Saisonrückblick Teil III: Viktor Skripnik und der neue Mut

Erleichterung pur! Die Teamkollegen bestürmen Zlatko Junuzovic nach dessen Zauberwerk aus 30 Metern gegen Paderborn (Foto: nph.).
Profis
Montag, 08.06.2015 / 10:32 Uhr

Kaum zu beschreibender Jubel, Erleichterung, Gänsehautatmosphäre erfassten das eh schon brodelnde Weser-Stadion in den Sekunden des Abpfiffs, nachdem die Grün-Weißen am letzten Spieltag der Hinrunde mit Hilfe der Werder-Fans zu einer hochemotionalen 2:1-Willensleistung über Borussia Dortmund getragen wurden.

"Unglaublich, wie sie uns nach vorn gepeitscht haben", strahlte Zlatko Junuzovic über beide Ohren. Verdientermaßen, denn „wir haben überragend agiert, kompakt gestanden und uns zerrissen." Damit waren die Bremer zwar noch längst nicht aller Abstiegssorgen ledig, hatten sich aber das versöhnliche Ende einer äußerst heiklen Halbserie verdient. Die Wurzeln dieses wegweisenden Hoffnungsschimmers reichten zurück bis zum 26. Oktober - der Tag, an dem Viktor Skripnik mitsamt seines Trainerteams aus Torsten Frings, Florian Kohfeldt und Christian Vander erstmals das Training leitete.

„Ich habe nicht überlegt, sondern sofort zugesagt. Ich bin 18 Jahre hier und gebe alles für den Verein. Ich gehöre mit ganzem Herzen zu Werder Bremen. Es ist mehr als ein Traum für mich, bei meinem Verein die Bundesliga-Mannschaft trainieren zu dürfen", schwärmte der Ukrainer im Zuge seines Amtsantritts. 1996 hatten ihn die Grün-Weißen von seinem Heimatklub Dnipro Dnipropetrowsk verpflichtet. Neulich blickte der 45-Jährige im 11Freunde-Interview zurück: „Ich war ein junger Mann in einem riesigen Land, über dessen Grenzen man nicht hinwegschauen konnte." Trotzdem schlug er das Angebot von Rekordmeister Dynamo Kiew aus, nutzte stattdessen seine Chance an der fernen Weser im Probetraining sowie beim Testspiel gegen Hansa Rostock.

Skripnik: „Ich gehöre mit ganzem Herzen zu Werder Bremen“

Nach acht Jahren verlässlicher Linksverteidigerschaft beendete er mit dem Double 2004 seine Profikarriere und schlug wenig später den Trainerweg im Nachwuchsleistungszentrum des SVW ein. Zuletzt als erfolgreicher U23-Verantwortlicher, bis ihn in jener Oktobernacht der Köln-Niederlage eine ziemlich dringliche SMS von Thomas Eichin erreichte. Eine der obersten Maximen, die Skripnik der zu dem Zeitpunkt sichtbar schlingernden Mannschaft sogleich wieder einzutrichtern suchte: „Nur aus Selbstbewusstsein wächst auch Kreativität." Besonders davon beflügelt fühlte sich Franco Di Santo, der neben Fin Bartels nicht nur das sichere 2:0-Pokalweiterkommen bei Drittligist Chemnitzer FC besiegelte, sondern gleich noch den Doppelpack für den eminent benötigten 2:1-Bundesligadreier in Mainz beisteuerte. Überhaupt schien das so lang vermisste Glück dem bis dato Tabellenletzten schlagartig doch beizustehen.

„Es wurde einfach Zeit, wir haben gewonnen, wie ist völlig egal", unterstrich Bartels. Anfänglich lief alles gegen Werder: Leichtfertig vergaben die Mainzer nach früher Führung einen größeren Vorsprung. Dann fiel erst der von Karius gehaltene Elfmeter dem Schützen Di Santo zum Abstauben wieder auf die Stirn (44.), der darauf noch traumhaft mit der Innenseite von der Fünfmeterraumkante aus das spätere Siegtor ins Netz schnibbelte (49.).

Insbesondere in den vier ausstehenden Heimspielen bis zum Jahreswechsel kamen nicht nur zehn Punkte zusammen, genauso wiesen die Grün-Weißen dabei mehr und mehr auffällige Anhaltspunkte von dem Fußball nach, den sich Viktor Skripnik vorstellt: „Ich möchte aggressiv und offensiv spielen, so wie früher die Mannschaft als ich selbst Spieler war. Für den Trainer sind das zwar häufig Herzinfarkt-Spiele, aber für die Zuschauer das Beste." Wiederholt explodierten Adrenalinbomben im Weser-Stadion - wie etwa beim 2:0 gegen Stuttgart oder dem 4:0 über Paderborn, von dem unter anderem Junuzovic' grandioser 30-Meter-Freistoß im Gedächtnis blieb.

2:1-Willensleistung über den BVB: Akku fast leer, trotzdem in alles reingeknallt

Jedoch verhinderte Werders Auswärtsschwäche ein nachhaltiges Vorwärtskommen aus dem Tabellenkeller. Sowohl das Nordderby in Hamburg als auch das erste Wiedersehen mit Thomas Schaaf und dessen neuem Klub Eintracht Frankfurt gingen verloren. Die 1:4-Schlappe beim Champions-League-Aspiranten Borussia Mönchengladbach zog gar das erneute Abrutschen auf Rang 18 nach sich. Unmissverständliche Worte dazu fand Zlatko Junuzovic: „Wir sind zurecht Letzter, die Tabelle lügt nicht. Wir müssen jetzt den Schalter umlegen. Positiv ist, dass wir nicht allzu weit abgeschlagen sind und die Fans hinter uns stehen." Auf welche beeindruckende Art und Weise sie das taten, dafür stand sinnbildlich die Dortmund-Partie am vierten Adventswochenende.

Die Mannschaft leistete ihr Übriges, dass diese phänomenale Hochstimmung erst richtig aufkommen konnte. „Schon beim Einlauf hat es heute bei uns allen geknistert. Wir wussten, worum es geht und waren heiß", äußerte Davie Selke. Da Toptorjäger Di Santo seit Ende November an einer Außenbandverletzung im rechten Knie laborierte, rückten gerade die jungen Eiferer im Angriff wie er und Melvyn Lorenzen vermehrt in den Fokus. Selke wurde zum Hauptverantwortlichen des anschließenden Spielausgangs gegen den BVB, indem er zunächst Garcias Schnittstellenpass aus 16 Metern per Bogenlampe ins lange Eck veredelte sowie Fin Bartels' vorentscheidendes 2:0 maßgenau einleitete (3./62.). „Wir haben uns in alles reingeknallt, obwohl der Akku schon fast leer war. Wir haben ein richtig gutes Spiel gemacht, sind unbekümmert aufgetreten", beschied der zweite Torschütze Bartels. All das Auf und Ab, all die Selbstzweifel waren endgültig und rechtzeitig neuem Mut gewichen.

von Maximilian Hendel


Teil vier des WERDER.DE-Saisonrückblicks folgt am Mittwoch

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