"Nicht nur bekommen, sondern behalten"

Frank Baumann im Interview

Sieht die Mannschaft für die Rückrunde gut gerüstet: Frank Baumann (Foto: nordphoto).
Interview
Mittwoch, 18.01.2017 / 18:48 Uhr

Das Interview führte Yannik Cischinsky

Am Samstag beginnt für den SV Werder das Pflichtspieljahr 2017. Für Frank Baumann ist das Duell mit Borussia Dortmund der Auftakt in seine zweite Halbserie als Geschäftsführer Sport, auch wenn der 41-Jährige genau genommen schon acht Monate im Amt ist. Entscheidend wird es ab dem Wochenende. Dann zeigt sich, "ob sich die Arbeit im Trainingslager auszahlt", so Baumann. Die Rückrundenvorbereitung war auch für Werders Geschäftsführer eine intensive Zeit. In puncto Kaderumbau konnte die sportliche Leitung einige wichtige Schritte nach vorne machen, weitere liegen noch vor Baumann und seinem Team.

Im Interview mit WERDER.DE zieht Frank Baumann ein Zwischenfazit seiner ersten Monate als Geschäftsführer, bilanziert die nahezu abgeschlossene Wintervorbereitung und blickt auch auf den am Saisonende auslaufenden Vertrag von Cheftrainer Alexander Nouri.

WERDER.DE: Der Rückrundenstart steht kurz bevor. Wie zufrieden sind Sie mit der bisherigen Vorbereitung?

Frank Baumann: „Nach der guten Serie kurz vor Weihnachten hätten wir gerne weitergespielt, aber es war wichtig, dass Spieler und Verantwortliche mal kurz abschalten konnten, sowohl körperlich als auch geistig. Es war eine sehr kurze und intensive Vorbereitung. Wir haben viel im taktischen, aber auch im athletischen Bereich gearbeitet, sodass wir sehr gut für die letzten 18 Spiele gerüstet sind.“

WERDER.DE: Waren Taktik und Athletik die Hauptaufgaben der Mannschaft in Spanien, den Testspielen und in den letzten Tagen hier?

Frank Baumann: „Ja, genau. Das ist oftmals in der laufenden Saison nicht ganz so leicht nebenbei zu erarbeiten. Wir sind darüber hinaus als Team weiter zusammengerückt. Es war sehr wichtig, dass wir Neuzugang Thomas Delaney und Justin Eilers integrieren, der in der Hinrunde so gut wie gar nicht bei der Mannschaft dabei war. Das hat bestens geklappt. Jetzt werden wir sehen, ob sich die Arbeit der Vorbereitung in den ersten Pflichtspielen auszahlt.“

WERDER.DE: Mit Dortmund und Bayern warten gleich zu Beginn zwei extrem schwere Gegner auf Werder. Die Punkte abzuschenken kommt aber sicher nicht in Frage, oder?

Frank Baumann: „Nein, wir müssen aus den letzten Jahren lernen, in denen wir gefühlt in das ein oder andere Spiel gegangen sind, ohne die Zuversicht, dass wir etwas holen können. So dürfen wir nicht auftreten! Wir haben die Chance, mit einer guten Leistung positiv auf uns aufmerksam zu machen. Es ist unser Ziel, Punkte zu holen, auch wenn wir gegen zwei absolute Top-Mannschaften spielen. Wir müssen an Engagement alles abrufen. Wir gehen mutig und zuversichtlich in diese Partien.“

WERDER.DE: Welche konkreten Ziele gibt es für die Rückrunde?

Frank Baumann: „Nach wie vor gilt, dass wir möglichst früh den Klassenerhalt sichern wollen und nicht bis zum letzten Spieltag zittern müssen wie in der vergangenen Saison. Wir haben uns zwar jetzt nach dem schlechten Saisonstart in der Tabelle eine etwas bessere Ausgangssituation geschaffen, aber es sind nach wie vor nur drei Punkten nach unten. Alles ist sehr eng. Die anderen Mannschaften haben sich ebenfalls gut vorbereitet. Wir dürfen in keinem Spiel, in keiner Sekunde nachlässig sein.“

WERDER.DE: Ihr erstes Halbjahr in verantwortlicher Position ist vorbei. Gab es zum Jahreswechsel die Gelegenheit, ein kleines, persönliches Zwischenfazit zu ziehen?

Frank Baumann: „Natürlich hatte ich im Urlaub auch Zeit, einige Erlebnisse Revue passieren zu lassen. Es ist in meinen Augen sehr wichtig, dass man sich selbstkritisch überprüft. Ich kann auf jeden Fall sagen, es war nicht langweilig im vergangenen halben Jahr (schmunzelt). Wir hatten viel in puncto Kaderumbau zu tun. In den letzten Wochen ist in dem Bereich schon einiges passiert. Wir sind zufrieden mit der Entwicklung. Die Mannschaft ist deutlich stabiler geworden, hat sich gefunden. Wir hatten weniger Verletzte, auch wenn wir in der Vorbereitung auf ein paar Spieler verzichten mussten. Es gibt allerdings immer noch Dinge zu optimieren. Man darf nie zufrieden sein, wenn man sich weiterentwickeln möchte.“

WERDER.DE: Welche Baustellen gilt es denn mittelfristig anzugehen?

Frank Baumann: „Ich bin ein großer Freund davon, dass intern zu besprechen. Auch wenn wir als Verein in vielen Bereichen gut aufgestellt sind, gibt es überall Optimierungsbedarf. Wir werden das ein oder andere noch umsetzen.“

In der Hinserie hat er gezeigt, dass er in einer schwierigen Situation dem Team Stabilität und neue Impulse geben kann.
Frank Baumann über Alexander Nouri

WERDER.DE: Der Vertrag von Cheftrainer Alexander Nouri läuft nur noch bis zum Saisonende. Wurde schon über eine Vertragsverlängerung gesprochen?

Frank Baumann: „Zunächst gehen wir die aktuell zu bewältigenden Aufgaben gemeinsam an. Ich habe mich damals dafür eingesetzt, dass er zu Werder kommt und Co-Trainer wird. Als bei der U 23 die Rolle des Cheftrainers von Viktor Skripnik übernommen hatte, haben wir sehr eng zusammengearbeitet. Wir wissen, was er kann. In der Hinserie hat er gezeigt, dass er in einer schwierigen Situation dem Team Stabilität und neue Impulse geben kann. Wir sind sehr zufrieden mit ihm. Ich bin der Meinung, dass Vertrauen in einen Trainer nicht nur durch die reine Vertragslaufzeit ausgedrückt werden kann, sondern durch das tägliche vertrauensvolle Miteinander. Wir stehen in einem engen Austausch.“

WERDER.DE: Ein großes Thema der vergangenen Monate ist die Kadergröße. Wie weit sind Sie ihrer Meinung nach auf dem eingeschlagenen Kurs?

Frank Baumann: „Wir sind auf einem sehr, sehr guten Weg. In beiden Teams haben wir Kadergrößen erreicht, die vernünftig sind. Eine Zuteilung haben wir bereits vorgenommen, wir werden in den nächsten Tagen aber nochmal überprüfen, wie die Einsatzchancen jedes Einzelnen stehen, wie die Verletztensituation aussieht und wen wir für einen vernünftigen Trainingsbetrieb im Bundesligateam brauchen. Darüber hinaus dürfen wir nicht vergessen, wie wir in der U 19 und U 23 besetzt sind. In beiden Mannschaften haben wir ein schwieriges, herausforderndes Halbjahr vor uns. Auch dort gilt es zweimal den Klassenerhalt zu sichern.“

WERDER.DE: Mit Lukas Fröde hat ein Akteur den Verein verlassen, der langjähriges Mitglied der Werder-Familie war. Tut es manchmal auch weh, solche Spieler – aus den verschiedensten Gründen – gehen lassen zu müssen?

Frank Baumann: „Definitiv. Er hat in den letzten Jahren über die U-Mannschaften einen guten Weg genommen, mit ihm habe ich in der U 23 eng zusammengearbeitet. Lukas ist seit der U 15 bei uns im Internat gewesen. Aber manchmal ist ein vermeintlicher Schritt zurück für die Karriere wichtig. Wir drücken Lukas die Daumen, dass er in Würzburg erfolgreich ist und über diesen Umweg den Schritt zum Stammspieler auch in der ersten Liga gehen kann.“

WERDER.DE: Der einzige Winterneuzugang, Thomas Delaney, hat die ersten Einheiten und Testspiele absolviert. Was macht er für einen Eindruck auf Sie?

Frank Baumann: „Es hat sich das bestätigt, was wir in den letzten Jahren von ihm gesehen und bei den Gesprächen vor der Vertragsunterschrift erfahren haben. Er ist ein durchweg positiver Typ, der sich sehr schnell integriert hat, sehr gut Deutsch versteht und ordentlich spricht. Da gibt es keinerlei Probleme. Auf dem Platz ist er ein Spielertyp, den wir meiner Meinung nach gebrauchen konnten. Er ist im Mittelfeld sehr laufstark, hat ein gutes Umschaltspiel, arbeitet intensiv gegen den Ball und kreiert auch Chancen in der Offensive. Wir sind glücklich, dass er für uns spielt.“

WERDER.DE: Bei den Verpflichtungen von Delaney oder auch Kruse und Gnabry hat sich mancher Werder-Fan die Augen gerieben, bedenkt man, dass wir zuletzt viele Jahre hintereinander gegen den Abstieg gespielt hat. Wie kann man solche Spieler von Werder überzeugen?

Frank Baumann: „Wir haben nach wie vor einen guten Namen im Ausland, durch unsere Vergangenheit, aber auch wie wir als Verein auftreten. Wie die Fans auch in schwierigen Zeiten hinter dem Klub stehen, welche Identifikation mit Werder in der Region herrscht. Natürlich können wir sportlich nicht mit dem internationalen Wettbewerb locken oder finanziell mit den anderen Top-Klubs aus Deutschland oder England mithalten. Wir müssen andere Argumente finden. Wir bieten ein Umfeld, in dem sich die Spieler wohlfühlen, sie sehr wahrscheinlich Spielpraxis bekommen und Höchstleistungen abrufen können. Wir versuchen diesen Spielern eine Vision aufzuzeigen, wie wir uns als Klub weiterentwickeln wollen. Das müssen wir dann in die Tat umsetzen und sportlich den nächsten Schritt gehen, um solche Spieler zukünftig nicht nur bekommen, sondern auch langfristig behalten zu können.“

 

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