Trinks-Interview: Nach Goethes Faust gegen Eintrachts Daum

Florian Trinks hat seit Rückrundenbeginn den Sprung in die Profi-Mannschaft geschafft und bislang 248 Minuten in der Bundesliga absolviert. Es sollen weitere folgen.
Profis
Freitag, 08.04.2011 / 08:24 Uhr

Werder-Profi Florian Trinks steckt mitten in den Abitur-Klausuren am Schulzentrum Obervieland, doch er möchte sich auch Trainerstab und Fans in der Bundesliga beweisen. Am Donnerstag flog er mit der Mannschaft nach Frankfurt und packte im Mannschaftshotel gleich wieder den Lernstoff aus. Eine Unterbrechung gab es nur für Abendessen und ein WERDER.DE-Interview.

 

Florian, ein Spiel dauert 90 Minuten, die ganz heiße Abi-Klausur-Phase aber fast zwei Wochen. Was ist schwieriger? Ich sage es mal so, Fußball macht deutlich mehr Spaß. Aber das Abi ist mir wichtig. Das ist jetzt gerade nicht ganz leicht, aber die dicksten Brocken habe ich hinter mir. Am Montag war die Deutsch-Klausur, natürlich mit Goethes Faust, am Dienstag stand Mathe an. Nächste Woche Dienstag folgt die theoretische Sportprüfung und am 3. Mai noch Geographie mündlich. Dann bin ich durch. Bis jetzt habe ich ein gutes Gefühl. Ich glaube nicht, dass ich schon irgendetwas verhauen habe. Die Noten bekomme ich erst später.

Mit Mathe und Deutsch hast du aber die beiden schwersten Gegner schon in der ersten Abi-Halbzeit umdribbelt? Stimmt, die zwei größten Brocken sind weg, da ist schon eine Riesenlast von mir gefallen. Am Anfang denkt man zwar das kann man alles gut trennen - lernen und Fußball ergänzt sich gut - aber dann merkst du, dass du auch körperlich kaputt bist, wenn du lange in die Bücher guckst.

Hattest du denn deine Deutsch- und Mathe-Bücher in der Werder-Kabine immer dabei? Und dann kam „Piza" und hat dich abgefragt? Nein, in der Kabine gibt's keine Schulbücher und Claudio interessiert das bestimmt nicht so. Aber in der heißen Phase war ich auch gar nicht in Bremen, sondern mit der Nationalmannschaft unterwegs. Dort war es dann tatsächlich so, dass ich zwischen Frühstück und der ersten Trainingseinheit gelernt habe und nach dem Mittagessen. Manchmal habe ich es auch nach dem Abendessen noch mal geschafft, in die Bücher zu schauen. Aber jeden Abend war das nicht möglich.

Gab es dann Motivations-Anrufe von Zuhause? Das kam schon mal vor. Mein Papa hat mir immer gewünscht, dass ich es irgendwie schaffe, aber meine Mama hat schon Wert darauf gelegt, dass ich immer noch ein bisschen mehr lerne.

Gab es dort beim DFB eine richtige Lerngruppe? Ihr seid ja alle aus einem Jahrgang und du bist sicher nicht der einzige Abiturient? Ja, es ging einigen wie mir. Lenny (Werder-Kollege Lennart Thy) war ja auch dabei, Julian Korb und Yunus Malli von Gladbach sowie Daniel Hofstetter von 1860 waren auch fleißig.

Wie ist es in den Abi-Prüfungen, sind die Lehrer strenger als Schiedsrichter oder kann man da hinter dem Rücken auch mal tricksen? Nein, das machst du nicht im Abi. Da steht zuviel auf dem Spiel. Gelbe Karten gibt's nicht, wenn man erwischt wird, werden die Prüfungen mit Null gewertet.

Und wie ist es am Ende der Klausuren: Gibst du deine Prüfungsunterlagen ab und der Lehrer fragt nach einem Autogramm oder wünscht sich drei Punkte am Wochenende? Nein, davon ist die Realität weit entfernt. Die Lehrer wissen zwar Bescheid, aber eine Sonderrolle ist nicht drin. So fußballbegeistert sind die meisten nicht. Richtig Daumen drücken wird sicherlich mein Sportlehrer Lutz Göbert. Ein Supertyp, der aber nicht nur uns Fußballer unterstützt, sondern alle. Aber er war eine große Hilfe, wenn wir mit dem Fußball unterwegs waren, hat er uns Unterrichtsmaterial hinterhergeschickt.

Haben denn die Werder-Kollegen mal gefragt, wie es am Montag und Dienstag mit Geometrie und Goethe gelaufen ist? Ja, ich war überrascht: Per Mertesacker hat immer mal nachgefragt, Clemens Fritz sich nach den Prüfungen sogar per SMS erkundigt.

Wie sieht es denn mit den ehemaligen Europameister-Kollegen von 2009 aus? So viele sind ja noch nicht in der Bundesliga gelandet. Nur Mario Götze hat bisher bei Tabellenführer Borussia Dortmund und beim DFB einen größeren Schritt geschafft als du. Seid ihr alle untereinander vernetzt? Nein, das nicht. Mario und ich haben uns damals gut verstanden, aber uns danach nicht so oft gesehen. Da gibt es momentan keinen Kontakt. Von den Jungs des Europameister-Teams verstehe ich mich sehr gut mit Reinhold Yabo vom 1. FC Köln, der jetzt auch seine ersten Spiele gemacht hat. Und Marvin Plattenhardt beim 1. FC Nürnberg bekommt auch gerade seine ersten Bundesliga-Einsätze.

Siehst du zu Mario Götze neidisch nach Dortmund oder freust du dich, dass einer aus diesem jungen Jahrgang auf diesem Niveau mithalten und sogar Akzente setzen kann? Man muss zugeben, dass er schon einen deutlich größeren Schritt gemacht hat, aber Neid ist nicht dabei. Ich weiß auch, was ich kann und dass es zur Zeit auch für mich ganz gut läuft. Ich habe im letzten Jahr auch andere Zeiten erlebt, als ich Monate lang mit meiner Schambeinentzündung raus war. Natürlich hält das einen auf dem Boden, aber mir hätte es gereicht, wenn es nur vier oder fünf Monate gedauert hätte.

Dann wurden es fast doppelt so viele. Nach dieser langen Pause folgten nur zwei Spiele für die U 23 bevor du bei den Profis ran durftest. Sind die Jungs von Werder II eigentlich noch in deinem Fokus? Na klar, wenn ich kann, schaue ich immer auf Platz 11 die Spiele an und drücke die Daumen.

Wäre es eine Enttäuschung, wenn du mal wieder in die Mannschaft von Thomas Wolter reingeworfen wirst? Am Wochenende könnte es ja schon wieder soweit sein. Die U 23 spielt erst einen Tag nach den Profis, am Samstag. Was am Wochenende passiert, entscheidet der Trainer. Natürlich hoffe ich immer auf einen Einsatz bei den Profis, vielleicht auch von Anfang an. Aber ich bin auch Fußballer und will gerne spielen. Wenn es bei den Profis nichts wird, spiele ich gerne auch Samstag auf Platz elf. Aber das ist immer einfacher gesagt. Die U 23 hat zuletzt in Braunschweig gewonnen, da kann jeder Fußball spielen, ich habe kaum mit dem Team trainiert, wir kommen erst ein paar Stunden vor der Partie am Samstagmorgen aus Frankfurt wieder in Bremen an. Der Flieger müsste am besten direkt bei Platz elf landen. Aber die Trainer müssen entscheiden, ob ich weiterhelfen könnte.

In deiner Abi-Klausuren-Halbzeitpause bist du mit den Profis nach Frankfurt geflogen. Ist es für dich überhaupt noch etwas Besonderes, im 18er-Kader für ein Bundesligaspiel zu stehen? Natürlich war es anfangs ein Ziel in den Kader zu kommen, aber je mehr man in den Mannschaftskreis reinwächst, desto größer werden auch die Ziele. Ich bin jung, aber auch ehrgeizig. Ich will auf dem Platz stehen, wann immer es möglich ist, so wie die anderen auch. Ich gehe nicht arrogant an die Sache ran, ich weiß, dass es viel Arbeit bedeutet.

Viel Arbeit steckt auch im Abi. Freust du dich schon auf den Lohn, Abi-Fahrt und Abi-Ball mit den Schulfreunden? Wohin geht's? Eigentlich geht's nach Lloret de Mar. Das hört sich entspannt an, aber ich werde nicht dabei sein können. Wir sind mit der Nationalmannschaft Ende Mai in der Türkei zu Qualifikationsspielen unterwegs. Und für den Abi-Ball habe ich zwar schon Karten, aber wenn wir uns für die Europameisterschaft qualifizieren, haben wir wahrscheinlich Mitte Juni mit dem DFB ein Trainingslager.

Was machst du denn jetzt noch im Mannschaftshotel, 24 Stunden vor dem Spiel? Was ein Abiturient so macht. Ich habe für die Sport-Klausur am Dienstag gelernt. Bewegungslehre. Miele (Sebastian Mielitz) hat mich abgefragt. Er ist ein Phänomen. Sein Abi liegt gefühlt Jahre zurück und er weiß noch alles. Ein starker Typ.

Und was hast du ganz genau in diesem Moment auf dem Zettel? Phasenstruktur der Bewegung, azyklische und zyklische Bewegungsabläufe beim Spannstoß.

Na das kannst du doch gut gebrauchen in Frankfurt. (lacht) Bis zum Spiel habe ich das drin.

 

Das Interview führte Michael Rudolph.

 

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