WERDER.DE: Wie hat Werder darauf reagiert?
Sebastian Polter: „Mein damaliger U14-Trainer sagte mir, dass ich verrückt sei, nicht mehr im Tor spielen zu wollen. Ich sei ein großes Talent und hätte gute Chancen, irgendwann einmal in der Bundesliga im Tor zu stehen. Ich saß dann mit den Trainern der U14 und U15, Wolf Werner (zwischen 1996 und 2007 u.a. in der Funktion des 'Nachwuchs-Managers' bei Werder tätig; Anm. d. Red.) und meinen Eltern an einem Tisch. Mir wurde gesagt, dass ich fester Bestandteil der U15 wäre, wenn ich bliebe. Außerdem sollte ich meine Einladung zur Jugend-Nationalmannschaft, die ich zuvor erhielt, nicht einfach so wegwerfen. Dennoch war für mich klar: Ich wollte mich wieder mehr auf die Schule konzentrieren und als Feldspieler zurück nach Wilhelmshaven gehen."
WERDER.DE: Du hast dann als Stürmer in der U15 des SV Wilhelmsaven in der Landesliga gespielt. Als Angreifer gibt es ein völlig anderes Anforderungsprofil. Was musstest du ‚neu‘ lernen?
Sebastian Polter: „Ich war froh, dass mich Wilhelmshavens Trainer Rüdiger Nabel überhaupt genommen hat. Er wusste, dass ich ein verrückter Typ bin und ich es auch in der Liga als Feldspieler schaffen kann. Er hatte mir vor meinem Wechsel gesagt, dass ich mich richtig fit machen sollte. Ich bin dann viel gelaufen, um den konditionellen Rückstand, den ich als Torwart hatte, wieder aufzuholen. Außerdem hatte ich noch nicht so das Spielverständnis und noch Defizite beim Spieltempo. Das war die schwierigste Umstellung."
WERDER.DE: War der Positionswechsel von Erfolg gekrönt?
Sebastian Polter: „Ich habe gleich in meiner ersten Saison 69 Tore erzielt. Ich denke, ich habe alles richtig gemacht. (lacht) Zuvor hatte niemand gedacht, dass ich es überhaupt noch einmal schaffe - und das auf dieser neuen Position. Ein Jahr später bin ich zu Eintracht Braunschweig gegangen. Meine Freunde sagten mir, dass ich es noch mit dem Bundesligatraum versuchen sollte. Ich habe lange mit meinen Eltern überlegt. Für mich war wichtig, dass ich die Schule nicht schon wieder vernachlässigen muss. Im Internat von Eintracht Braunschweig und anschließend beim VfL Wolfsburg war das möglich. Ich hatte dort das Trainingszentrum vor meiner Tür."
WERDER.DE: Du hast dich später tatsächlich als Stürmer durchgesetzt und mittlerweile 45 Partien in der Bundesliga für Wolfsburg, Nürnberg und aktuell Mainz bestritten. Doch in einem Spiel musstest du vor drei Wochen wieder im Tor ran. In Augsburg hatte Trainer Thomas Tuchel bereits dreimal gewechselt, als Schlussmann Christian Wetklo des Feldes verwiesen wurde. Warst du glücklich, für einen kurzen Moment wieder auf deiner alten Position zu sein?
Sebastian Polter: „Zunächst war ich überhaupt froh, gegen Augsburg wieder spielen zu dürfen. Ich war vier Partien davor in der U23, weil ich zuvor keine gute Form und nicht gut trainiert hatte. Ich habe immer gesagt, dass ich - egal, wie es steht - ins Tor gehen werde, um der Mannschaft zu helfen. Ich war bis zur U14 Torwart und gehe eigentlich auch heutzutage noch ins Tor, wenn ich mit Freunden kicke. Es macht mir auch immer noch Spaß. Ich hab in dieser Situation dann gedacht: Komm, geh ins Tor und gib dein Bestes. Zum Glück konnte ich den Freistoß von Daniel Baier parieren. Zum Sieg hat es dennoch leider nicht gereicht."