Zwischen Ehrgeiz und Aufgabe

Thorsten Bolder im Interview

Thorsten Bolder: "Der eine wird ehrgeiziger, der andere wird aufgeben" (Foto: WERDER.DE).
Junioren
Freitag, 20.11.2020 / 14:36 Uhr

Von Lukas Kober

Die Corona-Pandemie bremst den Jugendfußball und das WERDER Leistungszentrum weiter aus. Der Bremer Fußball-Verband (BFV) gab am Donnerstag, 19.11.2020, bekannt, dass der Spielbetrieb weiter aussetzt (Zur Extrameldung). Zumindest besteht noch die Hoffnung, dass das Mannschaftstraining ab dem 01. Dezember 2020 wieder aufgenommen werden kann. Gewiss ist diese Prognose allerdings nicht. Thorsten Bolder, Sportlicher Leiter der U8 bis U14, betont im Interview mit WERDER.DE wie wichtig der Schulsport ist, welche Arbeit die Trainer des LZ leisten und welche Folgen dieser Trainings- und Spielverlust für die Jugendliche haben kann. 

WERDER.DE: "Wie wird dieser zweite Lockdown von den Kindern, Eltern, Trainer*innen aufgenommen?"

Thorsten Bolder: "Es war schon eine Frustration und Enttäuschung spürbar. Alle sind gerade in den Spielbetrieb und den alltäglichen Trainingswettbewerb eingestiegen, da war es auch schon wieder vorbei. Unsere Jugendlichen nehmen das relativ gut auf, weil sie zumindest zur Schule gehen können. Bei den Infektionszahlen ist es nachvollziehbar den Trainings- und Spielbetrieb einzustellen. Allerdings merken wir in den Gesprächen mit den Jugendlichen, dass sie schon extrem mit den Hufen scharren, dass sie wieder auf den Platz wollen. Denn die maximal ehrgeizigen Spieler spüren schon, dass es für sie einen Nachteil geben könnte. Es ist unsere Aufgabe diese Nachteile durch Videotrainings und permanente Kommunikation, so gut es geht zu reduzieren."

"Dann wird es auch keine Entwicklung geben"

WERDER.DE: "Nimmst du einen Unterschied zwischen dem ersten und dem zweiten Lockdown wahr?" 

Thorsten Bolder: "Der erste Lockdown war noch schlimmer, weil die Schulen geschlossen waren. Jetzt haben die Jugendlichen zumindest Kontakt zu ihren Klassenkamerad*innen. Gerade an unserer Kooperationsschule sehen sich sogar die Mitspieler untereinander. Das ist schon ganz gut. Das war beim ersten Lockdown schon heftiger, insbesondere dieser Effekt des „Herausgerissen-Werdens“. Außerdem war es noch schwieriger, Kontakt mit den Jugendlichen zu halten, weil einige aus verschiedensten Gründen noch nicht digital ausgestattet waren, also noch kein Tablet oder Laptop hatten."

WERDER.DE: "Wie wichtig ist der Schulsport in so einer Zeit?"

Thorsten Bolder: "Grundsätzlich muss man in dieser Zeit maximal dankbar für jeden Sport sein, den man in einer Gruppe ausführen kann. Auch wenn es aktuell eben nur kontaktloser Sport ist. Trotzdem können sich die Jugendlichen in einer Gruppe auf dem Platz oder in einer Turnhalle treffen. Das ist sehr hilfreich für uns."

WERDER.DE: "Inwiefern?"

Thorsten Bolder. "Allein, dass überhaupt etwas stattfindet. In der U14 und U15 ist es wichtig, dass sie sich sportlich messen können. Wenn dieses Messen nicht mehr stattfindet, dann wird es auch keine Entwicklung geben. Das ist das große Problem. Wir merken es am Schulfußball, auch wenn sie da in ihren Kohorten bleiben, dass sie gegeneinander antreten wollen. Wir merken es sogar an den Challenges, die wir per Video durchführen. Aber für diesen Wettkampfcharakter zu gewährleisten, ist der Schulsport extrem wichtig für uns."

WERDER.DE: "Der Traum eines Vereins ist es, dass ein Spieler oder eine Spielerin die komplette Jugend durchläuft und am Ende bei den Profis landet. Inwiefern beeinträchtigt Corona diesen Traum, schließlich geht den Jungs und Mädels fast ein ganzes Jahr abhanden?"

Thorsten Bolder: "Das werden wir erst in der drei, vier oder fünf Jahren herausfinden können, ob das wirklich eine Konsequenz haben wird. Mein Gefühl sagt mir, das mit dem ein oder anderen etwas passiert: Der eine wird ehrgeiziger, der andere wird aufgeben. Daher ist es gerade im Kinderbereich extrem wichtig, dass man den Kontakt zu den Kindern hält oder intensiviert. Das machen unsere Trainer hervorragend und geben sich viel Mühe, obwohl das alles bis zur U12 Nebenämter sind. Durch unsere hauptamtlichen Trainer Marie-Louise Eta und Yannick Viol in den Jahrgängen U14 und U13 läuft das Angebot für die Jugendlichen noch strukturierter ab. Ich glaube, das Extreme wird nicht sein, wer wird Profi und wer nicht, sondern es wird Beschränkungen in der Persönlichkeitsentwicklung geben. Da habe ich viel mehr Sorge."

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"Ich hoffe nicht, dass es so kommt"

WERDER.DE: "Wie könnte die Konsequenz aussehen?"

Thorsten Bolder: "Das kann ich nicht hundertprozentig beurteilen, denn es ist auch meine erste Pandemie. Wir werden sehen, ob der Mannschaftssport darunter leidet, dieses aufeinander Acht geben und füreinander da sein. Ich hoffe nicht, dass es so kommt und die Sportvereine ihren Teil dazu beitragen, dass es weitergeht. Wir müssen die Jungs und Mädchen weiterhin für Sportarten begeistern, aber ob das gelingt, weiß ich noch nicht. Ich glaube schon, dass uns Einzelne abdriften werden. Aber wir haben eben auch Jugendliche, die über unser Angebot hinaus weiter trainieren und an sich arbeiten."

WERDER.DE: "Inwiefern stellt es dich als sportlichen Leiter auch auf die Probe?"

Thorsten Bolder: "Wir haben einfach wenig persönlichen Kontakt, genau das was mir eigentlich am wichtigsten ist. Das macht uns bei Werder normalerweise aus, dass wir einen engen Kontakt zu den Jugendlichen haben. Das nervt mich am meisten. Selbst mit den Trainern kannst du kaum persönlich sprechen. Was die Arbeit angeht ist noch mehr Abstimmung gefragt, um altersgerechte Angebote zu schaffen. Das hat sich natürlich mehr in die theoretische Richtung verändert."

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