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So arbeitet Werders Analyse-Team im Zillertal

Das Analyse-Team: Pascal Schichtel, Rafael Kazior und Mario Baric beim Meeting (Foto: WERDER.DE).
Trainingslager Zillertal
Montag, 16.07.2018 / 09:58 Uhr

Von Yannik Cischinsky

Wer morgens als Erster aufsteht, macht Kaffee. Es wird ein langer Arbeitstag. Für Mario Baric, Pascal Schichtel und Rafael Kazior beginnt er gegen 7.30 Uhr mit dem ersten gemeinsamen Meeting und endet meist spät in der Nacht. Die drei Analysten des SV Werder leisten im Trainingslager Schwerstarbeit, ohne, dass ihre Arbeit gerne in den Mittelpunkt gerückt wird. Doch im Zillertal steht genau diese Arbeit im Fokus, in den internen Abläufen einerseits, vor allem aber auch medial.

Warum wird schnell klar, denn so einiges ist neu im Parkstadion: Ein weißes Zelt steht beispielsweise am Rand des Trainingsplatzes. In ihm verschwindet die Mannschaft. Mehrfach pro Trainingseinheit, meistens in kompletter Mannstärke. Eine Drohne schwebt über dem Grün, eine Kamera erfasst jeden Schritt und regelmäßig wird sich über Funk ausgetauscht. Kurzum: Es ist ein neuer Entwicklungsschritt in Werders Videoanalyse eingeläutet worden. „Unmittelbares Feedback kann dem Lernprozess extrem dienlich sein“, erklärt Mario Baric, Chefanalytiker beim SV Werder. „Deshalb hat sich das Trainerteam gemeinsam mit uns dazu entschlossen, die Analyse direkt ans Feld zu holen. Das ist definitiv eine große Neuerung in den Abläufen.“

Gerade in der aktuellen Phase der Sommervorbereitung liegt das Hauptaugenmerk der Coaches auf taktischen Abläufen wie Spieleröffnung oder Defensivverhalten. „Durch die Analyse am Platz gibt es eine direkte Rückmeldung für die Spieler, ohne, dass der Weg zum Hotel oder das Duschen dazwischenliegt und man die Hälfte schon wieder vergessen hat. Außerdem können sie das Besprochene direkt danach wieder auf dem Feld umsetzen. Das ist sehr wichtig für uns“, verdeutlicht Florian Kohfeldt.

Auf dem Dach des Schulzentrums in Zell am Ziller steht Pascal Schichtel. Sein Kamerabild filmt alle 22 Akteure. Es wird direkt auf den Laptop im Zelt übertragen. In Echtzeit sichten, markieren und schneiden die Analysten aussagekräftige Szenen, um sie in den dafür vorgesehenen Unterbrechungen der Mannschaft zu präsentieren. Die Co-Trainer Thomas Horsch und Tim Borowski treffen dabei eine Vorauswahl, Cheftrainer Florian Kohfeldt trägt sie der Mannschaft vor.

Durch die technische Entwicklung wird man überflutet mit Daten
Mario Baric, Chefanalytiker des SV Werder

Der Neuling im Analyse-Team, Rafael Kazior, deckt eine weitere Perspektive ab. Mit der Drohne steuert er die sogenannte Hintertorperspektive bei. Doch nicht nur das. „Als Ex-Profi bringt er eine Sichtweise ein, die bis dato im Analyse-Team gefehlt hat und uns sehr wichtig ist. Im Trainerteam übernimmt das beispielsweise Tim Borowski“, ordnet Baric die Rolle des ehemaligen U 23-Kapitäns ein, der nach seinem Karriereende Anfang des Sommers dazustieß. Für alle drei sei es ein „sehr fordernder Job, für den man ihnen ein großes Lob aussprechen“ müsse, betont Kohfeldt.

Der Werder-Coach weiß, welche Arbeit hinter der Analyse steckt. Und wenn das Trio von frühmorgens bis spätabends zusammensitzt, muss die Chemie stimmen. Zwölf bis 15 Stunden verbringen Kazior, Schichtel und Baric tagtäglich zusammen. „Es ist eine Grundvoraussetzung, dass man sich sehr gut versteht“, sagt Baric. Er muss schmunzeln.

Als der heute 33-Jährige vor rund zehn Jahren im entstehenden Berufsfeld der Videoanalyse einstieg, war er noch Einzelkämpfer - zunächst beim 1. FC Kaiserslautern, später als Chefanalytiker bei Werders Testspielgegner Duisburg (Spielbericht lesen | Highlights anschauen) und schließlich als Co-Trainer in Saarbrücken. Heutzutage ist die Videoanalyse alleine nicht mehr zu schaffen. „Durch die technische Entwicklung wird man überflutet mit Daten. In gewisser Hinsicht muss man das durch Manpower auffangen“, sagt Baric.

Werder hat dieser Entwicklung Rechnung getragen. Insgesamt vier Leute umfasst das komplette grün-weiße Analyseteam in Bremen. Sie versorgen das Trainerteam mit den gewünschten Sequenzen, sowohl von einzelnen Spielern als auch dem gesamten Mannschaftsverbund, zur taktischen Vor- und Nachbesprechung. Sie bringen auch ihre eigene Expertise ein. In der Wettkampfphase kommt wiederum der Gegneranalyse eine elementare Rolle zu.

In der Bundesliga wird sich zur neuen Saison einiges verändern. Technische Hilfsmittel sind - wie schon bei der Weltmeisterschaft in Russland zu beobachten – innerhalb der Coaching Zone erlaubt. Dazu gehört eine Funkverbindung zum Analysten auf der Tribüne sowie der Scoutingfeed als Livebild auf bis zu drei Tablets oder Notebooks am Spielfeldrand. Bisher war lediglich ein komprimierter Zusammenschnitt in der Halbzeitpause zulässig. „Millionen Zuschauer vor dem TV durften Wiederholungen der Szenen sehen, hatten technische Hilfsmittel zur Verfügung, nur dem wichtigsten Akteur wenn man so will, dem Trainer, war das bisher verwehrt. Diese Veränderung ist ein riesiger Schritt für unsere Arbeit“, findet Baric.

Im Vergleich zu anderen Sportarten wie Basketball oder Football hinkt der professionelle Fußball hinterher. Erst langsam öffnet sich das Regelwerk für technische Neuerungen. Beim SV Werder wurden dahingehend wichtige Veränderungen angeschoben, wenngleich das jede Menge Arbeit für das Analyse-Team bedeutet. Meist bis weit nach Mitternacht. Der Letzte machte dann die Kaffeemaschine aus.

Die Arbeit der Videoanalyse in der Galerie:

 

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