Petersen: "Toreschießen ist eine Sucht"

Angekommen im Herzen Bremens: Nils Petersen auf dem Marktplatz vor dem Rathaus.
Profis
Donnerstag, 21.02.2013 / 09:29 Uhr

Nils Petersen wechselte vor der Saison auf Leihbasis vom FC Bayern an die Weser. Nach 22 Bundesliga-Spielen hat der 24-Jährige elf Treffer selbst erzielt und fünf weitere Tore aufgelegt. Damit ist er der Topscorer bei den Grün-Weißen. Vor der Rückkehr an die alte Wirkungsstätte hat sich WERDER.DE mit Petersen zum Interview getroffen. Im ersten Teil des Interviews blickt Petersen auf die ersten Monate in Bremen zurück und erklärt, warum er sich an der Weser so wohlfühlt.

Hallo Nils, du bist jetzt seit einem guten halben Jahr beim SV Werder. Zeit für ein Zwischenfazit. Wie zufrieden bist du mit den ersten Monaten?

Nils Petersen: „Das fing damals schon damit an, dass ich, als sich die beiden Vereine geeinigt hatten, anschließend noch bei Uli Hoeneß im Büro saß und er hat mir gesagt, dass er bei Werder ein richtig gutes Gefühl hat. In diese Worte hatte ich großes Vertrauen und bin mit einem ebenfalls guten Gefühl hierhergekommen."

Haben sich diese Erwartungen bestätigt?

Nils Petersen: „Es ist mir sehr leicht gefallen, hier direkt Anschluss zu finden, das war am Anfang ganz wichtig für mich. Der Auftakt in die Pflichtspielsaison war dann aber nicht so gut. Wie schon im Jahr zuvor, sind wir leider auch dieses Mal wieder in der ersten Runde des DFB-Pokals ausgeschieden. Das war ein bitterer Moment. Und dann sind wir nach Dortmund gefahren, haben ein überragendes Spiel gemacht, standen am Ende aber wieder mit leeren Händen da. Allerdings wusste ich spätestens da, dass wir auf dem richtigen Weg sind und dass ich mir keine Gedanken machen muss."

Und dann kam das erste Heimspiel und der Derby-Sieg gegen den HSV...

Nils Petersen: „Das war wahnsinnig wichtig. Dieses Spiel und mein erstes Bundesliga-Tor für Werder sind für mich noch immer die Höhepunkte meiner bisherigen Zeit hier. Ein Derbysieg im ersten Heimspiel, das war schon top. Das HSV-Spiel war für mich der wichtigste Grundstein hier. Da haben wir ein gutes Spiel absolviert, ich habe getroffen und wir haben am Ende auch noch gewonnen. Das hat alles etwas gelockert."

Trotzdem hattet ihr nach sieben Spielen nur sieben Punkte auf dem Konto.

Nils Petersen: „Und ich hatte nur einmal getroffen. Die Ausbeute war nicht wie gewünscht, wir hatten andere Erwartungen und deshalb gab es auch zu Recht Kritik."

Hast du dich da im falschen Film gewähnt bzw. sind dir da Zweifel an deiner Entscheidung gekommen?

Nils Petersen: „Es wäre falsch, wenn ich sagen würde, dass ich in dieser Phase keine Zweifel hatte. In Cottbus habe ich vor zwei Jahren 25 Tore in der Saison gemacht und als ich bei 22 Treffern mal drei Spiele nicht getroffen habe, habe ich auch an mir gezweifelt. Da hinterfragt man dann einiges: ,Hab ich etwas anders gemacht, habe ich etwas an meinem Spielstil verändert?‘ Das war auch am Anfang bei Werder so, als ich nicht die erhoffte Trefferquote hatte. Ich hatte Ansprüche an mich und wollte der Mannschaft unbedingt helfen. Diesen Situationen muss man standhalten und wir haben uns da rausgekämpft."

Da ist dann Geduld gefragt, oder wie geht man damit um?

Nils Petersen: „Ich glaube, das ist eine Stürmerkrankheit. Das Toreschießen ist eine Sucht, die man jede Woche wieder befriedigen möchte. Zum Ende der Halbserie wurde das dann auch immer besser. In den letzten zehn Spielen habe ich sechs Tore gemacht. Da man als Stürmer immer an Toren gemessen wird, war ich dadurch zumindest auf einer guten Bahn."

Inzwischen bist du Stammspieler und genießt hohes Ansehen bei den Fans. Was ist das für ein Gefühl?

Nils Petersen: „Das ist etwas Besonderes. Ich sage immer zu meiner Familie, dass ich vor drei, vier Jahren noch in der 3. Liga auf der Bank saß und jetzt bin ich Topscorer einer guten Bundesligamannschaft. Das ist manchmal unbegreiflich, da muss man sich manchmal schon noch kneifen. Ich weiß aber auch, dass das nur eine Momentaufnahme ist und dass alles auch anders hätte kommen können nach der Anfangsphase. Da hatte ich aber den Rückhalt von Trainern, Mitspielern und meiner Familie."

Hat dieses Vertrauen auch dazu geführt, dass es dir hier in Bremen so gut gefällt? Oder wieso fühlst du dich hier so wohl?

Nils Petersen: „Ich bin damals mit einem ganz anderen Gefühl nach München gegangen, als vor der Saison nach Bremen. Damals kam ich aus Cottbus und war plötzlich in der großen Bayern-Welt. Das war nicht so einfach. Bei den Bayern hatte man Gomez, Olic und hat dazu noch den Jungen aus der zweiten Liga geholt. Das war okay für mich, aber bei Werder hat man Rosenberg und Pizarro abgegeben und dafür Petersen geholt - das ist schon etwas ganz Anderes. Hier habe ich einen anderen Status, spiele eine wichtige Rolle und habe eine ganz andere Verantwortung."

Und ihr seid auch schnell heimisch geworden...

Nils Petersen: „Ja, wir haben schnell eine Bleibe gefunden, mussten nicht lange im Hotel wohnen. Hier haben wir auch Leute kennengelernt, mit denen man auch mal über Themen fernab des Fußballs reden kann. Die wollen etwas mit den Menschen Annemarie und Nils unternehmen und nicht mit dem Fußballer Petersen. Das ist uns sehr wichtig. Ich stehe hier mit einem Lächeln auf und gehe gerne zur Arbeit."

Welche Rolle spielt die Nähe zu deiner Heimatstadt Wernigerode?

Nils Petersen: „Das ist ein großer Faktor. Meine Eltern, meine Schwester, meine Oma - die alle habe ich die letzten drei, vier Jahre nicht so oft gesehen, weil die Entfernungen nach Cottbus und nach München schon groß sind. Das ist jetzt dankbar mit Bremen. Ich wusste damals, als ich in Wernigerode gewohnt habe gar nicht, dass Bremen so nah ist. Von hier fahre ich keine zwei Stunden und bin zu Hause. Das ist für uns Fußballer, die an freien Tag gerne mal nach Hause fahren, eine gute Sache. Das ist nicht zu vergleichen mit dem Aufwand, den ich in München dafür auf mich nehmen musste."

Deine gesamte Familie ist dir sehr wichtig, aber ist es richtig, dass dein Vater eine ganz besondere Rolle in deinem Leben spielt?

Nils Petersen: „Absolut. Er hat es zwar leider erst zweimal nach Bremen zum Spiel geschafft, weil er mit dem FC Magdeburg auch einen größeren Verein übernommen hat, aber wir telefonieren täglich."

Worüber wird dann gesprochen?

Nils Petersen: „Über Gott und die Welt, aber überwiegend natürlich über Fußball. Über Training, Spiele, Kritiken, über alles. Ich bin ein Spieler, er ist ein Trainer. Er kann mir deshalb Tipps geben und mir sagen, was Thomas Schaaf vermutlich gerade über mich denkt und genauso kann ich ihm sagen, was die Spieler von ihm denken, wenn er dies oder das macht. Das ist eine gute Ausgangssituation und daraus entstehen dann auch öfter mal stundenlange Gespräche am Telefon. Das findet meine Freundin dann manchmal zwar nicht so schön, wenn am freien Tag mehrere Stunden über Fußball gesprochen wird, aber das gehört dazu (lacht). Sportlich gesehen ist er mein wichtigster Gesprächspartner."

Stimmt es, dass er auch dein größter Kritiker ist?

Nils Petersen: „Früher war er extrem kritisch, da gab es keine Zufriedenheit. Mittlerweile kennt er mich, weiß wie ich ticke und auch, dass er mich nicht auf dem Boden halten muss. Nach schlechten Spielen habe ich eine so gute Selbstreflexion, dass ich weiß, dass ich Grütze gespielt habe, das muss er mir dann nicht nochmal sagen. Da versucht er mich dann aufzubauen. Nach guten Spielen ist es das Gleiche. Für mich ist es das Größte, wenn Werder gewinnt, ich getroffen habe und weiß, dass Familie und Freunde vor dem Fernseher sitzen und sich für mich freuen."

Grund zur Freude gab es für dich zuletzt häufiger...

Nils Petersen: „Sportlich bin ich im Moment erfolgreich. Das genieße ich, weiß aber auch, dass es morgen schon wieder ganz anders aussehen kann."

Das Interview führte Dominik Kupilas

Im zweiten Teil des Interviews spricht Petersen über die eigene Zukunft, die Rückkehr in die Allianz-Arena und persönliche Ziele.

 

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