Herzog-Interview: "Lutscher"-Legende frisch erzählt

Im ersten Bremer Jahr gleich Deutscher Meister: Andi Herzog kehrte am Wochenende an seine erfolgreichste Wirkungsstätte zurück.
Profis
Mittwoch, 14.03.2012 / 19:02 Uhr

Andi Herzog könnte aus dem Telefonbuch vorlesen und würde seinen Zuhörern Lebensfreude vermitteln. Umso schöner war es, dass Werders Meister-Spielmacher von 1993 und zweifacher Pokalsieger bei den Grün-Weißen am Sonntag in seiner neuen Funktion als US-amerikanischer Co-Trainer unter Jürgen Klinsmann, den Weg in Weser-Stadion machen musste, um 96-Profi Steven Cherundolo zu beoachten. Die Reise nach Bremen verlängerte er gern um eine Nacht. Am Montag traf ihn WERDER.DE auf einen Kaffee. Ein heiteres Gespräch über die kleine, große Fußballwelt!

TEIL 2

Andi, wir sprachen über Otto Rehhagel. Bist du vom Sofa gerutscht, als du gehört hast, dass er noch mal die Bundesliga-Bühne betritt?
Andreas Herzog: Nein, eigentlich nicht. Wer Otto kennt, der weiß, dass sein Leben aus Fußball besteht. Er kann nicht ohne den Fußball. Es war auch klar, dass er so ein Ding auch nur dort nocheinmal macht, wo er Wurzeln hat. In Berlin hat er seine Karriere begonnen. In Augsburg oder anderswo hätte er sich auf so etwas nicht eingelassen. Das ist ja schon eine sehr schwierige Ausgangssituation.

Also wäre er für dich als Trainer nur in Berlin, Bremen und im Fußball-Westen noch mal denkbar gewesen?
Andreas Herzog: Na das ist eine sehr hypothetische Frage. Aber wenn ich sie beantworten soll, dann würde ich sagen: Ich glaube, ihn hätte vielleicht noch der Posten als österreichischer Nationaltrainer gereizt. Finanziell kannst du Otto in Österreich eigentlich nicht bezahlen, aber in Verbindung mit mir als Co-Trainer hätte es ihn vielleicht gereizt. Das wäre für Österreich gut gewesen und für Otto auch. Der guckt doch nicht mehr aufs Geld. Er will die Herausforderung und ein bisschen im Kaffeehaus sitzen. Diese Mischung braucht der Otto.

Aber warum hat es dennoch nicht geklappt? Die Österreicher haben doch schon oft genug Trainer gesucht.
Andreas Herzog: Ich hatte ihn vor drei, vier Jahren schon ins Spiel gebracht, aber ich bin mir fast sicher, dass die Mannschaft da nicht seinen Ansprüchen genügte. Aber heute würde das anders aussehen. In Österreich hat sich extrem viel getan. Das ist etwas absolut Positives entstanden. Es gibt so viele Profis in der Bundesliga. Das zeigt die neue Wertschätzung.

Aber zurück zu deinem Job in Amerika. Welche Aufgaben hast du da?
Andreas Herzog: Ich bin der Mann für die Europa-Legionäre. Letzte Woche war ich in Verona, jetzt in Bremen, am Donnerstag bin ich beim Jozy Altidore in Udine und am Samstag bei Berlin gegen Bayern München. Hoffentlich sind die Bayern dort nicht so gut wie gegen Hoffenheim, sonst brauche ich mich mit Otto gar nicht zu treffen.

Da bist du aber richtig viel unterwegs?
Andreas Herzog: Das stimmt, als ich am Donnerstag in Verona war, habe ich mich total verschätzt und bin mit dem Auto von Wien aus gefahren. Das war ein Fehler. In Italien fangen sie erst um Viertel vor neun an. Ich war erst um fünf Uhr in der früh zu Hause. So etwas passiert mir nicht zwei Mal.

Aber einen richtigen Höhepunkt hast du schon erlebt. Ihr habt völlig überraschend Italien geschlagen.
Andreas Herzog: Ja, da musst du erst Co-Trainer in Amerika werden, damit du erstmals im Leben Italien schlägst. Es war zwar nur ein Testspiel, aber das gewinnt man auch lieber, als dass man es verliert und bei den Amerikanern sind da Emotionen pur im Spiel. Das ist der absolute Wahnsinn, was da auf der Bank abging.

Ich kann es mir gut vorstellen.
Andreas Herzog: (lacht) Nein, kannst du nicht. Im Januar hatten wir ein Testspiel in Venezuela. Das haben wir in der 97. Minute mit 1:0 gewonnen. In Österreich wären schon alle nach Hause gegangen, aber dort ist die Post abgegangen. Ich habe mich selbst dabei ertappt, plötzlich alle Spieler zu umarmen. Das ist schon eine neue, positive Erfahrung für mich.

Da spielt der bekannte amerikanische Patriotismus eine Rolle?
Andreas Herzog: Ja, auch der ist wirklich extrem.

Musst du denn die Hymne mitsingen?
Andreas Herzog: Nein, singen kann ich auch gar nicht.

Auf dem nordamerikanischen Kontinent ist ja seit letztem Jahr auch Torsten Frings unterwegs. Seid ihr euch schon in der "neuen Welt" über den Weg gelaufen?

Andreas Herzog: Nein, aber wir haben es uns vorgenommen. Im Juni spielen wir in Toronto ein Länderspiel gegen Kanada. Da wollen wir uns sehen. Ich bin sehr gespannt auf ihn. 

Du bist ja der Mann, der ihm den Namen "Lutscher" verpasst hat. Kannst du bitte mal aufklären, ob du ihm den Spitznamen gegeben hast oder, ob er dich immer so genannt hat. Und dann deswegen der "Lutscher" geworden ist. Oder wie das ganz genau war. Ich habe zuletzt des Öfteren Uneinigkeit in Fankreisen zu dieser Legende beobachtet.
Andreas Herzog: Also dann noch mal für alle im Detail: Als er aus Aachen nach Bremen kam, gehört er zu den ganz Jungen, er gehörte auch zu den richtig Guten. Das konnte man schnell erkennen. Aber er gehörte auch zu den richtig Frechen. Er durfte relativ oft bei den Alten schon im Kreis mitspielen. In diesem Kreis spielten auch der Oliver Reck und ich mit. Einmal spielte der Oli Reck einen Ball auf Torsten, der danach einen Fehler machte. Als Oli Reck dann den Torsten aufforderte in den Kreis zu gehen, schimpfte der: "Sei ruhig du Lutscher, wenn du keinen vernünftigen Pass spielen kannst, dann geh zum Kalli Kamp und lass dich aufwärmen." Und so ist es mehreren älteren Spielern mit Torsten ergangen. Bis ich ihm eines Tages sagte: "Torsten, weißt du was. Der Lutscher bist eigentlich du!" Da war der Spieß umgedreht. Und der Name geboren.

Ein Frage zum Schluss: Am Samstag geht's für Werder nach Dortmund, musst du uns vor einem gefährlichen Amerikaner warnen!
Andreas Herzog: Nein, sie haben ein sehr jungen talentiertern US-Boy bei den Amateuren, den wir jetzt zum ersten Mal nominiert haben, aber er hat es schwer nach oben zu kommen. Er ist Stürmer und da sind die Dortmunder mit Lewandowski und Barrios ja exzellent besetzt. Der Junge ist übrigens gebürtiger Bremer. Er kommt aus Vegesack. Und hat beim 1. FC Burg, bei Lesum-Burgdamm und beim SC Weyhe gespielt und ist danach über Bremerhavenzu Hertha BSC gegangen und von dort zu Borussia Dortmund.

Drückst du Werder die Daumen gegen Dortmund.

Andreas Herzog: Auf jeden Fall.

 

Das Interview führte Michael Rudolph. 

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