Interview mit Reinhard Schnittker: "Erholung findet im Gehirn statt"

Werders neuer Athletiktrainer Reinhard Schnittker erklärt Niclas Füllkrug eine Übung.
Profis
Donnerstag, 01.01.1970 / 01:00 Uhr

Reinhard, du bist der neue Athletik-Trainer beim SVW. Kannst du erklären, welches Aufgabengebiet du übernimmst?

Reinhard Schnittker: Meine Aufgabe besteht zum einen aus der Leistungsdiagnostik, einem Bereich den ich bereits in den letzten zehn Jahren am sportmedizinischen Institut der Universität Paderborn betreut habe, zum anderen werde ich mich um das Individualtraining kümmern. Das bedeutet, dass wir durch maßgeschneidertes Training die Potentiale, die jeder Spieler hat, möglichst umfangreich ausschöpfen werden.

Reinhard Schnittker betreut bereits seit zehn Jahren die Laktattests der Werder-Profis. Seit dem 1. Juli ist der 42-Jährige festes Mitglied im Trainerstab des SV Werder Bremen. Im Trainingslager auf Norderney hatte Schnittker erstmals die Gelegenheit, intensiv mit den Spielern zusammenzuarbeiten. In einer Presserunde auf der Nordseeinsel klärte er über sein Aufgabengebiet auf. WERDER.DE hat die wichtigsten Aussagen mitgeschrieben.

Die Leistungsdiagnostik ist ein weites Feld. Kannst du das einengen?

Reinhard Schnittker: Zum einen geht es um die Ausdauerdiagnostik, um sogenannte Feldstufentests. Hier wird die Grundlagenausdauer getestet. Diese Art der Diagnostik dürfte den meisten von den Laktattests bekannt sein. Darüber hinaus werden wir aber auch andere körperliche Voraussetzungen, wie zum Beispiel die Sprintfähigkeit, die Kraftfähigkeit sowie koordinativ Aspekte erfassen, um ein umfangreiches Profil jedes Spielers erstellen und im Training adäquat darauf reagieren zu können.

Du hast zuvor an der Universität Paderborn gearbeitet. Siehst du dich eher als Trainer oder als Wissenschaftler?

Reinhard Schnittker: Das widerspricht sich in meinen Augen nicht. Ich komme aus der Wissenschaft, habe aber über viele Jahre hinweg praktische Erfahrungen im Fußball sammeln können. Ich werde bei Werder nun versuchen, die wissenschaftlichen Erkenntnisse in der Praxis umzusetzen.

Lag darin für dich auch der Reiz, den Job beim SVW anzunehmen?

Reinhard Schnittker: Ja, das war ein Aspekt. Ich habe die Möglichkeit, mich nicht nur in der Leistungsdiagnostik, sondern - zumindest im körperlichen Bereich - auch in der täglichen Trainingsumsetzung mit einzubringen.

Und der Universität hast du vollständig den Rücken gekehrt?

Reinhard Schnittker: Nein, ich habe mich nicht von der Uni verabschiedet, sondern bin dort nach wie vor Mitglied. Das ermöglicht mir, die bestehende Kooperation fortzuführen und weiterhin über die Ressourcen und das Netzwerk der Universität verfügen zu können. Dadurch hat der SV Werder einen weiteren Background.

Du bist jetzt seit einer Woche dabei. Konntest du in diesen Tagen schon irgendwelche Maßnahmen umsetzen?

Reinhard Schnittker: Wir stehen natürlich noch am Anfang, haben bisher nur die Leistungsdiagnostik umgesetzt. Werder war aber auch schon vor meiner Zeit sehr aktiv in diesem Bereich. Die Trainingsdokumentation beispielsweise ist hier optimal. Wir haben mit GPS und Herzfrequenzmessung alle relevanten Daten auch vorher schon erhoben.

Gibt es denn noch Möglichkeiten, diesen Bereich weiter auszubauen?

Reinhard Schnittker: Speziell im Bereich der Diagnostik werden wir in Zukunft noch stärker mit den Ärzten und den Physiotherapeuten zusammenarbeiten, um alle relevanten Informationen miteinander zu verzahnen und derart zu nutzen, dass wir die Spieler ganz gezielt auf die Rückkehr in das Mannschaftstraining vorbereiten. Hier werden wir vermehrt über Tests schauen, wie weit die Spieler schon sind und was sie noch brauchen. Das ist aber nur ein Teil.

Auffällig waren in den ersten Tagen aber die kreativen Ein- und Auslauf-Methoden.

Reinhard Schnittker: Das ist eine Maßnahme. An der Universität Paderborn gab es ein Gebiet, dass hieß Gehirn und Sport. Es ist nicht damit gegessen, dass die Beine zu ihrem Recht kommen, sondern auch beim Gehirn müssen Reize gesetzt werden. Der Mensch erholt sich nicht nur in der Muskulatur, oder dem Herz-Kreislaufsystem, sondern im Gehirn, dem steuernden Organ. Deshalb versuchen wir möglichst abwechslungsreich und nicht nach „Schema F" zu arbeiten und den Spielern Herausforderungen zu bieten. Dabei beziehen wir auch Emotionen und Freude sowie Leistungsbereitschaft mit ein.

Ist dieses umfassende Feld denn überhaupt von einem einzigen Athletik-Trainer abzudecken?

Reinhard Schnittker: Sicherlich nicht, aber wir haben bei uns ja auch mehrere Personen, die für die Athletik zuständig sind. Jeder einzelne Trainer ist eingebunden und trainiert nicht nur die fußballerischen, sondern auch für die körperlichen Voraussetzungen. Dafür ist es immens wichtig, dass alle relevanten Informationen gebündelt werden, um die Entwicklung zu erkennen. Dafür sollen die Leistungsdaten nicht nur momentan, sondern fortlaufend erhoben werden. Diese Daten lassen dann auch Rückschlüsse auf die Trainingsarbeit zu. Darauf muss dann individuell reagiert werden und jeder Spieler in dem Bereich, in dem Potential da ist, entwickelt werden.

Siehst du in der Ernährung der Spieler auch noch Potentiale?

Reinhard Schnittker: Das Regenerationsverhalten ist sehr stark von der Ernährung abhängig. Das sind Potentiale, die wir versuchen zu beeinflussen. Hier im Trainingslager ist die Nahrung sehr ausgewogen, aber wir müssen gewährleisten, dass die Spieler das zu Hause weiterführen, was hier vorgelebt wurde.

Wie kann man das angehen?

Reinhard Schnittker: Vor allem durch Aufklärung. Wir können nicht hingehen und alles streichen, was schmeckt. Ernährung ist ja auch ein Belohnungssystem für den Körper, das muss man mit einbeziehen. Aber wir werden den Spielern Wege ebnen und weitere Angebote unterbreiten. Das ist im Trainingsalltag in Bremen auch teilweise schon umgesetzt. Wenn wir diesen Weg konsequent gehen, kann man bei den Spielern auch Überzeugung und Bereitschaft wecken.

Spürst du dafür die Bereitschaft bei den Spielern?

Reinhard Schnittker: Bisher hat es keiner gewagt, Kritik zu äußern, weil ich mich durch die Bestimmung der Trainingsintensität gut wehren kann (lacht). Ernsthaft habe ich schon viel positives Feedback bekommen, aber es gibt natürlich auch Spieler, die Fragen, ob es nötig ist, jetzt noch 20 Minuten auszulaufen. Dem muss man sich stellen und wir werden den Spielern immer wieder vermitteln, dass ich keinen Zauberstab dabei habe, mit dem wir Quantensprünge erreichen, sondern dass man nur durch harte Arbeit Erfolg haben kann.

von Norderney berichten Dominik Kupilas und Michael Rudolph

 

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