Eichin: "Ich kann mit der ängstlichen Erwartungshaltung nichts anfangen"

Zweifelt nicht am Weg, den er mit Werder eingeschlagen hat: Geschäftsführer Thomas Eichin.
Profis
Dienstag, 17.09.2013 / 10:53 Uhr

Herr Eichin, vor dem Nordderby schreibt die Süddeutsche Zeitung von den „verglühenden Nordlichtern" und vergleicht das Duell am Samstag mit den Derbywochen im Jahr 2009 ...

Vier Tage vor dem Nordderby beim Hamburger SV nimmt sich Werders Geschäftsführer Sport, Thomas Eichin, in diesem Interview die Zeit, um auf die letzten Wochen und Monate zurückzuschauen. Er gibt Einblick in seine Analyse der gegenwärtigen Lage und macht Mut. Er sieht Werder auf dem richtigen Weg und beschreibt die wichtigsten Zwischenstationen. Er erklärt, warum sich die Unterstützung der Grün-Weißen weiterhin lohnen wird. 

 

Herr Eichin, vor dem Nordderby schreibt die Süddeutsche Zeitung von den „verglühenden Nordlichtern" und vergleicht das Duell am Samstag mit den Derbywochen im Jahr 2009, als sich die beiden Teams in vier Wochen im Halbfinale des DFB-Pokals, des UEFA-Cups und in der Bundesliga gegenüberstanden. Das Ergebnis dieses Vergleichs ist unschwer zu erraten?

Thomas Eichin: Ich habe es nicht gelesen, aber ich kann es mir vorstellen. Es interessiert mich auch nicht. Die Derbywochen sind vier Jahre her. Das ist eine Ewigkeit im Fußball. Wenn ich aber solche Höhepunkte im Weser-Stadion wieder erleben will, muss ich mich der Aktualität stellen.

Und die heißt, HSV gegen Werder, Vierzehnter gegen Fünfzehnter!

Thomas Eichin: Das ist richtig. Aber sie heißt auch auf Seiten von Werder Bremen: Neubeginn, eine andere Weichenstellung, damit auch Umstellung, Experimente, neue, frische Gesichter, die ihre Chance suchen, bekannte Gesichter, die sich mit diesem Aufbruch hundertprozentig identifizieren. Inbegriffen sind bittere Rückschläge, wie am Wochenende, aber es werden auch Lichtblicke dazugehören. Da bin ich mir ganz sicher. Vielleicht schon am Samstag in Hamburg.

Aber nach dem 0:3 gegen Frankfurt fehlt die Fantasie dafür. Viele Fans haben eher das Gefühl, es herrscht Stillstand oder sogar Rückschritt.

Thomas Eichin: Mit dieser fast schon ängstlichen Erwartungshaltung kann ich nichts anfangen. Man kann über dieses Spiel richtig sauer sein, aber diese Untergangsstimmung, dieses negative Denken hier im Umfeld bringt niemanden weiter. Klar war das, was wir gegen Frankfurt gesehen haben, schlecht. Wir haben da erlebt, was wir prognostiziert haben. Nämlich dass es ein mühsamer Weg wird. Aber auf diesen Weg sind wir gerade erst eingebogen. Und ich finde, dass wir bis zur Partie gegen Gladbach ordentlich unterwegs waren.

Wie meinen Sie das genau, können sie diesen Weg beschreiben?

Thomas Eichin: Wir machen seit drei Monaten nichts anderes, aber ich nenne gerne noch mal die Zwischenstationen. Wir haben einen neuen Trainerstab gesucht, der nicht durch die Ergebnisse der letzten drei Jahre belastet ist und sich einem Aufbruch unter völlig neuen finanziellen Rahmenbedingungen stellt. Wir haben mit Sokratis und De Bruyne zwei Topspieler abgeben müssen, die Mannschaft in der Vorbereitung auf den Prüfstand gestellt und den Kader in einer aufreibenden Transferperiode weiter verschlankt. Wir haben mittlerweile ein Team, dass den Etat mit zig Millionen Euro weniger belastet als die Mannschaft vor drei Jahren, mit der sich Werder auch erst am vorletzten Spieltag vor dem Abstieg gerettet hat. Dieses Abspecken war leider absolut nötig, damit Werder Bremen auch ohne Europapokaleinnahmen funktioniert. Wir haben uns bei der Talenteförderung völlig neu aufgestellt. Neue Trainer, neue Strukturen. Wir haben das Scouting professionalisiert. Davon profitieren wir aber erst später. Wir haben Vollgas gegeben und erste Höhen und Tiefen erlebt. Das Pokalaus, die Partien gegen Gladbach und Frankfurt. Aber wir haben auch sechs Punkte aus den ersten beiden Spielen geholt. Bei einem Aufsteiger, aber auch gegen den FC Augsburg, der danach drei Siege in Folge feierte.


Das hört sich nicht nach Zweifel an.

Thomas Eichin: Warum auch, ich bin von unserem Weg überzeugt. Wer nach fünf Spieltagen den Kopf in den Rasen steckt, verliert die Richtung aus den Augen. Vielleicht geht noch nicht alles auf, aber es ist auch längst nicht alles ausgereizt. Nils Petersen wird wieder wichtige Tore für uns schießen, Elia wird damit anfangen, di Santo wird die Rotsperre wegstecken und das Publikum von seinen Qualitäten überzeugen, Garcia war noch gar nicht auf dem Platz - wir haben noch 29 Spieltage vor uns. Der Weg ist noch weit, aber wir werden uns immer besser auf ihn einstellen.

Werden sich auch die Fans mit dem Weg identifizieren?

Thomas Eichin: Da bin ich mir sicher. Es werden auch wieder andere Auftritte von diesem Team zu sehen sein. Es wird sich weiterentwickeln. Junge Spieler werden mehr Verantwortung übernehmen. Ein Luca Caldirola wird weiter wachsen. Wenn ich sehe, mit welcher Geschwindigkeit er deutsch lernt, dann bekomme ich einen Eindruck, wie er sich mit Werder identifiziert. Ich freue mich schon darauf, dass er mit seiner Art immer dominanter auf dem Platz wird.

Wer weiß, vielleicht ist er mal einer, den die Fans in 15 Jahren mit Tränen in den Augen bei einem Abschiedsspiel im Weser-Stadion verabschieden.

Thomas Eichin: Auch das ist möglich. Auch ein Torsten Frings war in seinen ersten Jahren Teil des Teams, dass um den Klassenerhalt gekämpft hat, auch er hat sich bei Werder im Zuge des Umbruchs 1999 weiterentwickelt, ist gereift, hat sich nach und nach mehr Verantwortung genommen. Und das ist doch genau das Spannende. Wer jetzt ins Stadion kommt, kann die Entwicklung mitverfolgen und unterstützen. Wer jetzt ins Stadion kommt, wird sicher Spieler scheitern sehen, aber er wird auch Zeuge, wie der eine oder andere Stern aufgeht. Wer jetzt ins Stadion kommt, kann sagen, er war von Anfang an dabei.

Zurück zum Anfang unseres Gesprächs: Es wird also neue „Werder-Nordlichter" am Fußballhimmel geben?

Thomas Eichin: Es gibt keine Garantien im Fußball. Vielleicht ist da etwas in den letzten Jahren verglüht oder abgekühlt. Aber wir setzen gerade alles in Bewegung, um wieder Funken zu entfachen.

Das Interview führte Michael Rudolph. 

 

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