auf seine Schultern legen. Wir erwarten nicht, dass er vorangeht. Jojo ist auf einem guten Weg, zugleich muss er im mannschafts- und individualtaktischen Bereich dazulernen. Er wird Spiele für uns entscheiden, da bin ich mir sicher und wenn er in der übernächsten Saison ein Eckpfeiler unseres Teams ist, um den sich viel dreht, wäre das eine sehr schöne Entwicklung.“

Er ist immer bei sich geblieben und fokussiert. Er ruht in sich.
Florian Kohfeldt

WERDER.DE: Kommen wir zu Maxi. Thomas Schaaf hat oft erzählt, dass er von einem Spieler, den er lange begleitet hat, einige wenige Szenen im Kopf behält. Gibt es diesen einen Moment bei Maxi für dich?

Florian Kohfeldt: „Es ist schwierig, all das, was er fußballerisch darstellt, in eine Szene zu quetschen. Da würden mir zu viele einfallen. Aber es gab eine sehr wichtige Szene in seiner Laufbahn, die mir in Erinnerung kommt. Das war in einem Drittliga-Auswärtsspiel in Rostock, das von der Atmosphäre des Ostseestadions einem Bundesliga-Spiel ähnelt. Wir bekamen nach einem Foul an Ousman Manneh in der 80. Minute einen Elfmeter zugesprochen. ‚Ous‘ wollte schießen, aber ich hatte vorher Maxi als Schützen bestimmt und er ließ sich auch nicht davon abbringen, zu schießen. Er hat sich den Ball genommen und vor 17.000 Zuschauern knallhart oben in den Winkel verwandelt. Für mich innerlich war es die Szene, in dem er den Schritt vom Jugend- zu einem Führungsspieler gemacht hat – was eigentlich verrückt ist, denn er war ja schon in jungen Jahren sehr wichtig für diesen Verein. Das wird oft vergessen.“

WERDER.DE: Auf welche Zeit spielst du an?

Florian Kohfeldt: „Maxi stand in der Startelf, als wir 2015/2016 gegen Frankfurt im Weser-Stadion um Alles oder Nichts gespielt haben. Er hat schon eine Menge bei Werder mitgemacht, viele Phasen durchlebt, gute und schlechte. Er ist dabei immer bei sich geblieben und fokussiert. Er ruht in sich. Das ist ein großes Kompliment für einen jungen Spieler.“

WERDER.DE: Wie überzeugt man einen jungen Spieler, der sich seinen Arbeitgeber vermutlich aussuchen kann, die genommene Entwicklung bei Werder fortzusetzen?

Florian Kohfeldt: „Ich habe mit Maxi dazu viele Gespräche geführt, zwar nicht jede Woche, aber doch ein, zwei lange, ehrliche und offene Gespräche. Es war mir wichtig zu betonen, dass er uns jetzt im Nachgang nicht dankbar sein muss. Ich glaube, er hat sich entschieden, dass er sich den Weg zu einem großen Bundesliga-Spieler zutraut. Demzufolge war es der logische Schritt, hier zu unterschreiben, weil er hier die nächsten Jahre Führungsspieler sein wird.“

WERDER.DE: Seine Leistungen sind ja bereits sehr konstant…

Florian Kohfeldt: „In seinen Leistungen fällt er nie unter ein gewisses Basis-Niveau. Das ist überragend für einen jungen Spieler. Geht man von 100 Prozent als Messlatte aus, fällt Maxi nie unter 90 Prozent. Er macht kaum Fehler, selbst wenn man sich die Spiele im Nachgang anguckt muss man beispielsweise nach einem Stellungsfehler echt suchen. Natürlich kann er mehr ‚besondere Momente‘ haben. Wir alle denken da an das Tor gegen Frankfurt.“

WERDER.DE: Wird das der nächste Schritt in seiner Entwicklung sein?

Florian Kohfeldt: „Der nächste Schritt wird sein, andere Spieler besser zu machen und diese besonderen Aktionen noch häufiger einzustreuen. Einerseits Tore vorzubereiten und Tore selbst zu schießen, andererseits aber auch über seine Gestik, Präsenz, die Art und Weise, zu spielen, und sein Gefühl für das Spiel, seine Mitspieler besser zu machen – auf dem Platz und in der Kabine, vor und nach dem Spiel. Das traue ich ihm alles zu. Dafür ist Werder der richtige Platz. Ich glaube, das Argument für die Verlängerung war also nicht Dankbarkeit, sondern das Bekenntnis, seinen Weg als Spieler bei Werder fortzusetzen.“

WERDER.DE: Du begleitest ihn seit der U17, in verschiedenen Funktionen und Altersstufen. Gibt es dadurch die besondere Beziehung zu Maxi?

Florian Kohfeldt: „Wir schätzen uns und wir vertrauen uns, weil wir auch Phasen gemeinsam durchgemacht haben, die nicht nur Sonnenschein waren. Das ist eine wichtige Basis für unsere Zusammenarbeit, aber er ist mein Spieler. Wir gehen nicht dreimal die Woche Essen. Das mache ich doch lieber mit meiner Frau (lacht). Ohnehin muss man verschiedene Personen herausheben.“

WERDER.DE: Wer ist da zu nennen?

Florian Kohfeldt: „Viktor (Skripnik, Anm. d. Red.) war sein Trainer für sehr lange Zeit. Er hat ihn zum Bundesliga-Spieler gemacht, als er ihn mit 17 Jahren gegen Paderborn eingewechselt hat, ich war der Co-Trainer. Das möchte ich nicht verdreht wissen. Viktor hat eine ganz wichtige Rolle in seiner Entwicklung gespielt, ebenso wie Björn Schierenbeck, der ihn damals entdeckt hat, und viele weitere aus dem WERDER Leistungszentrum.“

WERDER.DE: Wie groß ist die Freude, dass beide Brüder jetzt eine so wichtige Rolle spielen?

Florian Kohfeldt: „Es ist eine große Freude, dass Beide bleiben. Die Identifikation zu Werder hat diesen Verein immer ausgezeichnet. Mit den Beiden haben wir zwei Spieler, die sich absolut identifizieren und gleichzeitig erfolgshungrig sind. Ich glaube, es ist ein großes Kompliment für den Verein und das Umfeld, dass sie sagen: ‚Ja, hier können wir Erfolg haben.‘“

WERDER.DE: Was für ein Signal ist das?

Florian Kohfeldt: „Es ist ein Zeichen, dass wir in der Lage sind, junge Spieler aus dem Dunstkreis der deutschen Nationalmannschaft, die in der Bundesliga begehrt sind, halten können. Das ist ein gutes Signal. Aber von diesem guten Zeichen können wir uns nichts kaufen. Wir wollen in der Bundesliga in den nächsten Wochen weiterhin Ergebnisse einfahren. Darum geht es in unserer täglichen Arbeit, auch der von Jojo und Maxi.“

 
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