Zhang: "Kein Fremder"

Werders Neuzugang Yuning Zhang in der schmalsten Gasse Bremens im Schnoor (Foto: WERDER.DE).
Interview
Donnerstag, 03.08.2017 / 15:29 Uhr

Das Interview führte Markus Biereichel

Viel Platz ist nicht in den engsten Gassen Bremens, im Schnoor, der Altstadt zwischen Dom und Weser. Hier, zwischen den denkmalgeschützen Häuser des ältesten Viertels der Hansestadt, lernt Yuning Zhang seine neue Heimat kennen. Mit WERDER.DE hat sich der 20-Jährige zum Interview verabredet. 

Im ausführlichen Gespräch erzählt Zhang von der härtesten Vorbereitung seines Lebens, Reaktionen aus China auf den Wechsel zu Werder, Integration und natürlich den Charme des Schnoors.

WERDER.DE: Yuning, du bist jetzt ungefähr einen Monat hier. Was sind deine ersten Eindrücke vom Verein und von den Spielern?

Yuning Zhang: „Zunächst einmal sind alle hier, ob Mitspieler, Trainer oder der gesamte Staff sehr freundlich zu mir. Es wird sehr professionell gearbeitet, der gesamte Fokus liegt auf dem Fußball. In den zwei Trainingslagern gab es keine Ablenkung. Hier zählt nur das Sportliche.“

WERDER.DE: Gibt es Unterschiede zu Arnheim, die du ausgemacht hast?

Yuning Zhang: „Mein müder Körper sagt mir: Die Intensität ist höher (lacht). Die Trainingseinheiten dauern länger und es wird deutlich härter trainiert. Auch die Spiele sind anstrengender, die Testspielgegner deutlich stärker, man ist ständig unter Druck. Und natürlich dauert die Anpassung ans System für einen jungen Spieler wie mich einen Tick länger. Auch bei der Sprache gilt es noch, Hürden zu überwinden. Es gibt doch einige Unterschiede.“

WERDER.DE: Allerdings hast du gleich zwei Tore in den Vorbereitungsspielen geschossen. Kein schlechter Start, oder?

Yuning Zhang: „Ja, das war definitiv ein guter Beginn.“

WERDER.DE: Wie ist die Vorbereitung denn aus deiner Sicht gelaufen?

Yuning Zhang: „Das war definitiv die härteste Vorbereitung, die ich jemals absolviert habe. Teilweise hatten wir drei Einheiten am Tag und um ehrlich zu sein: Einige Male war ich körperlich wie tot (lacht). Ich habe zwar nicht allzu viele Minuten in den Tests gespielt, aber die Tore waren für mich deshalb eine Art Wiedergutmachung für die Schufterei.“

WERDER.DE: Wir haben uns für das Interview im Schnoor verabredet. Hattest du schon Zeit, Bremen auf eigene Faust zu erkunden?

Yuning Zhang: „Ich habe gerade die Stadtmusikanten besichtigt, das Märchen gehört und die Vorderbeine des Esels umfasst, um mir Glück für die Saison zu holen.“

WERDER.DE: Was erzählst du Freunden und Familie in China, wenn du mit ihnen über deine neue Heimat sprichst?

Yuning Zhang: „Ehrlich gesagt rede ich dann fast nur über Fußball. Alles dreht sich momentan noch ums Training, die Spielweise, die Methoden und wie ich versuche, mich daran anzupassen. Vielleicht in einem Jahr, wenn ich begonnen habe, das Leben in Bremen etwas zu genießen, dann kann ich auch mal Stories über Bremen erzählen.“

Jeder denkt plötzlich, dass ich die Hoffnung des chinesischen Fußballs bin
Yuning Zhang

WERDER.DE: Wie waren denn die Reaktionen aus deiner Heimat auf den Wechsel zu Werder?

Yuning Zhang: „Ich muss tatsächlich zugeben, dass das offenbar ein ziemlich großes Ding war. Es gibt nicht viele chinesische Spieler, die in Europa spielen, vor allem nicht in einer der fünf großen Ligen. Es hat sich schnell großer Druck aufgebaut, seitens der Medien, von Freunden, aber auch von Leuten, die ich gar nicht kenne. Jeder denkt plötzlich, dass ich die Hoffnung des chinesischen Fußballs bin – auch wenn ich selbst das überhaupt nicht denke.“

WERDER.DE: War das reiner Druck oder haben sich die Leute auch für dich gefreut?

Yuning Zhang: „Nein, natürlich haben sich die meisten für mich gefreut und ich persönlich bin auch sehr glücklich über diese Chance. Es überwiegt die Freude.“

WERDER.DE: Wenn man deine Geburtsstadt Wenzhou, die mit sechs Millionen Einwohnern noch nicht mal zu den größten Städten Chinas gehört, mit Bremen und Arnheim vergleicht – was gefällt dir besser?

Yuning Zhang: „Ich habe meinen Geburtsort mit fünf Jahren verlassen und nicht mehr viele Erinnerungen an Wenzhou. Ich bin in Shanghai aufgewachsen, eine der größten Metropolen der Welt, in der es eigentlich immer hektisch zugeht. Viele Menschen, viel Verkehr, viel Lärm. Als ich nach Europa kam, habe ich irgendwie eine Menge inneren Frieden gespürt, Platz für mich, mich zu entfalten und mich auf den Fußball zu konzentrieren. Ich muss sagen, dass ich das liebe. Das ist für die Karriere wirklich hilfreich, im Speziellen für einen jungen Spieler wie mich. Ich genieße diese friedliche, ruhige Atmosphäre.“

WERDER.DE: Hier in Bremens Altstadt sind die Häuser sehr alt. Magst du diesen Stil oder bevorzugst du eher das moderne Leben?

Yuning Zhang: „Wie gesagt bin ich in einer sehr modernen Stadt aufgewachsen. Das schätze ich. Ich verspüre aber auch eine große Neugier auf Bremen und den Stolz, die Leidenschaft der Leute hier. Das gefällt mir.“

WERDER.DE: Du wirkst sehr wissbegierig, Frank Baumann hat dich als sehr offen und aufgeschlossen bezeichnet…

Yuning Zhang: „Es geht in meinen Augen nicht nur darum, wie aufgeschlossen oder tolerant du einer anderen Kultur begegnest, sondern wie sehr du bereit bist, dich ihr auch anzupassen. Das geht einen Schritt weiter. Und das gilt in gleichem Maße für einen Chinesen, der nach Deutschland kommt, wie für einen Deutschen, der nach China kommt. Man taucht in eine andere Welt ein, muss viel Neues lernen. Man muss lernen, wie die Menschen in dieser Kultur denken, wie man kommuniziert und sich dem in meinen Augen anpassen.“

WERDER.DE: Gibt es etwas, dass du an dieser europäischen Kultur schon schätzen gelernt hast?

Yuning Zhang: „Ehrlich gesagt fühle ich mich total angepasst und als einen Teil dieser Kultur hier. Ich bin kein Fremder.“

WERDER.DE: Es gibt dieses Klischee vom pünktlichen Deutschen…

Yuning Zhang: „Ich habe genug unpünktliche Leute getroffen. Und die mussten für die Mannschaftskasse tief in die Tasche greifen (lacht).“

WERDER.DE: Schon auf deiner ersten Pressekonferenz hast du von deinem ersten Versuch berichtet, Schweinefleisch zu probieren. War es so ungewöhnlich und hast du schon weitere Versuche unternommen?

Yuning Zhang (lacht): „Es war nicht ungewöhnlich, es war einfach nur unglaublich schwer dieses Gericht. Und: Ich habe auch nicht gesagt, dass ich es nicht mag. Ich habe nur gesagt, dass ich es nicht hasse. Wenn ich es essen muss, um zu überleben, ist das kein Problem.“

WERDER.DE: Gibt es etwas Kulinarisches, das du vermisst?

Yuning Zhang: „In meiner Heimat gab es dreimal pro Tag warmes Essen, oft mit Reis, hier maximal zweimal warm pro Tag. Vor allem das Frühstück ist mir oft zu trocken, das muss ich zugeben. Und ich vermisse Nudelsuppe. Manchmal.

 
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