Werder-Jahresrückblick 2013: Die Typen des Jahres

Kevin de Bruyne und Aaron Hunt waren Garanten für den Klassenerhalt der letzten Saison (Foto: nph).
Profis
Sonntag, 29.12.2013 / 13:57 Uhr

Zwölf Monate sind wie im Flug vergangen. Höhen und Tiefen, Enttäuschung und Jubel, schmerzliche Rückschläge und gemeinsames Aufbäumen...

Zwölf Monate sind wie im Flug vergangen. Höhen und Tiefen, Jubel und Enttäuschung, schmerzliche Rückschläge und gemeinsames Aufbäumen: Fans und Mannschaft sorgten für emotionale Erinnerungen in diesem so schwierigen Jahr 2013. Nicht leicht, dabei den Überblick zu behalten. Daher zeichnet WERDER.DE im großen Rückblick noch einmal die außergewöhnlichsten grün-weißen Momente 2013 nach. Heute im vierten Teil: die fünf Typen des Jahres bei Werder.

Kevin De Bruyne: Eindrucksvoller Ballbeschleuniger

Er kam, sah und leistete gleich gewichtige Beiträge zum Klassenerhalt. Im Sommer 2012 konnten die Grün-Weißen Kevin De Bruyne für die Ausleihe von einem Jahr vom Londoner Renommierklub FC Chelsea an die Weser lotsen. Zuvor hatte der erst 21-Jährige beim heimischen KRC Genk auf sich aufmerksam gemacht. Sportlich lief es in Bremen vom ersten Moment an. Anfängliche Eingewöhnungsschwierigkeiten an die neue Umgebung wurden schnell ausgeräumt: „Es ist doch normal, Freunde und Familie zu vermissen", meinte De Bruyne im Herbst 2012 und fügte selbstkritisch an: „Ich kann verstehen, dass die Fans ein bisschen sauer sind. Vielleicht pfeifen auch einige. Aber ich stehe zu den Fans, und ich hoffe, dass sie auch zu mir stehen werden." Auf die Werder-Anhänger konnte sich der belgische Nationalspieler verlassen. Und auch er ließ umgehend Taten sprechen. Es folgte ein phantastischer 4:0-Heimsieg über Borussia Mönchengladbach, bei dem ein überragender De Bruyne das Bremer Spiel unermüdlich anzukurbeln wusste.

„Auffällig" seien De Bruynes Spielübersicht und permanenter Vorwärtsdrang. Er „macht nicht nur den Ball schnell, er bringt ihn auch zurück ins Spiel. Ecken und Freistöße sind die Aufgabe des Belgiers", beobachtete die Frankfurter Allgemeine Anfang Dezember 2012 und kam zum euphorischen Schluss: „So einen Ballbeschleuniger hatten sie seit den Star-Spielmachern wie Johan Micoud, Diego oder Mesut Özil lange nicht mehr an der Weser." Wie schnell und zugleich eindrucksvoll sich das Supertalent unter Thomas Schaaf zur nahezu unersetzlichen Stützen in Werders Bundesliga-Team weiterentwickelt hatte, belegte er imposant im Abstiegskampf. Unter anderem sollten die fünf letzten Saisontore der Grün-Weißen allesamt auf sein Konto gehen. „Wir hatten viel Pech in dieser Saison. Aber wir haben es verdient, in der ersten Liga zu spielen", resümierte Kevin De Bruyne. Konstante Leistungen auf höchstem Niveau, zehn Treffer und neun Vorlagen leiste De Bruyne dafür, ehe ihn der FC Chelsea zurück in die Premier League rief.

Felix Kroos: Mehr denn je mittendrin statt nur dabei

Die Wohnungskündigung war bereits unterzeichnet. Jetzt noch schnell die Saison über die Bühne bringen, möglichst nicht absteigen und dann die Suche nach einem Neuanfang in vollen Gang bringen. Nach drei Jahren, die zu oft von Verletzungen und Stagnation geprägt waren, nach drei Jahren Pendelei zwischen Training mit dem Bundesliga-Team und vornehmlicher Spielpraxis in der U 23 stand der Abschied von Felix Kroos fest. Doch urplötzlich, nach zuvor genau null Bundesligaminuten in der Saison 2012/13, fand sich der 22-Jährige im April nicht mehr auf dem Abstellgleis sondern unter den ersten Elf des Spielberichtsbogens gegen Fortuna Düsseldorf wieder. Diese wohl letzte Bewährungsmöglichkeit bei den Grün-Weißen ergriff er. Seine von nun an zur Schau gestellte Zweikampfstärke, Ballsicherheit und Spielübersicht überzeugten Thomas Schaaf eingehend, im Abstiegskampf nicht mehr auf den gebürtigen Greifswalder verzichten zu wollen.

„Sie wissen vielleicht, dass ich schon immer ein Fan von Felix bin." Dieses Zitat könnte von dessen großem Bruder Toni Kroos stammen, ist aber von Werders Geschäftsführer Thomas Eichin verbürgt: „Wir haben ihn überzeugt, hier zu bleiben. Er hat sich mit seiner ruhigen, soliden Art ins Team gespielt. Ich bin sicher, dass noch mehr in ihm steckt und wir noch mehr von ihm sehen werden." Cheftrainer Robin Dutt lobt: „Felix entwickelt sich hervorragend. Das zeigt auch, dass er regelmäßig für die Startformation nominiert wird." Die vielversprechende Hinrunde des defensiven Mittelfeldspielers, in der er seine Etablierung bis zu einem Innenbandriss Ende November nahtlos fortgesetzt hatte, rechtfertigt dieses Vertrauen. Auf Schalke war ihm sogar sein Premierentreffer im Oberhaus gelungen. Bis 2015 haben ihn die Bremer nun einstweilen an sich gebunden.

Santiago Garcia: Liebesgrüße von der linken Außenbahn

Santiago Garcia konnte diese in ihm aufgestauten Gefühle einfach nicht mehr kanalisieren. Er wollte sie vor allem mit so vielen Menschen um sich herum wie möglich teilen. Also stürmte Werders Linksaußenverteidiger euphoriebeseelt Richtung Ostkurve, um in der vor Ekstase betrunkenen grün-weißen Masse zu verschwinden. Yildirim, Selke, Caldirola, Lukimya und Kroos folgten ihm. Sie alle wollten das gleiche Glück auskosten. Denn nur Sekunden vorher hatte der Argentinier im verwirrend dicht besiedelten Strafraum die Ruhe bewahrt und den frei gewordenen, entscheidenden Ball aus zwei Metern über die Linie gedrückt. Keine fünf Minuten blieben mehr auf der Uhr. Es sollte der emotionale 3:2-Siegtreffer im Nordduell mit Hannover 96 gewesen sein. „Es war ein wunderschönes Gefühl, das Tor zum Sieg zu schießen. Ich bin es ja überhaupt nicht gewöhnt als Torschütze zu glänzen", versuchte der Matchwinner das Geschehene nachzuvollziehen und sandte gleich noch Liebesgrüße an die Werder-Fans: „Ich wollte einfach in der Nähe der Anhänger sein, da fühle ich mich wohl. Am liebsten wäre ich in der Ostkurve sitzen geblieben und der Schiedsrichter hätte abgepfiffen."

Zuletzt stand er drei Jahre in Diensten des US Palermo in der italienischen Serie A. Danach bemühte sich Werder intensiv um den 25-Jährigen und vereinbarte zunächst eine Ein-Jahres-Leihe vom chilenischen Club Social de Deportes Rangers, hält gleichsam aber eine Kaufoption. Cheftrainer Robin Dutt betonte zufrieden: „Jeder kann erkennen, was für einen guten Jungen wir da in unseren Reihen haben. Wenn das Umfeld, die Fans und alle anderen ihn so positiv sehen, dann können wir nicht so viel verkehrt gemacht haben." Warum Garcia binnen kürzester Zeit zum neuen Publikumsliebling aufgestiegen ist? „Der haut das Adrenalin einfach nur so raus. Und damit nimmt er nicht nur die Fans, sondern auch die Teamkollegen mit. Er ist als Typ unheimlich wichtig", zeigte sich Zlatko Junuzovic begeistert. Garcias nimmermüdes Kämpferherz und seine Identifikation mit dem Verein sprechen Bände: „Ich hatte auch andere Angebote. Aber mir war schnell klar, dass Bremen der Ort ist, an dem ich Fußball spielen möchte", hob er unlängst im WERDER MAGAZIN hervor.

Lorenzen, Kobylanski, Selke & Co.: Die Lümmel von der ersten Bank

„Am Anfang läuft alles an einem vorbei, man bekommt gar nichts mit - das ist alles wie in einem Traum", konnte es Melvyn Lorenzen noch gar nicht wirklich begreifen, als er mit glänzenden Augen in der Mixed-Zone der Stuttgarter Arena stand. ‚Wer?', werden sich die allermeisten Anwesenden entgeistert gefragt haben, nachdem der Name des blutjungen Angreifers zur Einwechslung auf der Anzeigetafel aufleuchtete. Ja, Melvyn Lorenzen! Zu jenem Zeitpunkt 18 Jahre alt und gerade Bundesliga-Debütant im Trikot von Werder Bremen beim Auswärtsspiel gegen den VfB geworden. Hineingeschmissen in heiße Schlussminuten, denn das Spiel stand Spitz auf Knopf, 1:1-Unentschieden. Und die Hausherren drückten.

Überhaupt hat die Hinrunde gezeigt, dass Robin Dutt keine notgedrungenen Entscheidungen trifft, wenn er scheinbar plötzlich bis dato völlig unbekannten Rohdiamanten aus den eigenen Nachwuchsreihen Bewährungsproben auf der ganz großen Bühne gibt. Vielmehr stellte der Cheftrainer schon in der Saisonanfangsphase mehrmals ausdrücklich fest, „dass wir viele tolle Talente bei Werder haben." Willig, selbstbewusst und furchtlos präsentieren sich die hochtalentierten Lümmel von der ersten Bank. Die Auffälligsten belohnt und fördert der 48-Jährige daher mit Bundesliga-Einsätzen vor 40.000 und mehr Zuschauern. Neben Lorenzen durften das bisher noch Martin Kobylanski (19) und Davie Selke (18) erleben. Kobylanski (beim HSV) und Selke (gegen Mainz) standen sogar schon in Werders Startelf, während Levent Aycicek, Julian von Haacke und Torben Rehfeldt ihre Kader-Premieren hatten. „Es ist positiv, dass Robin den Mut dazu hat. Das bringt die jungen Spieler weiter", sagte Geschäftsführer Thomas Eichin und versicherte: „Wir haben da noch einige, die richtig gut sind und auf die man sich freuen kann."

Aaron Hunt: Weit mehr als nur Tore und Vorlagen

Ganz am Anfang, vor über zwölf Jahren, da suchte der schmächtige, von Heimweh heimgesuchte Teenager Aaron Hunt nach nur wenigen Tagen im Werder-Internat gleich wieder das Weite. Sein Nachwuchstrainer Bernd Pfeiffer jedoch setzte sich ins Auto, fuhr dem Zweifelnden bis nach Goslar hinterher und überzeugte ihn davon, diese Chance nicht aufzugeben. Seitdem ist Aaron Hunt nie mehr geflüchtet. Schon gar nicht aus Bremen. Ganz im Gegenteil. Hier ist er den sehr langen, unebenen Weg vom damals hoffnungsvollen Talent bis zum nunmehr unverzichtbaren Führungsspieler gegangen. Zeugnis eines außerordentlichen Entwicklungsprozesses, bei dem der Offensivspieler insbesondere auch die kritischen Phasen des jugendlichen Leichtsinns, des wiederkehrenden Verletzungspechs und teils tiefer Leistungstäler überwinden konnte.

Allerdings. Ihm, der schon so lange ein Werderaner ist, wurde und wird es dabei nie leicht gemacht. Wenn die Mannschaft in heiklen Situationen steckt, fokussiert sich die öffentliche Kritik schnell auf Aaron Hunt. Aber der 27-Jährige hat gelernt, sich dem zu stellen. Auf und neben dem Platz. In den vergangenen, sportlich immer schwieriger werdenden Jahren wuchs der Vize-Kapitän in seine Vorbildfunktion hinein. Von eminenter Bedeutung waren diese Führungsqualitäten nicht zuletzt in der vergangenen Spielzeit, in welcher der kreative Impulsgeber des grün-weißen Angriffspiels weit mehr als elf Tore und sechs Vorlagen zum Klassenerhalt beitrug. Die Werder-Anhänger wählten Hunt folgerichtig zum Bremer „Spieler der Saison 2012/13". Es verwundert daher nicht, dass sein neuer Cheftrainer Robin Dutt nicht müde wird zu betonen, wie unentbehrlich Hunt für die Mannschaft ist: „Aaron entscheidet komplett alleine, welche Räume er besetzt, ob er sich fallen lässt oder in die Tiefe geht. Das ist meine Verantwortung, die ich ihm übertrage." Unlängst hat er sein 200. Bundesligaspiel im Trikot der Grün-Weißen bestritten. Aaron Hunts sportliche wie menschliche Qualitäten werden mehr denn je gebraucht.


von Maximilian Hendel

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