Ailton: "Wie eine kalte Dusche"

Aílton lebt mit seiner Familie aktuell in Dallas, USA. Bremen ist sein zweites Zuhause (Foto: WERDER.DE).
Interview
Mittwoch, 14.06.2017 / 16:11 Uhr

Das Interview führte Yannik Cischinsky

In seinem Fußballerleben hat er viel erlebt. Sowohl sportlich, als auch außerhalb des Platzes. Aílton Goncalves da Silva hat in vielen Ländern der Welt seine Fußballschuhe geschnürt und dabei immer wieder neue Kulturen kennengelernt. Von Mexiko bis Serbien, von der Ukraine bis China, von Brasilien bis Österreich - Ailton war schon überall.

Wo er sich am wohlsten fühlt, was er beruflich in Zukunft vor hat und in welches Land der ehemalige Werderaner noch reisen möchte, hat er im Interview mit WERDER.DE verraten. 

WERDER.DE: Toni, du hattest in deiner Karriere viele Stationen und bist durch die ganze Welt gereist. Gibt es eigentlich ein Land, indem du noch nicht warst?

Aílton (lacht): "Es gibt schon noch einige Länder, in denen ich nicht gespielt habe - und auch noch nicht war. Australien würde mich beispielsweise reizen. Das ist in vielerlei Hinsicht ein tolles Land. Schade, dass ich da nie gespielt habe!"

WERDER.DE: Selbst nach deiner aktiven Karriere als Fußballer bist du noch viel unterwegs. Aktuell lebst du mit deiner Familie in Dallas. Seit wann und warum eigentlich?

Aílton: "Das war die Entscheidung meiner Frau (lacht). Wir leben seit acht, neun Monaten in den USA. Vorher haben wir ja lange in Mexiko, genauer gesagt in Monterrey, gelebt. Die Vereinigten Staaten gefallen mir aber auch sehr gut. Die Kinder genießen eine gute Schulbildung und es gefällt uns dort als Familie. Es geht disziplinierter zu als in Südamerika, das ist von Vorteil. Zudem ist meine Frau jetzt beruflich dort zuhause."

WERDER.DE: Inwiefern?

Aílton: "Sie ist jetzt in einem Kosmetiksalon tätig. Sie hat in der Kosmetikbranche studiert, um sich auf den Job vorzubereiten. Für meine Frau ist es toll dort zu arbeiten. Ich arbeite mal in Brasilien, mal in Deutschland."

WERDER.DE:Kommen wir zu deiner beruflichen Zukunft. Man hat mitbekommen, dass du als Spielerberater tätig werden möchtest. Was sind deine genauen Pläne?

Aílton: "Ich war 20 Jahre im Profifußball unterwegs. Da entwickelt man ein Verständnis dafür, welcher junge Spieler Talent hat und wer nicht. Ich weiß auch, wie es ist, den Sprung nach Europa zu machen. Viele Leute fragen mich, warum ich nicht Trainer werden will. Aber ich glaube, das passt nicht zu mir. Jeden Tag mit 20 oder 30 Spielern zusammen zu arbeiten, kann ich mir nicht vorstellen. In der Möglichkeit, Spielerberater zu werden, sehe ich hingegen eine gute berufliche Perspektive. Junge Spieler aus Südamerika an größere Vereine zu vermitteln, kann ich mir gut vorstellen."

WERDER.DE:Die Reiserei würde als Spielerberater sicherlich weitergehen. In welchem Land hast du dich am wohlsten gefühlt?

Aílton: "Ich habe am längsten hier in Deutschland Fußball gespielt - sechs Jahre bei Werder, ein Jahr auf Schalke und bei meinen anderen Stationen. Zudem habe ich hier alles gewonnen, die Meisterschaft, zweimal den Pokal und bin Torschützenkönig geworden. Hier hatte ich die schönsten Momente. Fußballerisch und persönlich habe ich mich in Deutschland mit Abstand am wohlsten gefühlt. Es war eine tolle Zeit."

WERDER.DE: Würdest du sagen, dass du durch die lange Zeit in Deutschland selbst ein bisschen deutsch geworden bist?

Aílton: "In erster Linie bin ich natürlich zu hundert Prozent Brasilianer (lacht). Wenn ein Brasilianer oder ein Südamerikaner nach Deutschland wechselt, ist es wie eine kalte Dusche für ihn. Man muss sich komplett umstellen. Hier wird bekanntlich auf Dinge wie Pünktlichkeit und Disziplin geachtet. In Brasilien geht alles lockerer zu, man lacht mehr. Du kannst eine Stunde später zum Training kommen und es interessiert niemanden. Wenn du hier zwanzig Minuten zu spät bist, ist das dramatisch. Ich kann mich an all die Diskussionen mit Thomas Schaaf erinnern."

WERDER.DE: Worum ging es?

Aílton: "Ich musste ihm zum Beispiel erklären, warum ich wieder zwei, drei Tage zu spät aus dem Urlaub gekommen bin. Er war sauer. Ich habe ihm erzählt, dass es in Brasilien 38 Grad warm war und in Deutschland plötzlich -10 Grad. Wie soll das gehen? Ich habe gesagt: 'Ich mache ein paar Tore in der Bundesliga als Wiedergutmachung', aber ich konnte ihn nicht beruhigen (lacht). Für uns Brasilianer ist das schwer, diese Mentalität zu akzeptieren, aber ich finde das mittlerweile gut. Disziplin sehe ich positiv. Wenn mein Sohn später Fußball in Deutschland spielen sollte, vielleicht wird er das, werde ich ihm das auf jeden Fall mit auf den Weg geben. 10 Uhr heißt 10 Uhr, morgen heißt morgen - so läuft das."

WERDER.DE: Sind deine Kinder trotz eures südamerikanischen Temperaments eher deutsch?

Aílton: "Mein Sohn eher nicht, aber meine Tochter Alexandra. Sie ist 15 Jahre alt und spricht sehr gut deutsch. Sie hat am ehesten die deutsche Mentalität. Sie sagt mir: 'Papa, ich muss um 8 Uhr in der Schule sein, nicht um zehn nach. Das finde ich gut." 

Bremen ist mein zweites Zuhause
Ailton

WERDER.DE: Wo macht einer wie du, der gefühlt schon alle Ecken der Welt bereist hat und überall zuhause ist, eigentlich Urlaub?

Aílton: "Gute Frage! Meine Frau fragt schon ständig, wo wir denn dieses Jahr in den Urlaub hinfahren. Sie will immer unterwegs sein. Florida ist eine Option, da könnten wir ein, zwei Wochen mit der gesamten Familie entspannen und es uns gut gehen lassen. Außergewöhnlich muss das Reiseziel gar nicht sein."

WERDER.DE: Klingt so, als wäre Urlaub in Brasilien momentan nicht angesagt...

Aílton: "Ach, Brasilien ist so ein schönes Land, aber die Leute machen vieles kaputt. Es gibt nach wie vor große Probleme mit Korruption, der Kriminalität und der Politik. Ich fliege nur ein paar Tage in meine Heimat wo mein Vater, mein Bruder und meine Schwester leben."

WERDER.DE: Wisst ihr schon, wo ihr in Zukunft leben werdet?

Aílton: "Genau kann ich das noch nicht sagen. Darüber werden meine Frau Rosalie und ich noch sprechen. Erst einmal bleiben wir in Dallas, da meine Tochter Maria noch ein Jahr Schule vor sich hat und anschließend studieren kann. Danach stehen uns viele Optionen offen..."

WERDER.DE: In Bremen bist du jedenfalls immer willkommen!

Aílton: "Das weiß ich. Bremen ist mein zweites Zuhause. Das ist meine Stadt! Auch in den nächsten Monaten werde ich immer wieder hier sein. Ich habe viele Kontakte in Bremen und komme immer gerne zurück."

 

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