Dörrfuß im Interview: "Begierde nach Daten größer als Skepsis"

Leiter Athletik und Performance, Axel Dörrfuß, setzt bei seiner Arbeit auf Trackingdaten (Foto: nordphoto).
Interview
Donnerstag, 19.07.2018 / 10:58 Uhr

Wenn die Werder-Profis im Zillertal einen Fuß auf den Rasen setzen, bleibt das nicht unbeobachtet. Klar, zahlreiche Fans schauen zu, das Trainerteam beobachtet ganz genau. Doch Kainz, Harnik und Co. werden noch von einer weiteren Partie ganz genau unter die Lupe genommen. Mit Hilfe eines Tracking-Systems werden die Laufdaten aller Spieler erfasst. Werders Leiter Athletik und Performance, Axel Dörrfuß erklärt im Interview auf WERDER.DE was dahinter steckt, auf welches System er setzt und warum die Daten so wichtig sind.

WERDER.DE: Moin, Axel. Beim Training ist immer wieder zu beobachten, dass die Werder-Profis schwarze Westen von CATAPULT tragen. Was hat es damit auf sich?

Axel Dörrfuß: „Es geht in erster Linie darum, mehr über das Training und das Spiel zu erfahren. Darum tragen die Jungs diese Westen von CATAPULT, in denen ein Sender steckt, über oder unter ihren Shirts. Wir erheben Daten, die wir analysieren, um noch optimaler trainieren zu können. Bereits vor fünf bis sechs Jahren haben wir damit angefangen. Doch in all den Jahren ist die Bedeutung dieses Themas immer größer geworden und auch wir haben uns weiter professionalisiert.“

WERDER.DE: Und warum musste es das Tracking-System der Firma CATAPULT sein?

Axel Dörrfuß: „Irgendwann haben wir uns mehr Fragen gestellt, als sie beantwortet werden konnten. CATAPULT war der kompetenteste Anbieter auf dem Markt. So kam es zu der Zusammenarbeit.“

WERDER.DE: Welche Daten werden überhaupt erhoben und wie genau funktioniert die Analyse?

Axel Dörrfuß: „Man muss ehrlich sagen: CATAPULT liefert uns die besten Daten, was Qualität der Erhebung und Vielfalt betrifft. Das System bietet uns die Möglichkeit, die Basics zu erheben. Das sind in erster Linie die Laufstrecken der Spieler, deren Quantität und Qualität, aber auch die einzelnen Belastungssituationen: Geschwindigkeit und Dynamik von Richtungswechseln. Das Ganze wird dann in den Kontext der einzelnen Trainingseinheiten gestellt, die wir zuvor planen. Anhand der Daten des Systems können wir also unsere Trainingsziele mit dem tatsächlich in jeder Einheit erfolgte Leistungen der Spieler abgleichen.“

WERDER.DE: Das heißt, ihr messt Herzschlag, Laufstrecke und die Anzahl der Richtungswechsel?

Axel Dörrfuß: „Richtig. Wir messen diese einzelnen Parameter für jeden Spieler individuell und können sie wiederum speziell einordnen. Darum machen wir zum Start der Vorbereitung die Leistungsdiagnostik, anhand derer wir für jeden Profi Werte festlegen, die später mit den aktuellen Trainingswerten verglichen werden können. Wir können dann beispielsweise genau sehen, wie sich Herzkreislaufsystem und energieliefernde Systeme vor, während und nach einzelnen Übungen sowie dem Training verhalten, welche Herzfrequenz ein Spieler vor, während oder nach dem Training hat. Das gleiche gilt für die Geschwindigkeit: Welche maximale Geschwindigkeit erreicht ein Spieler? Wie häufig und wie lange war er in welchem Tempo unterwegs? Wir erheben ein sehr umfangreiches Programm. Nicht nur die Sprints, sondern auch die Be- und Entschleunigungen werden qualitativ und quantitativ erfasst.“

WERDER.DE: Bei welchen Trainingsinhalten wird das CATAPULT-System eingesetzt? Beim Krafttraining oder nur auf dem Platz, beim Fahrradfahren oder Auslaufen auch?

Axel Dörrfuß: „Wir setzen es bei nahezu allen Trainingseinheiten ein. Mit Florian Kohfeldt und dem gesamten Trainerteam waren wir uns einig: Wenn wir Daten erheben, machen wir es durchgängig und zu hundert Prozent. Nur das gibt uns die Chance, das Training exakt so zu steuern, wie wir es uns vorstellen.“

WERDER.DE: Wir müssen also vom „gläsernen Profi“ sprechen…

Axel Dörrfuß: „Es ist in der Tat so, dass wir die Spieler genau analysieren.“

WERDER.DE: Wie nehmen die Spieler das an? Sie müssen ja nicht nur in jeder Einheit die Weste tragen, sondern werden durch das Tracking auch stets mit ihren Daten konfrontiert.

Axel Dörrfuß: „Die Akzeptanz beim SV Werder war von Anfang an gegeben. Mit Beginn des Programms war die Bereitschaft der Spieler da, diesen Weg mitzugehen - in aller Konsequenz, auch was das Tragen der Weste in jedem Training betrifft. Die Spieler nehmen das Ganze zu unserer Freude sehr gut an. Grundsätzlich kann ich sagen, dass die Begierde, mehr über die eigenen Leistungen zu erfahren, größer ist als die Skepsis demgegenüber.“

WERDER.DE: Heutzutage kann sich also niemand mehr erlauben zu sagen: ‚Ach, heute bin ich müde. Heute gebe ich nur 50 Prozent‘?

Axel Dörrfuß: „Doch, klar kann ein Spieler das sagen (lacht). Anhand der Daten bekommen wir allerdings live mit, ob das wirklich so ist. Natürlich können wir aber auch dank des Systems genau beurteilen, woran eine weniger gute Trainingsleistung lag: War es mangelnde Bereitschaft, Fitness oder fehlende körperliche Frische.“

WERDER.DE: Du hast die Liveauswertung schon mehrfach angesprochen. Erkläre uns das mal!

Axel Dörrfuß: „Wir erheben die Daten live, während des Trainings. Wir haben dann die Möglichkeit, sie im Nachgang auszulesen und zu analysieren. Aber das Live-Tracking gibt uns die Chance, die Daten in Echtzeit sowohl zu erfassen als auch direkt Konsequenzen daraus zu ziehen. Das Ganze interpretieren wir dann im Kontext unseres Trainingsziels. Was heißt das? Wir definieren vorab einzelne Ziele. Welchen Laufumfang wollen wir in der Einheit erreichen? Mit welcher Intensität wollen wir trainieren? Wie viele Sprints und hochintensive Läufe soll es geben? All das können wir dann während der Einheit mit unseren Anforderungen abgleichen und situativ darauf reagieren, wie gut wir im Soll liegen oder wo wir eventuell noch nachjustieren müssen. Diese Daten sind der Grund, dass wir mal Inhalte hinten dranhängen oder die Einheit mal früher endet.“

WERDER.DE: Ist es vorstellbar, diese Maßnahmen nicht nur im Training sondern auch in Bundesliga-Spielen anzuwenden?

Axel Dörrfuß: „Von der FIFA gibt es dafür bereits eine grundsätzliche Freigabe. Seit der vergangenen Saison könnten die Vereine das System in der Bundesliga anwenden. Während es in vielen Sportarten schon der Fall ist, wird es im Fußball noch nicht umgesetzt. Aber auch der Fußball sollte in den nächsten Jahren diesen Weg einschlagen.“

WERDER.DE: Vielen Dank für das Interview.

 
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