Furioser Saisonschlussspurt ohne Happy End

Ein Saisonrückblick in sechs Akten: Teil drei

Max Kruse hebt den Ball gefühlvoll über BVB-Keeper Roman Bürki hinweg ins lange Eck. Es war das 61. und letzte Saisontor der Grün-Weißen, allein 40 erzielten sie in der Rückrunde (Foto: Nordphoto).
Profis
Montag, 05.06.2017 / 11:20 Uhr

von Maximilian Hendel

Auch die Bundesliga-Saison 2016/17 ist wieder wie im Flug vergangen. Werder wurde von Höhen und Tiefen, Enttäuschungen und Jubel begleitet. Nachdem die Grün-Weißen denkbar schlecht in die Spielzeit gestartet waren und bis in den Februar hinein immer wieder sportliche Rückschläge erlitten, schwang sich Alexander Nouris Mannschaft anschließend auf eine beeindruckende Erfolgswelle, die sie um ein Haar sogar bis zurück in den europäischen Wettbewerb getragen hätte. Nicht leicht, dabei den Überblick zu behalten. Daher lässt WERDER.DE diese Spielzeit noch einmal in sechs dicht zusammengefassten Akten Revue passieren. Heute: Der fünfte und sechste Akt über die phantastische Serie von elf unbezwungenen Spielen in Folge bis hin zum Herzschlagfinale in Dortmund.

V. Akt: Plötzlich ein Anwärter auf Europa

Natürlich genügen nur wenige hundert Wörter nicht wirklich, um angemessen eine über elf Spiele (davon neun Siege) lang ungeschlagene Serie wiederaufleben zu lassen. Schlichtweg viel zu viele erinnerungswürdige Szenen und Ereignisse, die eigentlich allesamt nochmals aufgegriffen gehören, türmten sich in dieser Phase von bloß zweieinhalb Monaten. Bis weit in den März hinein waren die Grün-Weißen nie über Tabellenplatz 13 hinausgekommen. Doch binnen kürzester Zeit mauserte sich das Team zu einem ligaweit für Furore sorgenden Anwärter auf die erste Europapokal-Platzierung des Klubs seit sieben Jahren. Durch den fast schon beängstigend ungefährdeten 2:0-Heimerfolg über Hertha BSC am 31. Spieltag stand Werder plötzlich auf Rang sechs der Bundesliga – der vorläufige Höhepunkt jenes sensationellen Laufes. Allein ihre Heimserie bauten die Bremer durch das souverän für sich entschiedene Duell mit den damals fünftplatzierten Berlinern auf fünf Siege nacheinander bei einem Torverhältnis von 12:1 aus. „Konterstärke und Kaltschnäuzigkeit“, etwa hatte Linksverteidiger Robert Bauer dabei als wegweisende Offensiv-Eigenschaften ausgemacht. „Wir machen zum richtigen Zeitpunkt die Tore“, wusste der mit 20 Scorerpunkten (sieben Assists, 13 Tore, darunter ein Vierpack in Ingolstadt) unübertroffene Rückrundenspieler Max Kruse.

Kruse, der insgesamt 15 Mal vollendete und damit einen neuen persönlichen Saisonrekord erreichte, bildete die zweite Saisonhälfte über gemeinsam mit Fin Bartels („Einer der unterschätztesten Spieler der Bundesliga“ – O-Ton Thomas Tuchel) ein kongeniales Angriffsduo, das fast schon blind harmonierte. Tatsächlich stellten die Bremer sowohl bei der Treffsicherheit in puncto Großchancen (56,7 Prozent) als auch bei der Verwertung sämtlicher Torgelegenheiten (20 Prozent) all ihre 17 Kontrahenten im deutschen Oberhaus in den Schatten. Nichtsdestotrotz wäre ein derartiger Höhenflug undenkbar gewesen, hätte die eigene Defensive nicht ebenso gleichzeitig zu einer lang vermissten Stabilität gefunden. Erfolgreich hatte Alexander Nouri im Verlauf des Frühjahrs auf eine Dreierkette umgestellt, die zusätzlich von den zwei Außenverteidigern gestützt wurde. Dazu überzeugte Torwart Felix Wiedwald mit neuem Selbstvertrauen auch in den brenzligsten Situationen als schwer zu bezwingender Rückhalt. Allerdings verwies der Cheftrainer unermüdlich auf die elementare Grundlage dieser beeindruckenden Entwicklung, indem er „die Gemeinschaft des Willens“ mitsamt des „unheimlichen Teamspirits“ innerhalb des Kaders hervorhob. Selbst verletzungsbedingte Ausfälle, beispielsweise des vom ersten Tag an überzeugenden Winterneuzugangs Thomas Delaney, von Serge Gnabry, Luca Caldirola, Izet Hajrovic oder nicht zuletzt von Kapitän Clemens Fritz (ein gegen Darmstadt erlittener Syndesmosebandriss trug dazu bei, dass der 36-Jährige seine Karriere beenden würde), kompensierte diese immer besser eingespielte und beharrliche Werder-Mannschaft schier problemlos.

VI. Akt: „Eben war ich noch richtig angefressen“

Sie hatten auch ihre allerletzten Körner mobilisiert und alles rausgehauen, über 90 dramatische Minuten hinweg echte Nehmerqualitäten bewiesen und dem seit über zwei Jahren daheim unbesiegten BVB in dessen aufs Neue mit mehr als 80.000 Zuschauern vollbesetzten Dortmunder Fußballtempel tatsächlich an den Rand einer Niederlage gebracht. Doch der ganz große Coup, die drei für eine Europapokal-Qualifikation nötigen Punkte beim abermaligen Champions-League-Teilnehmer und späteren DFB-Pokalsieger einzuheimsen, sollte Werder Bremen am 34. und letzten Spieltag nur allzu knapp verwehrt bleiben. „Als Fußballer will man immer das Maximale erreichen, deswegen wollten wir heute das Unmögliche wahr machen und waren sehr, sehr nah dran“, schlussfolgerte Max Kruse nachher. Sein famoses Heber-Tor zur zwischenzeitlichen Bremer 3:2-Führung etwas mehr als 20 Minuten vor Abpfiff entfachte bei allen Werder-Profis und erst recht ihren gut 10.000 mitgereisten Fans unverhofft wilde Träume, den SC Freiburg doch noch von Rang sieben zu verdrängen. Deren mögliche Erfüllung wäre nur Augenblicke später noch einmal schlagartig um ein Vielfaches realer geworden, wenn der ehemalige Bremer Sokratis Fin Bartels auf so gut wie freiem Weg nicht doch arg robust in die Quere gekommen oder dafür zumindest sanktioniert worden wäre.

„Eben war ich noch richtig angefressen, weil ich denke, dass ich zum 4:2 aufs Tor zulaufe und es für mich ein klares Foul ist; dann ist das Ding durch, egal wer die Mannschaft auf der anderen Seite ist“, murrte ein verständlicherweise genervter Bartels. „Sokratis hatte schon Gelb“, merkte auch Geschäftsführer Frank Baumann an und ergänzte: „Zu dem Zeitpunkt lag das Momentum auf unserer Seite.“ So aber drehte die Borussia das Ergebnis durch einen legitimen- (Reus, 74.) sowie einen unberechtigten (Aubameyang, 89.) Foulelfmeter doch noch zu Gunsten der Gastgeber. Dennoch wussten die Grün-Weißen ebenso gut, dass sie ihre Fahrkarte nach Europa wohl viel eher in den beiden vorangegangenen Partien verspielt hatten. Weder konnte der SVW das nicht weniger atemberaubende 3:4-Spektakel beim direkten Konkurrenten 1. FC Köln noch das misslungene letzte Heimspiel gegen Champions-League-Qualifikant 1899 Hoffenheim (3:5) für sich entscheiden. Sowieso wich der kurze Groll schon alsbald der Genugtuung angesichts des zuvor Geleisteten. „Wir bringen jetzt ein bisschen Ruhe rein und dann kommt vielleicht auch die Freude darüber, was wir für eine Rückrunde gespielt haben“, unterstrich Max Kruse. Frank Baumann stimmte dem einheilig zu: „Heute überwiegt zwar die Enttäuschung, aber wir können stolz auf das Ergebnis in der Endtabelle sein.“ Dort reihte sich Werder mit 45 Punkten auf einem überaus achtbaren achten Platz ein.

 
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